Eine Musical-Serie ganz nach „Glee“-Art. Also mit tollen Geschichten und viel Musik. Das gibt es in Deutschland nicht. Noch nicht. Das ändert sich aber bald, wenn „Dancing in the Shadow“ (DITS) erscheint. Das Werk des Independent Filmkollektivs Colourgraphie aus Erfurt widmet sich Themen wie Individualität, Vielfalt, Gemeinschaft und Identität. Es ist eine Serie über das Erwachsenwerden. Und integraler Drehort ist dabei die Universitätsstadt Ilmenau.
Dancing in the Shadow
Seinen Anfang findet die Serie im Jahr 2018. Regisseur und Autor Mikael Kuetche schrieb in diesem Jahr verschiedene Geschichten zu sechs Figuren und merkte, dass sie alle eine Charaktereigenschaft besitzen, die sie von der Gesellschaft mehr oder weniger ausschließt und dass alle sich nach Zugehörigkeit sehnen. Die Musik und der Tanz ist das, was die Figuren miteinander verbindet. Die Idee, eine Musical-Serie zu drehen, war geboren.
Deutsche Musical-Serie
„Wir haben uns dann damit auseinandergesetzt und nach ähnlichen Projekten recherchiert“, sagt Tamara Kollmeder, Produzentin der „DITS“-Serie und Gründerin der Filmproduktion „Colourgraphie“. „Dabei ist uns aufgefallen, dass es in Deutschland noch gar keine Musical-Serie gibt. Deshalb entschieden wir uns für diese Version.“
Ein Meilenstein war im Sommer 2020 geschafft, in der Zeit der Corona-Pandemie, als das Drehbuch fertig wurde. Danach informierten sich Kollmeder und Kuetche, wie man eine Filmproduktion, ein Independent-Filmkollektiv, aufstellt. „Wir wussten, wir wollen die Geschichte selbst umsetzen, ohne einen wirtschaftlichen oder profitbringenden Gedanken dahinter“, so Kollmeder. Im Herbst 2020 startete die Pre-Produktion und Crew-Mitglieder für die einzelnen Produktionsdepartments wurden gesucht. „Bis zu dem Zeitpunkt waren wir nur ein paar Kreative, die an dem Projekt gearbeitet haben“, so die Produzentin.
Filmbranche in Thüringen stärken
Die Dreharbeiten begannen im August 2021. Insgesamt sechs Wochen Drehzeit inklusive Probezeit waren sie am Werk mit zeitweise 150 Menschen am Set hinter und vor der Kamera. Als die Idee der Serie entstand, studierte Mikael in Ilmenau und stellte sich die Umgebung der Stadt schon als Dreh- und Spielort vor. Mit den vielen internationalen Studierenden, den verschiedenen Vereinen und Initiativen auf der einen Seite und der Stadt und deren Bewohner:innen auf der anderen, sollte ein Aufeinandertreffen der beiden Parteien auf jeden Fall interessant werden. Kollmeder sieht auch Vorteile in der Thüringer Orts-Wahl: „Es war zugegeben einfacher, bestimmte Vorkehrungen mit verschiedenen Ämtern abzusprechen und ich hatte das Gefühl, von der Stadt viel Unterstützung zu bekommen. Ohne diese Hilfe wäre es auch gar nicht möglich gewesen.“ Ein stückweit haben sie auch die Chance nutzen wollen, die Filmbranche in Thüringen zu stärken.
Cast Premiere in Gotha
Im Oktober kam dann die Post-Produktionsphase und noch mehr Personen verdienten sich einen Platz in den Credits, um die Songs final zu produzieren. Eine Crew und Cast Premiere gab es schon im Herbst 2022 in Gotha. Da war zwar noch nicht alles fertig, aber die Premiere wurde genutzt, um Feedback einzuholen und zu schauen, welche Stellen noch einmal Aufwand bedürfen.
Doch worum genau geht es darin eigentlich? Im Vordergrund von „Dancing in the Shadow“ stehen sechs verschiedene Charaktere, die alle unterschiedlich Probleme umtreiben. Da ist Sara, die blind ist und unbedingt das Tanzen erlernen möchte. Doch von ihrem Umfeld wird ihr gesagt: Mit der Blindheit wird das nie was. Dann gibt es Alice-Alex, eine non-binäre Figur, die zwar zu ihrer Identität steht, sich aufgrund des binären Geschlechtersystems der Gesellschaft aber gezwungen fühlt, in zwei Rollen hineinzuschlüpfen. Eine Rolle ist Alice als weiblich-gelesene Person und die andere ist Alex, die männlich-gelesene. Die Figur ringt nach außen hin mit ihrer Identität. Ein weiterer Hauptcharakter ist Chris, der in einem toxischen Männlichkeitsbild aufgewachsen ist und nun seinen weichen Kern versteckt, um das gesellschaftliche Bild des Mannes zu erfüllen. Hera währenddessen kämpft mit Hilfe von Poetry-Slam-Texten für die Gleichstellung der Geschlechter und setzt sich für feministische Themen ein.
Akzeptanz sowie Verständnis für sich selbst
„In jeder Figur wird ein Thema verarbeitet, bei dem sich die Zuschauenden eventuell wiederfinden können, sodass sie sich mit mehreren und nicht nur mit einer Figur identifizieren können“, sagt Kollmeder zu den Protagonist:innen. Die Intension hinter „Dancing in the Shadow“ findet sie heute wichtiger denn je, denn die Serie solle Akzeptanz sowie Verständnis gegenüber sich selbst und der gesellschaftlichen Umgebung bei den Zuschauenden entwickeln. „Im Allgemeinen stehen wir für eine Gesellschaft und ein Miteinander, das von Toleranz und Akzeptanz geprägt ist. Es ist die Überzeugung von uns, und sicherlich auch die von vielen anderen Menschen, dass ein Zusammenleben nur mit diesen Grundwerten funktionieren kann.“
Echte Vielfalt schaffen
In der Filmbranche seien marginalisierte Gruppen sehr oft ausgeschlossen und große Produktionen würden von sogenannten Diversitätschecklisten geleitet. Diese wiederum würden oft nur vor der Kamera abgehakt, dahinter sei die Crew dennoch immer sehr weiß und heterogen. „Genau das war unser Ansatz, vor und hinter der Kamera eine Diversität zu leben, um die Gesellschaft, aber auch die Branche, zu ändern und zu zeigen, was echte Vielfalt schafft.“
Die Botschaft der Serie? Sei du selbst und habe die Kraft zu dir zu stehen! „Es gibt leider in unserer Gesellschaft nach wie vor Personengruppen, die weniger privilegiert sind und dementsprechend auch mehr Kraft brauchen, zu sich zu stehen“, bedauert Kollmeder. „Aber nur durch ein gutes Zusammenarbeiten und Zusammenleben kann man das schaffen. Wir wünschen der Welt und für alle Menschen Zugehörigkeit und ein harmonisches Zusammensein.“
Release-Tour steht an
Der aktuelle Stand der Serie setzt sich aus fünf fertigen Pilotfolgen a 45 Minuten zusammen. Pilotfolgen sind es deshalb, weil das Independent-Film-Kollektiv mit sehr low-budget-Bedingungen ein „Proof of Concept“ geschaffen hat. Jetzt geht es um die rage, ob ein Musical im seriellen Format erfolgversprechend ist. Die Release-Tour steht an: Zwischen dem 06. September 2024 und dem 01. November 2024 macht die Serie Stopp in den Städten Erfurt, Weimar, Gera, Rudolstadt und Ilmenau. Neben den drei Folgen der ersten Staffel wird es auch Live-Musik geben. „Uns ist es wichtig, dass man die von uns produzierte Musik auch live erlebt“, erklärt Kollmeder. „Zusätzlich findet noch ein Filmgespräch statt.“
Fortsetzung der Serie
Sie hätten nie aufgehört, an die Fortsetzung der Serie zu denken, so die Produzentin. Dieses Jahr gab es tatsächlich eine Zusage von der MDM, der Mitteldeutschen Medienförderung, um an der Stoffentwicklung für die erste Staffel zu arbeiten. Mittlerweile sind es vier Autor:innen, die zusammen mit Mikael an den Drehbüchern für acht Folgen á 45 Minuten arbeiten. Das ergibt dann die erste Staffel der DITS-Serie. Zeitgleich arbeitet Kollmeder an der Finanzierung und sucht nach Produktionspartner:innen, um diesen Prozess umsetzen zu können.
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Der Release der Serie ist für den Herbst 2024 festgelegt und wird auf unterschiedlichen Video-on-Demand-Plattformen zu streamen sein. Genaueres könnt ihr auf den Online-Kanälen von Colourgraphie erfahren.
Hard Facts:
- Screening-Termine: 9. Okt.: Weimar – Mon Ami | 10. Okt.: Gera – Metropol | 18. Okt.: Rudolstadt – Saalgärten | 1. Nov.: Ilmenau – Helmholzbau
- Weitere Infos unter: www.dits-serie.com