Hip-Hop ist so wenig tot wie Punk, auch wenn beide Musik-Genres mittlerweile durch Mainstream und Trends bis zum Hochglanz veredelt wurden. Hip-Hop geht immer noch auch rau und roh. Zum Beispiel, wenn kreative Köpfe zusammenkommen und ihre Leidenschaft für Musik und Reime teilen. So wie in Jena. Dort hat die Hip-Hop-Reihe „Smells Like Rap” seit 2014 die Szene am Laufen gehalten.
Smells like Rap in MVZ Wagner in Jena
Hemme ist einer der Organisatoren von „Smells like Rap“ und seit sieben Jahren aktiv dabei, um die monatliche Veranstaltungsreihe im MVZ Wagner auf die Beine zu stellen. Rapper:innen wie er organisieren die Shows gemeinsam mit HipHop-DJs und in Kooperation mit dem Wagner e. V., der das MVZ betreibt. Ursprünglich wurde „Smells Like Rap” gegründet, um Menschen aus der Hip-Hop- Subkultur in der Zeissstadt zusammenzubringen und die Szene am Leben zu halten. Fans des Genres sollten die Möglichkeit bekommen, in ihrer Stadt regionale Künstler:innen live zu hören. Und genau das versucht “Smells Like Rap”, bei dem ein Abend aus drei Elementen besteht: Open Mic (deutsch: offene Bühne), Konzert und Cypher.
Smells like Cypher
Beim Cypher von „Smells Like Rap” stehen sich oft mehrere Generationen gegenüber. Doch das stört nicht. Im Gegenteil: Was die Rapper:innen gemeinsam begeistere, sei zum einen die Liebe zum Reimen und das kreative Experimentieren mit Sprache, sagt Hemme. Zum anderen ginge es darum, seine Fähigkeiten innerhalb der Gruppe unter Beweis zu stellen. Das gelte vor allem für Teilnehmende, die neu dazukommen. Die Erfahreneren unter den Rapper:innen legten diesen Wettbewerbsgedanken bereits ab. Sie haben vor allem Spaß an Witzen, Metaphorik und kreativen Textzeilen, die die anderen Teilnehmenden herausfordern. “Es ist nicht wie bei einer Party, wo man hin geht und Musik konsumiert, sondern jeder kann mitmachen und dann passiert auf einmal etwas, womit am Anfang nicht zu rechnen war.”
Viele stellen sich Freestyle-Rap und -Battles vielleicht als eine Aneinanderreihung von Deine-Mutter-Reimen vor, bei denen Schimpfwörter als Füllwörter dienen, um den Text auf die Musik passend zu machen. Doch dieses Hip-HopKlischee gehört eher der Vergangenheit an. Der Jenaer Rapper Hemme erklärt, dass sich der Sprachgebrauch bei den LiveShows in den letzten Jahren verändert habe: „Wenn man zum Beispiel mit dem Sprechtempo etwas variiert, braucht man diese Füllwörter nicht mehr. Außerdem wollen viele auch bewusst auf Schimpfwörter verzichten.” Damit spricht der Smells-like-Rap-Organisator die Achtsamkeit an, die nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Subkultur für Diskriminierungen in der Kunstform sensibilisiert hat.
Die Klischees bröseln
Außerdem gibt es bei „Smells Like Rap” verbindliche Regeln. Wer diskriminierende Zeilen rappt, wird von den Veranstalter:innen innerhalb deren Rap-Textes ermahnt. Fällt eine Diskriminierung nach zwei solcher Ermahnungen, wird der Teilnehmende für ein klärendes Gespräch aus dem Cypher-Kreis genommen. Neben der Cypher mit improvisierten Rap-Zeilen von diversen Rapper:innen, bietet ein Abend bei „Smells Like Rap” auch Hip-Hop auf der Bühne. Beim Open Mic, also der offenen Bühne, können sich Wortakrobaten anmelden, die ihre Musik gern dem Publikum präsentieren wollen. Meistens seien das Leute, die sich zuvor regelmäßig in der Cypher beteiligt und nun ihre ersten eigenen Texte vorstellen. „Wir haben 14-Jährige, die bei uns auf die Bühne gehen und ihre Texte präsentieren. Die sind super aufgeregt, aber die machen das einfach und bekommen am Ende riesigen Applaus. Die fühlen sich danach wie sonst was. Und das ist superschön zu sehen”, erzählt Hemme.
Hip-Hop auf der Bühne
Zum Abschluss kommt die Veranstaltung immer mit einem Konzert. Dabei spielen sowohl lokale als auch überregionale Acts, die von den Veranstalter:innen gebucht werden oder nach einer Konzertlocation in Jena suchen. „Natürlich liegt der Fokus darauf, das Ganze etwas diverser zu gestalten und insbesondere female MCs (deutsch: weibliche Rapperinnen) eine Bühne zu bieten, weil sie insgesamt in der Hip-Hop-Kultur und im Rap unterrepräsentiert sind”, so der Rapper.
Auf der Bühne waren beim „Smells Like Rap” zum Beispiel auch bereits die überregional bekannten Rapperinnen Sarah & Cedeño aus Jena. Ihre Musik ist ein lebensbejahender Mix aus Reggaeton und Rap in Deutsch, Englisch und Spanisch. Oder Latifa Iguma, eine Rapperin aus Gera, die sich vor allem für Frieden und Diversität in ihren Texten einsetzt. Aber auch andere regionale Hip-Hop-Größen haben die Bühne in Jena bereits bespielt. Etwa Krom, mehrfacher Deutscher Meister im Rap-Battle. Oder CRZA, ein Rapper, der in Thüringen RapWorkshops für Jugendliche gibt und bei Antenne Thüringen moderiert und einmal mehr zeigt, dass rauer Freestyle-HipHop in Thüringen noch lange nicht tot ist.
Hard Facts:
- Wann? Smells Like Rap: 24. Oktober | 28. November | Dezember | jeweils 20 Uhr
- Wo? MVZ Wagner| Kochstraße 2a, Jena
- Mehr: Homepage des Wagner