Vom 30. August bis zum 30. Oktober widmet das Kunsthaus Erfurt der gefeierten Künstlerin Gabriele Stötzer eine umfassende Ausstellung unter dem Titel „Auslöschung eines Blicks. Ich trage meine Wunden offen“. Die Eröffnung dieser eindrucksvollen Schau findet am 30. August um 20 Uhr statt, begleitet von einer Einführung durch die renommierte Kunsthistorikerin Franziska Schmidt.
Gabriele Stötzer im Kunsthaus Erfurt
Gabriele Stötzer, geboren 1953 in Emleben bei Gotha, hat sich seit Ende der 1970er-Jahre als unermüdliche Kämpferin für künstlerische Freiheit und persönliche Selbstbehauptung in der DDR einen Namen gemacht. Ihre Werke sind durchdrungen von einer tiefen Auseinandersetzung mit der Rolle des weiblichen Körpers, gesellschaftlichen Normen und den inneren wie äußeren Grenzen der individuellen Persönlichkeit. Sie nutzt ihre Kunst, um gegen die vom DDR-System betriebene Auslöschung der Individualität anzukämpfen und subversive Gegenbilder zu den staatlich vorgegebenen Normen zu schaffen.
Im Zentrum ihres Schaffens steht der weibliche Körper, der sich in einer intensiven, körperbetonten Arbeitsweise ausdrückt und fernab von patriarchalen Vorstellungen agiert. Stötzer erschafft dabei Bilder, die die existentiellen und poetischen Aspekte des Menschseins erforschen. Ihr vielschichtiges Œuvre vereint Verletzlichkeit, Sehnsucht und eine sinnliche Präsenz, die sich in der Darstellung von Frauenkörpern manifestiert – ob nackt oder transformiert. Diese Darstellungen fordern kompromisslos eine neue Subjektivität und stehen für ein Aufbegehren gegen tradierte Rollenzuschreibungen.
Die Kraft des Individuums
Die Ausstellung im Kunsthaus Erfurt bietet einen tiefen Einblick in die verschiedenen künstlerischen Ausdrucksformen Stötzers, die zwischen 1978 und 2023 entstanden sind. Gezeigt werden Malerei, Zeichnungen, Fotografien, Künstlerbücher, Keramiken, Textilien sowie Installationen, Filme und Texte. Diese Werke vermitteln die Kraft des Individuums und die Bedeutung des kollektiven Erlebens, das in Stötzers künstlerischem Schaffen eine zentrale Rolle spielt.
Träume, Versuchungen und Fragen einer Generation
Stötzers künstlerischer Weg war stets eng mit ihrer Biografie und den politischen Verhältnissen in der DDR verbunden. 1976 zwangsexmatrikuliert und 1977 wegen „Staatsverleumdung“ zu einem Jahr Haft im Frauengefängnis Hoheneck verurteilt, prägten diese Erfahrungen ihr weiteres Schaffen. Nach ihrer Entlassung engagierte sie sich in der ostdeutschen Kunst- und Untergrundszene und gründete unter anderem die „Galerie im Flur“, die bis zu ihrem Verbot 1981 ein wichtiger Ort für künstlerische Experimente war. Ihre Werke spiegeln die Träume, Versuchungen und Fragen einer Generation wider, die am Rande der Gesellschaft stand, und sie fordern den Betrachter auf, sich mit den Grenzen von Raum, Zeit und Identität auseinanderzusetzen.
Heute gilt Gabriele Stötzer als eine der bedeutendsten Künstlerinnen der ehemaligen DDR, deren Werk weit über diese Zeit hinausreicht. 2013 wurde sie für ihr politisches und künstlerisches Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Ihre Kunst ist ein lebendiges Gewebe aus Träumen, Visionen und subversiven Bildern, das in seiner Vielschichtigkeit und Intensität fasziniert und bewegt. Die Ausstellung im Kunsthaus Erfurt lädt dazu ein, diese universelle Kraft zu erleben, die losgelöst von Raum und Zeit das Unaussprechbare und Unberechenbare erfahrbar macht.
Retrospektive des umfangreichen Schaffens
Das Kunsthaus Erfurt bietet mit dieser Schau nicht nur eine Retrospektive des umfangreichen Schaffens von Gabriele Stötzer, sondern auch einen tiefen Einblick in die historische und politische Dimension ihres Werkes, das bis heute nichts an Aktualität verloren hat.
Hard Facts:
- Auslöschung eines Blicks. Ich trage meine Wunden offen | Kunsthaus Erfurt
- 30. August bis 30. Oktober | Di – Fr 12 bis 18 Uhr
- Mehr: www.kunsthaus-erfurt.de/ | Instagram