Ein bisschen verrückt kommt es ja schon daher, das Stück der Kulturreederei, die am 7. Juni auf Schloss Kannawurf im Landkreis Sömmerda damit Premiere feierte. „Der Schöne, das Biest und der Name der Rose“ heißt das Stück, das gleich zwei Geschichten in einer außergewöhnlichen neuen Aufführung verschmelzt: Wie der Name schon sagt, erwartet die Zuschauer:innen eine Mischung aus „Der Name der Rose“ und „Die Schöne und das Biest“. Laut Regisseur Martin Kreusch kam es zu der Verquickung durch eine Abstimmung innerhalb des Sommertheaters 2023, bei der das Publikum gefragt wurde, was auf die Bühne gebracht werden soll. Und nach der Auszählung der Stimmzettel war klar: Ein Patt! „Und da wir ja schon gefragt hatten und die Antwort auch ernst nehmen wollten, haben wir uns an die Arbeit gemacht, die beiden Stücke miteinander zu einem neuen Stück zu verbinden. Und wir lieben Herausforderungen und schippern gern mal abseits der erprobten Routen“, erklärt Kreusch.
Kulturreederei auf Schloss Kannawurf
Doch warum gerade Umberto Eco und Disney? Zu Umberto Ecos Krimiklassiker inspiriert offenbar der Premierenspielort Schloss Kannawurf, wo die Kulturreederei schon viele Jahre spielt und probt. „Die Schlossmauern, das Verlies, der Glockenturm – wenn man dort einige Zeit verbringt, kann man sich in eine solch abgeriegelte Klosterwelt, wie sie in ‚Der Name der Rose‘ erzählt wird, sehr gut vorstellen und da wir mit dem Hier und Jetzt in unseren Produktionen umgehen, war es in gewisser Weise naheliegend“, erklärt der Regisseur
Sprechende Gegenstände, schmalzige Liebeslieder
Die Idee zum Disney-Klassiker wiederum sei aus der großen, vermeintlichen Gegensätzlichkeit zum ersteren Stück entstanden. „Sprechende Gegenstände, schmalzige Liebeslieder und die große Suche nach dem Happy End für alle – das verspricht natürlich leichte Sommerunterhaltung für die ganDie Kulturreederei verbindet dieses Jahr Umberto Eco mit Disney. Foto: Martin Patze ze Familie“, schwärmt Kreusch und fügt an: „Und ganz ehrlich, unser Umfeld ist voller Disneybücher. Wir waren doch sehr überrascht, wie voll die Bücherregale mit allen möglichen Disney-Geschichten sind, die ja auf eine sehr bestimmte Art erzählt werden und unsere Gesellschaft dadurch gewiss ein stückweit in ihren Moralvorstellungen und Ideen vom großen Glück beeinflussen.“
So weit so gut. Doch bei der Umsetzung des Ganzen, der Verschmelzung der Stücke hätten die Köpfe gequalmt, sagt der Regisseur. Und die Köpfe qualmen noch immer, da das Ensemble innerhalb der Proben immer neue Parallelen, Gegensätze und Querverbindungen findet, denen die Mimen nachgehen wollen. „Eine verrückte Erkenntnis war, wie nah sich die Geschichten in all ihrer Unterschiedlichkeit dennoch sind. Denn, ganz ehrlich, anfangs dachten wir wirklich, wir hätten es zu doll übertrieben mit unserer Entscheidung, das Patt als Auftrag zur Verbindung dieser Stücke zu nehmen. Aber es ist uns gelungen. Ziemlich gut sogar. Und wie genau, das darf sich jede:r selbst anschauen!“
Bleibt die Frage an Martin Kreusch: Warum einen männlichen „Schönen“ und wie muss man sich das Biest vorstellen?
Die Idee, einen männlichen „Schönen“ zu haben, entstand ebenfalls innerhalb der letzten Theaterproduktionen, in denen sich die Figur des Schauspielers Marcel arg ins Zentrum aller Theaterideen gedrängelt hat und eigentlich alle Figuren und Szenen am liebsten selbst spielen wollte. So auch die Hauptfigur des Disneyklassikers. So ergab sich der Titel. Wir haben schöne Männer und schöne Frauen auf der Bühne. Und steckt nicht in uns allen etwas „Biest“? Ist die Antwort etwas wage? Ja? Gut! So soll es sein …
Doch warum sollten sich die Besucher:innen das Stück auf keinen Fall entgehen lassen?
Unser Stück hat es bisher noch nicht gegeben. Wirt versprechen einen für die Kulturreederei mittlerweile typisch besonderen Theaterabend. Das Beste ist für mich eigentlich, dass wir sowohl für die Menschen etwas zu bieten haben, die mal völlig neues Theater erleben wollen, als auch für die, die einfach einen sommerlichen Abend mit Theater in schöner Umgebung bei Livemusik und einem kühlen Getränk genießen wollen.
Seit nunmehr 16 Jahren sticht die Kulturreederei mit ihren Programmen in See. Habt ihr noch genug Fahrwasser unter dem Bug? Gab es noch keine Meuterei? Macht das Leben aus See noch Spaß? Und wird es das auch in Zukunft?
Viermal ja! Wir sind eine eingespielte Crew, die unglaublich viel Spaß daran hat Neues auszuprobieren, Theaterstücke und Filme gemeinsam zu entwickeln, auszuloten, was passiert, wenn wir unser Publikum entscheiden lassen, mitspielen lassen usw. Auch das Rumprobieren mit erst mal völlig gegensätzlichen Stückideen, Figuren, technischen Möglichkeiten ist etwas, dass immer wieder ziemlich fordert, da wir natürlich auch mal zwischendurch denken „Okay, das geht wohl doch nicht. Da haben wir uns zu viel vorgenommen.“ – Aber dann kommt immer wieder eine Idee, ein Mensch und alles nimmt seinen Lauf. Und dabei entstehen Stücke, die wir am Anfang der Probenarbeit selbst noch nicht erwartet hätten. Ein tolles Wagnis – mit hohen Wellen und großartigen Aussichten. Denn so wollen wir gern weiter machen!
Hard Facts:
- Der Schöne, das Biest und der Name der Rose
- 5.-7. September auf Schloss Kannawurf, 13.&14. September im Rosarium Sangerhausen
- Weitere Termine und Infos unter: www.kulturreederei.de