„Ein guter Abend an einem beschissenen Tag.“ So umschreiben Feine Sahne Fischfilet ein Konzert der besonderen Art in Südthüringen. Am Abend des 1. September spielte die Punk-Band ein einrittsfreies Überraschungskonzert in Sonneberg. Mitten in der Stadt. Direkt am Gewölbe-Keller. Wo sie bereits 2023 auftraten, um den Menschen nach der Wahl des AfD-Landrates Hoffnung zu geben. Wir sprachen mit Monchi, dem Sänger der Band, über den Überraschungsauftritt und die Hintergründe.
Wie kam es dazu, dass ihr am Tag der Wahl in Sonneberg aufgetreten seid?
Wir haben über unsere Social-Media-Kanäle kommuniziert, dass wir in der Provinz Deutschlands spielen möchten und riefen unsere Fanbase dazu auf, sich zu bewerben. Besonders im Kontext der Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen wollten wir durch Livemusik ein klares Zeichen setzen. Schließlich erhielten wir über 1.000 Bewerbungen, aus denen wir auswählen konnten. Da wir Sonneberg bereits kannten und es uns bewegte, dass die Menschen nach unserem Konzert im letzten Jahr einen Verein gründeten, um eigenständig Konzerte und Kulturveranstaltungen zu organisieren, dachten wir: Das ist genau unser Ding. Wenn wir die Möglichkeit haben, lokale Initiativen zu unterstützen, sind wir dabei. Beim Konzert am Sonntag hatten wir definitiv das Gefühl, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.
Warum würdest du sagen, war das so?
Wir kommen selbst aus der Provinz und wissen, wie es ist, wenn dort manchmal nicht so viel los ist. Und am Abend des 1. September hatten wir keine Lust, Trübsal wegen der Wahlergebnisse zu blasen oder darüber zu klagen, dass die Welt untergeht. Stattdessen wollten wir mit coolen Leuten vor Ort zusammen etwas reißen – und das haben wir geschafft. Es fühlte sich großartig an. Erst am Sonntagmorgen haben wir angekündigt, dass wir am Wahlabend ein Konzert geben würden. Dass dann 1.000 bis 2.000 Menschen kamen und der Platz sogar erweitert werden musste, war für uns etwas sehr Tolles. Wir sahen viele glückliche Gesichter, und viele sagten uns: „Toll, dass ihr hier seid.“ Das hat uns Kraft gegeben. Natürlich verändert man damit nicht die Welt, aber wenn wir es schaffen, den Menschen vor Ort etwas Mut mitzugeben und sie das Gefühl haben, nicht allein zu sein, ist das super.
Ihr seid erst knapp zwei Stunden nach Bekanntgabe der ersten vorläufigen Wahl-Ergebnisse aufgetreten. Wie war das für euch?
An diesem Abend wollten wir mit den Leuten zusammen sein und zeigen, auch wenn wir ganz schön tief in der Scheiße stecken, haben wir immer noch uns. Als die Wahlergebnisse nach einer halben Stunde bekannt wurden, schalteten wir die Leinwand einfach aus. Stattdessen feierten wir gemeinsam. Das hat richtig gut funktioniert, denn es waren so viele unterschiedliche Leute da. Das war für uns etwas Besonderes.
Wie waren das Konzert, die Stimmung und die Resonanz der Menschen?
Wir haben uns nicht im Backstage versteckt, sondern vor der Bühne mit den Leuten gesprochen und Fotos gemacht. Alle sagten: „Danke, dass ihr da seid.“ Die Menschen bedankten sich auch bei den Veranstalter:innen und dem Verein, der alles auf die Beine stellte. Wenn dann Menschen in den Kommentarspalten schreiben, dass sie das Ganze berührt hat, wissen wir, dass wir das Richtige tun. Wir haben keinen Bock auf die rechte Propaganda-Scheiße, und genau das kotzt die Leute auch an. Wir ziehen unser Ding durch – in ruhigen wie in stürmischen Zeiten. Besonders in schwierigen Momenten ist es wichtig, sich nicht in seiner Bubble zu verziehen, in der man sich nur gegenseitig bestätigt, sondern genau dorthin zu gehen, wo der Rechtsruck deutlich weiter vorangeschritten ist.
Wie haben sich die Veranstalter:innen im Vorfeld des Auftritts geäußert?
Wir wurden eingeladen mit der Bitte: „Kommt doch zu uns, wir würden uns freuen, wenn ihr ein Open-Air bei uns spielt.“ Zuerst fragten wir uns, ob ein unangekündigtes Open-Air in Sonneberg funktionieren würde. Da wir 2023 schon einmal dort gespielt hatten, sprach ich mit dem damaligen Veranstalter und Barbesitzer– unter anderem auch in meinem Podcast. Er ist einer der wenigen, die offen Stellung beziehen. Am Wochenende lernten wir viele Leute kennen, die beim Auf- und Abbau halfen. Sie sagten jedoch, dass sie aus Angst vor Anfeindungen im Alltag nicht öffentlich auftreten wollen.
Was hatte denn der Chef dieser Bar, in der ihr 2023 aufgetreten seid, im Podcast erzählt?
Er erzählte, dass er nach dem Konzert einen Umsatzeinbruch von neunzig Prozent hinnehmen musste und bedroht wurde. Man sagte ihm, er solle Angst haben. Trotzdem weiterhin in einem Verein aktiv zu sein, ist bewundernswert.
Ist es euch wichtig, mit Musik Stellung zu beziehen?
Uns ist wichtig, nicht nur zu labern, sondern auch zu machen. Wir mögen die Menschen hier, schließlich kommen wir selbst aus dem Osten. Und es liegt uns am Herzen, dass es den Menschen hier gut geht. Wenn wir die Chance haben, auch in anderen Bundesländern Leute zu erreichen, machen wir das gerne. Wir sind überzeugt, dass genau das extrem wichtig ist.
Was denkst du kann Kultur erreichen, wenn es um solche Dinge geht?
Ich denke, das ist nur ein Baustein von vielen. Die Rechtsextremisten haben es geschafft, genau dorthin zu gehen, wo sich die Gesellschaft oder die demokratischen Parteien zunehmend zurückgezogen haben. Deshalb ist es umso wichtiger, in der Provinz, in der wir leben, aktiv zu bleiben. Es geht darum, den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen, ohne als Moralapostel aufzutreten, sondern kontinuierlich zu zeigen, dass man da ist, dass man bleibt und nicht nur labert, sondern macht.
Und was denkt ihr, warum die ganzen Menschen zu eurem Konzert gekommen sind? Natürlich wegen eurer Musik, aber auch als eine kleine Form des Widerstandes?
Manche hören vielleicht unsere Musik, andere wollen einfach nicht mehr allein sein oder nicht nur vor dem Fernseher sitzen. Für einige kann das eine kleine Form des Widerstands sein. Andere kommen vielleicht nur wegen der Musik, und das möchte ich nicht überbewerten. Trotzdem glaube ich, dass so ein Konzert ein klares Zeichen setzt: Hier ist noch nicht alles verloren, es gibt Menschen, die weiterhin für demokratische Werte einstehen.
Mit Auftritten wie in Sonneberg, was hofft ihr damit zu erreichen? Welche Wünsche habt ihr?
Wir wollen einfach Taten sprechen lassen. Und das haben wir die ganze Zeit gemacht. Ich würde sagen, unser Appell an die Menschen da draußen lautet: Taten sagen mehr als 1000 Worte. Mehr machen, nicht nur labern. Dann erreicht man auch die Menschen.
Hard Facts:
- Infos und Tourtermine von Feine Sahne Fischfilet unter:
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