Ob mit Platten oder Show-Tickets: Kerstin Ott erreicht rekordverdächtige Verkaufszahlen. Für ihre Singles und Alben wurde sie bereits mehrfach mit Gold- und Platinschallplatten ausgezeichnet. Auch ihr aktuelles Album „Für immer für dich“ kletterte bis auf Platz fünf der deutschen Albumcharts.
Kerstin Ott über Authentizität, Mut und ihre Verbindung zu Thüringen
Jetzt ist sie auf Tour: Unter dem Motto „Für immer für euch“ wird Ott auch Erfurt einen Besuch abstatten. Am 2. Dezember präsentiert sie in der Messe ihren Fans eine Mischung aus neuen Songs und bekannten Hits. Wir sprachen mit der Musikerin, die für Authentizität sowie Bodenständigkeit steht und mit ihren Texten zum Nachdenken anregen will.
Im Rahmen deiner Tour trittst du auch hier in Erfurt auf. Welche Verbindung hast du zu Thüringen oder hast du besondere Erinnerungen von früheren Auftritten hier?
Ich erinnere mich vor allem daran, dass ich vor Jahren im Thüringer Wald Fahrrad gefahren bin – den Rennsteig entlang. Ich habe bitterlich geweint, weil ich viel zu viel Gepäck dabeihatte. Damals bin ich von Bayern nach Norddeutschland gefahren, und der Rennsteig war echt anspruchsvoll. Damit hatte ich nicht gerechnet (lacht). Das ist auf jeden Fall die lustigste Erinnerung. Was Auftritte betrifft: Ich war schon öfter bei euch in der Ecke und weiß, dass es immer schön ist. Die Leute haben einfach Bock zu feiern.
Dein neues Album heißt „Für immer für dich“ und die Tour steht unter dem Motto „Für immer für euch“. Was bedeutet dir der Perspektivwechsel vom „Du“ zu „Ihr“? Also von deiner Einzelperson zur Community?
Unheimlich viel. Ohne deine Community bist du als Künstler nichts. Ich freue mich auf die Tour, auf die Leute und auf die Energie, die da entsteht. Genau deshalb finde ich es so schön, dass wir endlich wieder alle zusammenkommen und gemeinsame Abende erleben können. Gerade organisieren wir das Programm, und dadurch steigt die Vorfreude von Tag zu Tag.
In Songs wie „Das letzte Hemd hat keine Taschen“ und „Ich lieg wach“ sprichst du gesellschaftliche Themen an. Welche Gedanken oder Erfahrungen waren beim Schreiben besonders prägend?
„Das letzte Hemd hat keine Taschen“ dreht sich darum, dass wir oft im Hamsterrad feststecken und nur auf das nächste Ziel hinarbeiten. Sobald man es erreicht, vergisst man sofort, dass man gerade etwas Großes geschafft hat. Dabei haben wir nur dieses eine Leben. Man darf nicht vergessen, die schönen Momente auszukosten und innezuhalten, statt von Termin zu Termin zu hetzen und es allen recht zu machen – nur nicht sich selbst. Das Leben hat so viele Facetten, die im Strudel des Alltags leicht verloren gehen.
„Ich lieg wach“ zeigt, dass es Themen gibt, die einen nicht schlafen lassen. Im Vergleich zu Menschen, die z. B. auf der Straße leben oder schwer krank sind, sind unsere Sorgen aber oft nicht so relevant. Man liegt im frisch gemachten Bett, während andere draußen frieren und sich um ganz andere Dinge kümmern müssen. Ich wollte damit sagen: Betrachtet man es in Relation, sind viele Probleme gar nicht so groß.
Du gehst sehr offen mit persönlichem Wandel um, z. B. dein Abschied vom Rauchen oder vegane Ernährung. Wie fließt dein Lebenswandel in Musik und Botschaften auf der Bühne ein?
Das sind Themen, die mich stark begleiten. Suchtthemen haben generell immer eine große Rolle in meinem Leben gespielt. In meinem aktuellen Album „Was wäre ich ohne dich?“ gibt es einen Song, der genau davon handelt. Er beschreibt den Moment, in dem ich noch süchtig bin und mich frage: „Was wäre ich ohne dich?“ und „Was könnte ich morgen sein, wenn ich jetzt aufhören würde?“ Dieser Song ist mir sehr wichtig.
Vielen Menschen gibst du Mut, weil du offen mit einer Frau zusammenlebst. Inwiefern ist es für dich wichtig, mit deinem Lebensmodell Sichtbarkeit zu schaffen und wie gehst du mit der Verantwortung um, das nach außen zu tragen?
Ich könnte mein Leben gar nicht hinter verschlossenen Türen führen, dafür bin ich nicht der Typ. Jeder Mensch sollte frei entscheiden können, wie er leben möchte – ohne dass das in Frage gestellt wird. Eigentlich sollte es niemanden etwas angehen. Wenn jemand nicht damit zurechtkommt, halte ich es wie Whoopi Goldberg, die gesagt hat: „Wenn du Homosexualität nicht magst, dann gibt es eine einfache Lösung: Sei nicht homosexuell.“ Darüber denke ich oft nach. Am Ende geht es niemanden etwas an, wie ich lebe. Und wenn ich dadurch jemandem Mut machen kann, weil ich offen damit umgehe, ist das natürlich toll.
Gab es dazu schon mal Nachrichten oder Feedback von Fans, die sich durch Sie und Ihre Musik empowered fühlen?
Ganz oft. In meinem Postfach landen viele Zuschriften – von Eltern, deren Kinder sich geoutet haben, oder von Menschen, die selbst nach 20 Ehejahren den Mut gefunden haben, offen zu zeigen, wer sie wirklich sind. Vor allem durch Songs wie „Regenbogenfarben“ konnte ich Menschen Mut machen. Das ist großartig und fühlt sich wie ein Geschenk an, weil ich sehe, dass die Botschaft ankommt.
Welche Message würdest du jungen Menschen mitgeben, die sich selbst noch nicht trauen, zu leben und zu lieben, wie sie das möchten?
Vertrau dich jemandem an, vielleicht deinem besten Freund oder deiner besten Freundin. Reden hilft immer. Wenn du jemanden hast, bei dem du dich sicher fühlst, ist das ein guter erster Schritt – und der macht Mut für mehr.
Kerstin Ott auf Tour
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- Wann: 2. Dezember | Beginn: 20 Uhr | Einlass: 18:30 Uhr
- Wo: Messe Erfurt | Gothaer Str. 34
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