„Das ist bis in die Spitze gewürztes Entertainment. Nur die besten Begriffe taugen für diese Show: Wumbaba vom Feinsten. Übel extreme Nahleben-Erfahrung. Ganz großes Kino ohne Werbung für Sparkassen vorher! Einfach atemraubend, geniales ständiges Noch-eine-Schippe-Drauflegen. Kommt rein, hier könnt ihr ausflippen. Seid noch einmal Kids in Eurem Alter! “ Ganz bescheiden gibt sich die Band Deichkind in der Ankündigung für ihre „Kids In Meinem Alter“-Tour, die am Wochenende in Erfurt für extreme Nahleben-Erfahrungen sorgen soll. Wir sprachen vorab mit Sebastian „Porky“ Dürre, der seit 2007 festes Mitglied von Deichkind ist.
Eure „Kids In Meinem Alter Tour“-Ankündigung klingt, sagen wir mal, interessant. Was ist euer Geheimrezept für so viel Innovation und zugleich Wahnsinn auf der Bühne?
Wir haben eigentlich kein Geheimrezept. Wir sind einfach wir selbst und bleiben authentisch – so, wie wir es seit über 20 Jahren machen. Unser Ansatz ist es, die Dinge ohne großen Plan, dafür aber mit viel Freiheit und Spontanität anzugehen. Unser Geheimrezept ist, dass wir authentisch sind. Wir gucken nicht, wir machen einfach. Jede Band hat ihren eigenen Sound. Jede Band hat ihren eigenen Sound. Wenn du AC/DC hörst, dann hörst du, dass das AC/DC ist.
Wer sind eigentlich diese „Kids in meinem Alter“ und was macht sie aus?
Das sind die neuen Generationen. Als Kind und Jugendlicher will man ja immer erwachsen sein. Aber heutzutage will irgendwie jeder jung bleiben. Zum Beispiel Mitte 40-Jährige, die mit Skateboard-Hoodie unterwegs sind und sich diese Jugend-Pop-Kultur, in der sie groß geworden sind, erhalten haben. „Kids in meinem Alter“ sind eigentlich erwachsen geworden, aber verhalten sich noch wie Jugendliche. Mein Opa beispielsweise hat einen Hut und einen Stock gehabt und den Respekt der Jugendlichen genossen. Da hat man das Alter gesehen. Heute hat sich das gedreht.
Eure Bühnenshows sind legendär – wie oft landet ihr dabei im Baumarkt, um neue Kostüme und Gadgets zu basteln?
Heute übernimmt unsere eigene Schneiderin die Kostüme, aber früher waren wir oft im Baumarkt unterwegs. Was Bühnenshow und Kulisse angeht, da muss man den Leuten mittlerweile schon sagen: „Zieht euch die Show rein“, denn nächstes Jahr wird sie nicht mehr so zu sehen sein. Dann stampfen wir das Ding ein. Schließlich wollen wir etwas Neues entwickeln und uns neue Sachen einfallen lassen. Inzwischen besitzen wir eigene 3D-Drucker und eine Riesenwerkstatt, in der wir alles selbst bauen. Wir haben keine Produktionsfirma. Deichkind ist ein authentischer Kosmos.
Wie viele Requisiten überleben denn bis zum Ende der Tour?
Schon einige. Wir haben ein riesiges Lager. Irgendwann könnten wir sogar, ein Deichkind-Museum eröffnen. Wie das Beatles- oder Ramones-Museum. Wir haben alles noch da. Vom Gummiboot, über irgendwelchen verrückten Tandems – unser Lager sieht aus wie Zirkus-Fundus.
Wo wird das Museum dann voraussichtlich stehen?
In Hamburg natürlich. In der HafenCity. Da können die Leute nach dem Elbphi-Besuch in unser Museum (lacht).
Wie entscheidet ihr, welcher eurer Hits den Weg auf die Setlist schafft? Gibt es eine epische Schlacht zwischen „Remmidemmi“ und „Limit“ im Proberaum?
Mittlerweile konzentrieren wir uns vor allem auf Singles, weil wir schon so viele Alben haben. Einige Songs schaffen es nicht ins Set. Aber die großen Hits wollen die Leute natürlich hören – und wir spielen sie auch gerne, ob „Leider Geil“ oder „Bück dich hoch“. Das sind unsere „Highway To Hell“. Den Songs haben wir etwas zu verdanken, deswegen spielen wir die.
Wie entscheidet ihr, welcher eurer Hits den Weg auf die Setlist schafft? Gibt es eine epische Schlacht zwischen „Remmidemmi“ und „Limit“ im Proberaum?
Mittlerweile konzentrieren wir uns vor allem auf Singles, weil wir schon so viele Alben haben. Einige Songs schaffen es nicht ins Set. Aber die großen Hits wollen die Leute natürlich hören – und wir spielen sie auch gerne, ob „Leider Geil“ oder „Bück dich hoch“. Das sind unser „Highway To Hell“. Den Songs haben wir etwas zu verdanken, deswegen spielen wir die.
Eure Texte sind oft herrlich absurd und gleichzeitig tiefgründig. Seid ihr manchmal selbst überrascht, wenn ihr euch eure alten Lyrics anhört?
Ja, das kommt vor. Manche Songs wirken heute etwas veraltet. Vorhin haben wir über „Dicker Bauch“ gesprochen, wo wir damals etwas unüberlegt über korpulente Menschen geschrieben haben. Heute würde ich so etwas nicht mehr machen. Die Gesellschaft entwickelt sich zum Glück weiter. Bodyshaming muss nicht sein. Da hat sich auch unser Bewusstsein für Themen verändert. Ähnlich verhält es sich bei „Arbeit nervt“: Dort sind fast alle Berufe männlich, nur die Politesse ist weiblich. So etwas würde heute anders aussehen. Aber dann gibt es auch Songs wie „Befehl von ganz unten“, bei denen die Texte immer noch in die Zeit passen.
Müsst ihr euch beim Texten manchmal zurückhalten und sagen: „Das können wir jetzt nicht so schreiben“ oder ist bei euch die Wokeness schon Automatismus? „Wokeness“ klingt für mich immer etwas negativ. Das ist schade. Wir haben einfach keinen Bock auf Sexismus oder auf Texte, die Gewalt verherrlichen. Ich will reflektierte, interessante Inhalte schreiben und keine, die gängeln oder negativ provozieren. Wenn man nicht darauf achtet, was andere Menschen verletzt, ist das einfach nur Scheiße. Eine Gesellschaft, die sich nicht weiterentwickelt, interessiert mich nicht – und über solche diskriminierenden Themen will ich auch nicht schreiben.
„Im Bentley wird geweint“ heißt eine Kooperation zwischen euch und dem Thüringer Musiker Clueso. Geld macht nicht glücklich – das Kernthema. Ist das so? Seid ihr euch da mit Clueso einig?
Ja, total. Ich kenne Clueso schon ewig. Den haben wir damals beim „Eurovision Songcontest“-Vorentscheid kennengelernt. Aber eigentlich geht es in dem Song mehr um Eskapismus und Konsum-Sucht, die letztendlich auch kein Seelenheil bringt.
Ist Clueso ein Kind in eurem Alter?
Er ist zwar etwas jünger als ich. Aber ich würde schon sagen, er ist ein Kind in unserem Alter (lacht). Ich kenne Erfurt. Schöne Stadt. Ich hab‘ da Verwandte. Wir besuchten Clueso auch dort in seinem Studio. Es war eine super Zusammenarbeit. So oft machen wir ja keine Kooperationen. Einen schicken Lokalmatadoren habt ihr da (lacht).
Wann gibt es das nächste Musikalische Gesamtkunstwerk von Deichkind? Nach der Tour?
Deswegen sag ich auch „Zieht euch die Show rein, Leute“. Es wird sie das letzte Mal in dieser Form geben, denn wir sind ab nächsten Jahr wieder im Studio. Dann lassen wir uns so lange Zeit, wie wir benötigen. Und wir wollen dann etwas komplett Neues machen.
Und habt ihr 2025 schon die erste Single, auf die wir uns freuen können?
Vielleicht, ja. Wir lassen es auf uns zukommen und entscheiden gemeinsam. Da wir alle drei die Band sind, muss der Song bei uns allen zünden. Wenn wir sagen, „Das ist geil“, dann bringen wir ihn raus. Zuerst sammeln wir aber Ideen. Nach so einer intensiven Konzertphase ist es auch mal angenehm, keine Show im Nacken zu haben.
Eure Konzerte werden als „Kindergeburtstag für Erwachsene“ gefeiert. Was ist euer Geheimtipp für die perfekte Mischung aus Party und Wahnsinn?
Momentan ziehen wir vor allem von der Energie der Menschen, die zu unseren Konzerten kommen. Wenn das Publikum abgeht und die Stimmung sich von allein aufbaut, schaukeln wir uns immer weiter hoch. Dazu braucht es ein feines Gespür für die Spannungskurve. Das lässt sich nicht kaufen. Das muss man lernen. Und nach so vielen Jahren haben wir das im Gefühl. Dieses Gespür für den richtigen Drive bringen wir alle mit.
Hard Facts:
- 29. November
- Einlass: 18 Uhr
- Messe Erfurt | Gothaer Straße 34 | Erfurt
- Tickets gibt’s hier