Für viele, die in der DDR aufgewachsen sind, gehörte das Nacktbaden zum Sommer wie der Imbissstand zum Badesee. FKK – also Freikörperkultur – war kein Tabubruch, sondern Alltag. In Parks, an Seen, am Meer – überall, wo Platz war, wurde textilfrei gesonnt und gebadet.
FKK und Thüringen: Ein Stück gelebte DDR-Kultur
Die DDR verstand sich als rationaler Staat. Sexualisierung der Nacktheit? Gab es offiziell nicht. Körper wurden als natürlich, als gleichwertig behandelt – und damit war FKK so normal wie das Planschen im Planschbecken. In einem Staat, in dem vieles reglementiert war, wurde das Nacktsein zur Form von persönlicher Freiheit, wie es auf den Seiten einer einschlägigen Online-Enzyklopädie heißt.
FKK ist eine Lebenseinstellung. Es geht nicht nur ums Nacktsein an sich, sondern um ein natürliches Verhältnis zum eigenen Körper. In der heutigen Zeit würden wir von Body-Positivity reden. Und viele FKK-Anhänger:innen leben diesen Anspruch bewusst – nicht exhibitionistisch, sondern respektvoll und gemeinschaftlich.
Was genau ist FKK?
„Oben-ohne“ hingegen ist meist situativer: Frauen, die sich am Strand das Bikini-Oberteil ausziehen, tun das nicht zwangsläufig aus ideologischen Gründen, sondern weil es bequemer ist – oder als Ausdruck von Gleichberechtigung. In der DDR war auch das „Oben-ohne“-Baden völlig normal. Nach der Wende allerdings setzte sich in vielen Freibädern eine eher konservative Badeordnung durch.
Wo lebt FKK in Thüringen noch weiter?
Auch wenn FKK nicht mehr den gleichen Stellenwert hat wie früher – tot ist sie nicht. Ganz im Gegenteil: In Thüringen gibt es eine lebendige, wenn auch kleinere Szene. Aktuell existieren laut Deutschem Verband für Freikörperkultur (DFK) rund 300 FKK-Vereine bundesweit – vier davon in Thüringen.
Diese Vereine bieten Rückzugsorte: Vereinsgelände mit Zugang zu Seen, Campingplätzen oder Saunabereichen, wo textilfrei gelebt werden kann. Hier treffen sich Menschen verschiedener Altersgruppen, die sich in der Gemeinschaft wohler fühlen als im klassischen Freibad.
Sicht auf Nacktheit ist heute konservativer
Doch Warum ist FKK auf dem Rückzug? Hier sind die Ursachen vielfältig. Einerseits hat sich die Gesellschaft gewandelt: Die allgemeine Sicht auf Nacktheit ist heute wieder deutlich konservativer. Viele Menschen empfinden öffentliche Nacktheit als unangenehm oder sind sich unsicher, was „erlaubt“ ist. Was laut Sozialwissenschaftler darauf zurückzuführen ist, dass es nach der Wiedervereinigung zu einem Wertewandel kam, bei dem westdeutsche Vorstellungen von Schamhaftigkeit und Körperkultur dominierten und zu einer stärkeren Sexualisierung des nackten Körpers und zu einer konservativeren Haltung gegenüber öffentlicher Nacktheit.
Nackt, aber nicht schamlos: Was FKK heute bedeutet
Hinzu kommt die digitale Dauerbeobachtung: Wer will schon riskieren, auf Social Media plötzlich viral zu gehen, nur weil man sich oben ohne sonnt? Auch Betreiber von Freibädern halten sich oft zurück. Während „Oben-ohne“ für Männer meist unkommentiert bleibt, gelten für Frauen häufig Sonderregeln – auch in Thüringen. Das sorgt regelmäßig für Diskussionen über Gleichberechtigung.
Strandbad Stotternheim bei Erfurt besitzt FKK-Bereich
In einigen Städten, etwa Göttingen oder Siegen, dürfen Frauen mittlerweile in allen öffentlichen Bädern oben ohne baden – genauso wie Männer. Begründung: Gleiches Recht für alle. In Thüringen sieht das anders aus. Hier haben viele Kommunen keine klare Regelung oder lehnen Anträge auf „Oben-ohne“-Gleichstellung ab – meist laut übereinstimmenden Medienberichten mit dem Argument, die Nachfrage sei nicht hoch genug
Debatte oft von gesellschaftlichen Normen bestimmt
Tatsächlich aber wird die Debatte oft von gesellschaftlichen Normen bestimmt – weniger von realen Bedürfnissen. Der Körper wird noch immer geschlechtlich bewertet. Ein nackter Männeroberkörper ist alltäglich, ein weiblicher schnell „anstößig“. Was viel über die noch immer sehr ungleiche Wahrnehmung von Frauen und Männern in der Gesellschaft und die damit verbundenen Handlungen aussagt.
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Wer heute FKK praktiziert, tut das wie die Argumente zeigen – oft bewusster als früher. Viele sehen darin ein Zeichen gegen Körpernormen, Leistungsdruck und übersexualisierte Medienbilder. Nacktsein, um sich selbst zu akzeptieren – so beschreiben es viele Mitglieder der FKK-Vereine, so der DFK.
Freikörperkultur in Thüringen trotzt gesellschaftlichem Wandel
Andere wollen demnach einfach nur ihre Ruhe. Kein Bikini, keine Blicke, kein Vergleich. Für sie ist FKK Entspannung pur – und ein Stück Urlaubsgefühl, das auch in Thüringen möglich bleibt. Wer auch heute noch textilfrei baden oder sonnen möchte, findet im Freistaat zahlreiche Orte, die FKK ermöglichen – sei es ganz offiziell, halböffentlich oder inoffiziell akzeptiert.
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Ein beliebter Ort für FKK ist das Strandbad Stotternheim bei Erfurt, das über einen abgetrennten FKK-Bereich mit Liegewiese verfügt. Ganz in der Nähe befindet sich der Alperstedter See, ein ehemaliger Baggersee, der sich trotz fehlender offizieller Ausweisung unter Nacktbade-Fans großer Beliebtheit erfreut. Auch in Jena gibt es entsprechende Angebote: Das Südbad, auch als Schleichersee bekannt, bietet einen ausgeschilderten FKK-Bereich und ist ein etabliertes Ziel für Freunde des textilfreien Badens. In Weimar hingegen ist es eher eine gewachsene Praxis: Im Schwanseebad ist das Oben-ohne-Baden seit Jahrzehnten akzeptiert und wird kaum infrage gestellt.
Vom Schleichersee bis Immelborn: FKK-Orte in Thüringen
Weitere Seen wie der Porstendorfer See nahe Jena und der Bergsee Ratscher bei Schleusingen bieten ebenso Möglichkeiten zum FKK-Baden, teils inoffiziell, teils mit expliziten Bereichen. Auch der Badesee Immelborn nahe Bad Salzungen stellt mit seinem separaten FKK-Strand und dem angeschlossenen Campingplatz eine feste Größe in der Szene dar.Thüringen: Wie Freibäder mit FKK heute umgehen
Einen per Hecke abgetrennten Bereich
Selbst kleinere Freibäder zeigen sich offen für FKK – etwa das Dreibrunnenbad in Erfurt, das einen per Hecke abgetrennten Bereich zum textilfreien Sonnen bietet. Auch das Waldbad Goldlauter bei Suhl öffnet an bestimmten Tagen für FKK-Freunde und schafft damit geschützte Räume für ein freizügiges, aber respektvolles Miteinander.
Zwischen Freiheit und Regeln: Der Wandel der FKK in Thüringen
Nicht zuletzt gibt es auch in der Natur Möglichkeiten zum textilfreien Erholen: Einige FKK-Campingplätze im Thüringer Wald werben gezielt mit naturnaher, hüllenloser Freizeitgestaltung – ideal für alle, die Ruhe und Ursprünglichkeit suchen.
