Etwa 400 Meter muss man vom Bahnhof gen Süden laufen, zum Stéphane-Hessel-Platz. Dann sieht man es: Das neue Bauhaus-Museum. Pünktlich zum 100. Jahrestag der Gründung des Bauhauses durch Walter Gropius, jener revolutionären Schule für Architektur, Kunst und Design, soll es am 6. April 2019 eröffnet werden. Doch noch riecht es hier nach nassem Putz, werden fehlende Fassadenteile mit Hebebühnen angebracht. Eintritt nur mit Sondergenehmigung. Die haben wir!
Bauhaus-Museum Weimar ist im Bau
Zum Auftakt des Jubiläums nehmen wir euch mit zu einer Baustellenführung. Durch den Haupteingang geht es schon einmal nicht. Zu frisch ist der Terrazzo-Boden gegossen, die kleinen Steinchen sind noch nicht abgeschliffen. Betreten wir die Baustelle an einem kalten Dezembertag also nicht durch den Eingang, sondern durch eine improvisierte Baustellentür an der Seite. Tapsen über Malervlies und Kabelsalat, sehen unseren Atem und folgen Valerie Stephani in den obersten Stock. Stephani ist „Bauhaus Agentin“. Als solche kennt sie sich nicht nur auf der Baustelle aus, sondern vermag auch die Geschichte des Bauhauses zu vermitteln. Denn Weimar – das ist eben nicht nur Klassik, Goethe, Schiller, Herder, Anna- Amalia. Weimar, das ist mindestens genauso jener Aufbruch nach Ende des Ersten Weltkrieges, das ist die Demokratie, der Neue Mensch, die Neue Sachlichkeit.
Bauhausmuseum bisher gegenüber des Theaters
Mit dem Museum, für das eigens eine Straße weichen musste und um dessen Architektur es in den letzten Jahren jede Menge Kontroversen gab, wird das Bauhaus in Weimar endlich seinen festen Ort mit großer Ausstellungsfläche erhalten. Bisher musste man auf wenigen hundert Quadratmetern gegenüber des Theaters improvisieren. Wenn man hier im dritten Stock steht und Valerie Stephani lauscht, dann ist man mit der äußeren Architektur fast versöhnt: Von außen ist das Museum relativ fensterlos und klobig.
Museumsbau erinnert an Gauforum
Wer aus Berlin, Hamburg oder dem Ruhrgebiet kommt, den erinnert es gar an einen Hochbunker aus dem zweiten Weltkrieg. Tatsächlich biedert es sich von außen – Flachdach hin oder her – ein bisschen an das Gauforum in der Nachbarschaft an und das ist immerhin bestens erhaltene NS-Architektur auf 40.000 Quadratmetern. Im unfertigen Inneren aber bekommt man eine Idee davon, wie die revolutionäre Leichtigkeit der Architektur von Walter Gropius oder Mies van der Rohe ins 21. Jahrhundert übersetzt wird: Glaslose Fenster ermöglichen überall Blicke auf andere Museumsebenen. Und die Außenfenster sind so spärlich, um Objekte vor Sonneneinstrahlung zu schützen. Wo sie aber aufblitzen, lenken sie die Blicke gezielt, ja beinahe didaktisch – etwa zum Weimarhallenpark.
Für mehr freshe News und geilen Scheiß:
Weimarhalle Bauprojekte der Neuen Sachlichkeit
Was die wenigsten wissen: Der Komplex um die 1999 neu gebaute Weimarhalle war eines der zentralen städtischen Bauprojekte der Neuen Sachlichkeit. Ein anderes Außenfenster gibt den Blick frei auf das Buchenwald- Mahnmal. Was jeder wissen sollte: Viele Vertreter der Neuen Sachlichkeit waren, wenn nicht längst emigriert, ab 1933 der Verfolgung ausgesetzt. Stephani erklärt mit einem Engagement und einem Witz, dass es große Lust macht, hierher wiederzukehren, wenn der Terrazzo-Boden abgeschliffen, die Kabel verlegt und vor allem, wenn die Kunst von Lyonel Feininger, Johannes Itten, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Oskar Schlemmer oder László Moholy-Nagy eingezogen ist.
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Wo es fantastischen Kuchen gibt
Bis dahin laden wir euch – so viel sei verraten – nächsten Monat zu einem weiteren Spaziergang durch Weimar auf den Spuren der Vorgeschichte des Bauhauses ein. Und wir empfehlen, wenige Meter von der Baustelle entfernt und angesichts der Kälte, erst einmal Kaffee und Kuchen. Fantastischen Kuchen: Im Café Koriat in der Steubenstraße 48 gibt es ihn. Dessen Gründer hat übrigens etwas mit Walter Gropius gemeinsam: Er ist gelernter Architekt.
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