Die Buslinie 302 Richtung Sitzendorf braust am kurzfristig angesagten Waidmannsheil vorbei. Nächster Halt: Schweizerhaus, womit schon 11,2 Kilometer des Fernwanderwegs geschafft sind. „Na das passt ja“, kommentiert Axel mürrisch, der in Jena-Göschwitz abgehetzt noch gerade so den Zug nach Rudolstadt erwischte. Mein Bruder begleitet mich am ersten von drei anstrengenden Tagen Ende Oktober, an denen ich etwas mehr als die Hälfte des Panoramawegs Schwarzatal abwandere.
Vom Dürres Schild zur Hängebrücke und weiter nach Cursdorf
Von der Schutzhütte Dürres Schild kommen wir auf einem mit farbenfrohen Blättern übersäten breiten Pfad schnell voran, bis wir kurz vor dem steilen Abstieg nach Schwarzburg einen Abstecher zum weitläufigen Rastplatzplateau Hirschtränke mit erhabenem Blick auf das Schloss Schwarzburg unternehmen. Hinter der Schlossanlage verlieren wir die generell üppige Markierung (rotes Dreieck auf weißem Grund) kurz. Doch nicht lange: Wir laufen auf einer 2024 gebauten Hängebrücke über die Schwarza und schrauben uns auf schmalem Pfad im Mischwald auch ohne Jacke schweißgebadet bis zur Schutzhütte Sitzendorfblick auf den Unteren Batzenberg empor. Die Kabbeleien zwischen Axel und mir sorgen bis Unterweißbach für gute Stimmung. Ab hier laufe ich allein weiter und erreiche über den Fröbelturm (784,2 m ü. NN) mit den letzten Sonnenstrahlen Cursdorf.
Neue Begleiter am zweiten Tag
Am zweiten Tag sind Anja, ihr sieben Monate alter Sohn und ein 80 cm breiter Kinderfahrradanhänger („Croozer“) meine Begleiter. Wir treffen uns am Markt in Katzhütte, wohin mich die Wanderbus-Linie 390 bringt.
„Ob das so eine gute Idee war?“
Schon der erste, von Regentropfen begleitete Aufstieg auf breitem Forstweg zum Abzweig Herrenweg auf 644 m ü. NN lässt die abenteuerlustige Erfurterin zweifeln: „Ob das so eine gute Idee war?“ Kurze Zeit später tragen wir das sich ständig festfahrende Gefährt das erste Mal einen steilen Pfad hinab. Den Kleinen freut’s: solange es rüttelt und schüttelt, ist er ruhig. Kurz danach trennen wir uns: Ich laufe den schmalen Zickzackweg hinauf zum Neubau der windgeschützten Wurzelberghütte (803 m ü. NN) nebst sprudelnder Quelle im kahlgeschlagenen Fichtenwald empor.
Eine Herausforderung zur Schwarzaquelle und Ankunft in Siegmundsburg
Ich treffe Anja wieder und wir rasten bei Sonnenschein direkt am Herrenweg. Bis zur Talsperre Scheibe-Alsbach behindert auf Forstwegen einzig etwas Schlamm und Laub das Vorwärtskommen. Die 300 m auf schmalem Pfad über Wurzeln und Steine zur Schwarzaquelle unterhalb eines kahlgeschlagenen Hangs sind die letzte Challenge des Tages, die wir durch geschicktes Kippen des „Gelände-Kinderwagens“ meistern. Wir kürzen nach Limbach ab und erreichen unter unnachgiebigem Babygebrüll mit der Dämmerung und nach knapp 20 km Strecke Siegmundsburg, etwas abseits des Panoramawegs Schwarzatal.
Der dritte Tag: Nebel, Hindernisse und eine atemberaubende Aussicht
Am nächsten Morgen lichtet sich der Nebel gegen 10.30 Uhr kurz vor Friedrichshöhe. Auf der für Skilanglauf präparierten Strecke geht es wie auf dem breiten Weg entlang des Großen Langebachs gut voran, nur kleine Äste sind Hindernisse. Doch dann naht das Unterbecken der Talsperre Oberes Schwarzatal. Ein schmaler, rechts steil abfallender Pfad zweigt alternativlos ab. Anja trägt nun ihren Sohn – und wir beide heben, wuchten und ziehen den Kinderfahrradanhänger wortwörtlich über Stock und Stein.
„Da hast du dir ja einen Klotz ans Bein gebunden“
Die Aussicht auf die ICE-Trasse Erfurt-Nürnberg und hinab nach Goldisthal entschädigen für die schweißtreibende Plackerei. Anja entschuldigt sich: „Da hast du dir ja einen Klotz ans Bein gebunden.“ Doch ich winke ab. Die Stärkung im liebevoll und modern eingerichteten „Haus der Natur“ in Goldisthal, das anschaulich über Flora und Fauna des Thüringer Walds und die Ortsgeschichte informiert, ist bitter nötig. Wir sparen mit der Buslinie 508 dann 9,5 km Fußmarsch, indem wir bis zur Massermühle fahren, um die herum sich eine wilde Mülldeponie gebildet hat.
Ein anstrengender, aber erfüllender Abschluss
Das Schieben auf dem zugewachsenen Forstweg strengt weniger an als durch die schlammgefüllten Furchen zwei Kilometer weiter, welche schwere Harvester hinterlassen haben. Kurz vor Altenfeld hat ein engstirniger Landwirt sein Feld und damit ein Stück des Panoramawegs abgesperrt. Egal, die Ausweichroute nach Osten ist „Croozer“-tauglich – nur auf dem letzten Aufstieg auf schmalem, erdigen Wurzelpfad durch den Wald nach Großbreitenbach ist wieder Tragen und schwungvolles Schieben angesagt. Auf dem Wanderparkplatz hat Anja ihr Auto geparkt – und das Abenteuer geht nach 24 km zu Fuß am dritten Tag zu Ende. Vorerst.
Hard Facts
- Panoramaweg Schwarzatal: Gesamtlänge: 136,7 km
- abgelaufen: ca. 64 km
- Mehr: www.tourenportal-thueringer-wald.de