Mira Held ist Genuss-Expertin. Seit fünf Jahren betreibt sie mit ihrem Partner Flo den Blog „How to Gourmet“ und futtert sich durch Restaurants in Thüringen. In ihrer regelmäßigen Kolumne „Food Storys aus Thüringen“, die einmal im Monat erscheint, nimmt sie uns mit auf ihre kulinarischen Abenteuer in Thüringen und gibt Inspirationen für den nächsten Leckerbissen, Wochenendschmaus oder die kleine Alltagsversüßung.
Ein kulinarischer Ausflug nach Libyen
Ich finde es ja immer toll, wenn ein Restaurantbesuch sich anfühlt wie eine kleine Reise. Auch wenn es nur ein paar Stunden sind, kann ich mich ganz fern vom Alltag in die Entdeckung neuer Geschmäcker oder Kulturen verlieren. Eine Reise nach Libyen stand bisher nicht so weit oben auf meiner Bucket List, aber ich bin dennoch sehr neugierig, was das Land kulinarisch zu bieten hat.
Mijou in Erfurt: Kulinarische Brücke zwischen Kulturen
Die Website des 2024 eröffneten Mijou in Erfurt verspricht viel. Von „gelebter Zwischenkultur“ ist die Rede. Man könne eintauchen in diese „Oase der Entspannung“ und eine „tiefe Wahrheit“ dabei finden, mit wie viel Liebe und Hingabe das Essen hier zubereitet wird. Hinter den Kochtöpfen, Pfannen und Brätern steht Mahmoud Makhlouf. Der gelernte Schlachter nutzt vor allem die Rezepte seiner Eltern und Großeltern. Er bereitet diese jedoch konsequent mit regionalen Zutaten aus Thüringen zu. Bioqualität und eine verantwortungsvolle Herstellung sind ihm wichtig. Er steht deswegen im engen Austausch mit seinen Zulieferer:innen. Das Rindfleisch bezieht er aus Büßleben, Ziegenkäse und -fleisch aus Haina, Säfte von der Obstmosterei Malus aus dem Eichsfeld.
Börek, Bulgurröllchen und gefüllten Paprika
Doch was isst man in Libyen traditionell? Um das bestmöglich zu erfahren, bestelle ich das „Mijou Menü“ aus verschiedenen Gerichten, von dem ich mir den besten Überblick verspreche. Was auf den Tisch gebracht wird, gibt mir tatsächlich das Gefühl, „den Alltag mit 12 Geschwistern und den täglichen gemeinsamen Mahlzeiten“ zu erleben, von denen in der Speisekarte die Rede ist. Eine riesige Platte mit frischem Gemüse, Salat, vier verschiedenen Dips und Obst wird auf den Tisch gestellt. Dann folgt ein Teller mit Börek, Bulgurröllchen in Mangold, gefüllten Paprika und Kartoffeln. Und das ist noch nicht alles: Reis mit Mandeln und Cashews gehört zum traditionellen Essen dazu. Er wird mit Ziegen- und Rindfleisch sowie einer gefüllten Hähnchenrolle serviert.
Ich möchte das heute gerne probieren, es hätte allerdings auch eine vegetarische Option gegeben. Vor mir steht jetzt ein opulentes Festmahl, das nicht nur toll aussieht, sondern auch fantastisch duftet. Ich rieche Nelken, Kreuzkümmel und Zimt. Was folgt, ist ein ausgedehntes Abendessen, das so lange andauert, bis die Abendsonne aus dem kleinen Hof des Restaurants verschwindet und die Lampen angeschaltet werden. Ich mag vor allem den Reis mit Nüssen und die gefüllten Mangoldblätter. Doch am schönsten ist, dass es so viel zu probieren und zu teilen gibt. Die Geschmäcker sind intensiv und würzig, manchmal scharf. Der cremige Labneh (Frischkäse aus Joghurt) bringt Frische dazu, Obst und Gemüse sorgen dafür, dass es nicht zu schwer wird.
Süße Delikatessen und libysche Frühstücksklassiker
Die Vielfalt und der Spaß am Probieren sind wahrscheinlich die Gründe, warum Mahmoud einmal im Monat sonntags einen Brunch in Buffetform anbietet. Hier kann man entspannt kosten und ganz viel Neues kennenlernen. An den anderen Sonntagen des Monats könnt ihr einfach so im Mijou frühstücken und zum Beispiel leckeres Shakshuka schmecken lassen. Nachdem wir uns gut die Hälfte unseres Essens zum Mitnehmen verpackt haben lassen, können wir nicht widerstehen, trotzdem noch die süßen Geschmäcker Libyens zu erkunden. Zum Karamell- oder Kakaokuchen gibt es arabischen Kaffee, traditionellen Kakao mit Safran oder süßen Gewürztee mit Milch. Das alles lässt sich am Wochenende auch zur Kaffeezeit genießen.
Orientalisch gestalteten Sitzecke
So langsam leert sich das kleine Restaurant in der Grafengasse in Erfurt. Die Kissen in der kleinen, orientalisch gestalteten Sitzecke werden aufgeschüttelt, die Tische für den nächsten Tag eingedeckt, der Innenhof wieder zugesperrt. Das Mijou ist eine schöne Ergänzung für die Restaurantlandschaft in Erfurt. Hier gibt es wenige Restaurants, die so auf die Herkunft der Rohstoffe achten und es ist toll und unterstützenswert, dass Mahmoud die Thüringer Betriebe nutzt. Diese Produktqualität schmeckt man und ist für mich den entsprechenden Aufpreis wert. Ich hoffe, dass es die anderen Thüringer Gäste genauso sehen und sich auf die geschmackliche Reise im Mijou einlassen.
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Hard-Facts:
- Mijou: Grafengasse 30 | Erfurt
- Öff.: Mi & Do: 17- 22 Uhr, Fr & Sa 13-22 Uhr, So 10-18 Uhr
- Mehr unter: www.restaurant-mijou.de
- Mehr zu Mira: how-to-gourmet.de