Zum 9. Mal veranstaltet der Tanztheater Erfurt e. V. diesen Oktober sein Internationales Tanztheater Festival. Alle zwei Jahre lädt der Verein Tänzer:innen und Choreograph:innen verschiedenster Nationalitäten ein, um den zeitgenössischen Tanz nach Erfurt zu bringen. In diesem Jahr ist das Festival vom 19. bis 27. zu Gast im Theater Erfurt. Hier wird eine besondere Vielfalt auf die Bühnen gebracht. Neben Gastspielen, Eigenproduktionen, dem traditionellen Tanzwettbewerb und Workshops wird es auch Kinoabende mit Künstler:innen-Gespräch, eine Fotoausstellung und das Bundesnetzwerktreffen Tanz geben. Wir sprachen mit Tanztheater-Sprecherin Claudia Dell, um etwas mehr über das bewegende Festival zu erfahren.
Das Festival vereint eine Vielfalt von Tanzstilen und Formaten. Gibt es dabei einen roten Faden?
Das diesjährige Festival läuft für mich ein wenig unter dem Motto „international bewegt – vielseitig bewegend“. Ich denke, dass Ester Ambrosino, unsere künstlerische Leiterin, vor allem Lust daran hatte, möglichst Unterschiedliches auf die Erfurter Bühnen zu bringen und gleichzeitig den Interessensfokus des Tanztheater Erfurt einzufangen und darzustellen. Will heißen, ihre Liebe zur Verbindung von zeitgenössischem Tanz und Breakdance wird auf jeden Fall in der Juniorproduktion „Cinderella“ voll aufgehen.
Mit „Personas“ wird ein Gastspiel in die Studio.Box kommen, das sowohl Improvisation als auch Livemusik vereinen wird. Und mit unserer Veranstaltungsreihe „Ganz im Tanz“ verfolgen wir intensiv unser Interesse an der einmaligen Kraft der Improvisation, des Momenthaften und Unmittelbaren. In „Apocalipsync“ werden Clownerie, Akrobatik und viel Witz neben Tanz Hauptprotagonisten sein. Hier kommen also schon drei sehr unterschiedliche Formen zusammen, von der jede eine andere Ausdruckskraft innehat. Dies zudem auch auf weitere Medien wie Film und Fotografie auszuweiten, ist etwas sehr Naheliegendes. Tanz ist mehr als eine kunstvolle Bewegung auf der Bühne. Tanz verbindet, indem er so unterschiedlich ist.
Die Zuschauer:innen können in der Eigenproduktion „Your Choice“ den Verlauf des Tanzabends durch Liveabstimmungen beeinflussen. Wie muss ich mir das vorstellen?
Über die Dynamik zwischen Tänzer:in und Gast lässt sich leider heute nur spekulieren. Unsere Idee ist es, den/die Zuschauer:in zu aktivieren und teilhaben zu lassen. Die Möglichkeit, am Geschehen auf der Bühne mitzuwirken, hat etwas gleichsam Intensivierendes und Verbindendes, da man als Zuschauer:in zum Autor der Szenerie wird. Gleichsam wird man aus der Theaterillusion herausgenommen und es bekommt den Charakter einer Gameshow, in der man selbst Kandidat:in ist. Diese Pole auszuloten, finden wir spannend und wir freuen uns auf dieses Experiment.
Die Neuinterpretation von „Cinderella“ kombiniert Hip-hop, klassisches Ballett und Breakdance. Was fasziniert euch an der Verbindung von solch unterschiedlichen Tanzformen?
Unsere Gesellschaft ist vielseitig. Ein erster Anspruch ist daher immer, diesen Zustand auf der Bühne abzubilden. Warum nicht, indem man unterschiedliche Tanzstile, die für unterschiedliche (Sub-) Kulturen stehen, verbindet? In den Dekaden des zeitgenössischen Tanzes haben sich immer wieder neue Formen und Kombinationen aus Stilen entwickelt. Zu wissen, wo man herkommt und trotzdem Neues zuzulassen und auszuprobieren, hält unsere Leben und zwischenmenschlichen Beziehungen doch frisch, oder? Es soll natürlich auch unterhaltsam durch Abwechslungsreichtum sein – vielseitig bewegend eben. Kontraste, Verschmelzungen oder Neuinterpretationen sind Ansätze, die uns interessieren und in „Cinderella“ als modernes Märchen im Hier und Jetzt wunderbar ausgetanzt werden können.
Beim Tanzwettbewerb „contact.energy’24“ stehen die Choreografien im Fokus. Wie definiert ihr für euch persönlich, was eine herausragende Choreografie ausmacht?
Hier ist der Name tatsächlich Programm. Eine Choreografie, die den Raum auratisch ausfüllt und so in den unmittelbaren Kontakt mit dem/der Zuschauer:in geht, ist unsere Vorstellung von einer gelungenen Choreografie für diesen Wettbewerb. Es geht viel um den Ausdruck, ein besonders passender Bewegungsablauf, der für das, was man sagen möchte, gefunden wird und eine unmittelbare Wirkung ausstrahlt – dies kann bereits in der kleinsten Geste pointiert sein. Es ist darüber hinaus immer ein Zusammenspiel aus vielen Indikatoren und lässt sich eigentlich gar nicht so leicht runterbrechen. Ein gutes Körpergefühl, Innovation und ein aufmerksamer Geist für aktuelle oder spannende Themen sind dabei aber vermutlich ein sehr guter Ausgangspunk.
Mit dem Festival setzt ihr seit Jahren wichtige Impulse für den zeitgenössischen Tanz in Erfurt. Wie hat sich die Tanzszene in Erfurt durch das Festival verändert, und welche langfristigen Visionen habt ihr für die Zukunft des Festivals?
Aktuell blicken wir auf immer stärker werdendes Interesse an unserer Arbeit zurück. Ob in Kooperation mit dem Theater Erfurt und dem DNT Weimar, in den regelmäßigen Improvisations-Veranstaltungen „Ganz im Tanz“ oder den großen Jahresabschlüssen unserer Mitglieder – wir haben viele treue Unterstützer:innen und eine tolle Zuschauerschaft, bei der wir uns für den jahrelangen Support bedanken. Für das Festival sehe ich als Projektmanagerin noch viel Potenzial in Richtung Newcomer-Plattform, noch mehr Workshops für alle, das besondere Medium „Screendance“ im Kino, Performance-Art und eben noch mehr Tanz von internationalem Rang. 2026 feiern wir die bereits 10. Ausgabe und planen dies auch angemessen zu feiern. Darauf könnt ihr euch verlassen. Tanz oder gar nicht!
Hard Facts:
- Tanztheater Festival: 19. bis 27. Oktober Theater Erfurt
- Programm und mehr unter: www.tanztheaterfestival-erfurt.de
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