Die zwischen sanften Hügeln eingebetteten Felder rund um Andisleben und Dachwig erscheinen zunächst einmal nicht als einzigartige Location für eine aufwändige Filmproduktion. Für David Cebulla waren sie so etwas wie ein Glücksfall. Denn hier, im Thüringer Becken sind noch einige Exemplare der stark schrumpfenden Population einer vom Aussterben bedrohten Tierart zuhause.
Die Bedeutung des Feldhamsters für die Biodiversität
Fehlende Nahrungsquellen durch spät keimende Monokulturen oder fehlende Deckung haben Feldhamstern schwer zugesetzt. Dabei wären Maßnahmen wie Blühstreifen mit verschiedenen Kulturpflanzen, Ernteverzichtsstreifen oder Stoppelruhe leicht umzusetzen. Dem Nagetier kommt in Sachen Biodiversität und für die Landwirtschaft eine weitreichende Bedeutung zu: Als Schirmart kommt ihr Schutz vielen Arten in einem intakten Ökosystem zugute. Feldhamster lockern Böden auf, vertilgen Schädlinge und dienen Greifvögeln als Beute. Als Variante sind Schwarzhamster mit ihrer charakteristischen Färbung einzigartig, da sie europaweit nur noch in Thüringen und Russland vorkommen.
Zwei Jenaer im Feld
Bei einer Vorführung seines Naturfilms „Die Rückkehr der Wildkatzen“ wurde David Cebulla vom ehrenamtlichen Feldhamsterkartierer Steffen Adler auf die starke Gefährdung der Nagetiere aufmerksam gemacht. Gemeinsam begaben sich die beiden Jenaer ein paar Wochen später ins Feld, kartierten die Baue der Nagetiere auf den Thüringer Ackerflächen. Es war der Auftakt für einen Naturfilm, der immer größere Dimensionen annahm.
Ein Filmprojekt wächst über sich hinaus
„Anfangs wollte ich mich bei einer Länge von 45 Minuten nur auf Thüringen beschränken“, blickt der heute 33-Jährige zurück, „doch dann ist das Projekt mit vielen weiteren Aspekten immer mehr gewachsen.“ Am Ende erstreckten sich die Dreharbeiten für die spielfilmlange Dokumentation „Die letzten Feldhamster“ von Herbst 2020 bis Oktober 2023, führten an 177 Drehtagen von Thüringen über Polen, Österreich, Frankreich und Ungarn bis nach Kasachstan. Die Kosten von 250.000 Euro wurden zum Teil über Förderungen der Thüringer Staatskanzlei sowie des Thüringer Umweltministeriums und Crowdfunding gedeckt.
Spektakuläre Aufnahmen und Einblicke in ein gefährdetes Ökosystem
Das Ergebnis ist beeindruckend: Dem Filmemacher und seinem kleinen Team gelangen durch die Nutzung von automatisierten Systemen über Drohnen- und Infarotaufnahmen teils einzigartige Aufnahmen der Nagetiere, von ihrem Verhalten bei der Paarung oder Nahrungssuche. Auch Landwirte, Umweltschützer oder – wie in Ungarn mit seinen laxen Naturschutzbestimmungen – Jäger von Feldhamstern kommen in dem facettenreichen Naturfilm zu Wort.
Dreharbeiten an der Grenze des Möglichen
„Besonders nervenaufreibend war der Dreh in Kasachstan. 100 Kilometer von der nächsten Tankstelle entfernt haben wir in der Steppe kampiert und uns nach ergebnislosen Kartierungen von riesigen Flächen zunehmend gefragt, ob wir einem Phantom hinterher jagen und zu viel riskiert haben. Doch das Durchhalten hat sich gelohnt“, so David Cebulla.
Ein kreativer Ansatz: Der Filmemacher als Protagonist
Nicht nur technisch, sondern auch erzählerisch verfolgt „Die letzten Feldhamster“ einen originellen Ansatz: So tritt David Cebulla selbst als rastloser Protagonist in seinem Film auf. Als Vorbild nennt er „Der Herr der Ringe“-Regisseur Peter Jackson, der – was wohl nur Wenigen bekannt ist – ebenfalls als Dokumentarfilmer innovative Ansätze verfolgte, etwa Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus dem Ersten Weltkrieg kolorierte und in 3D konvertierte.
„Mithilfe von Bildern lassen sich Geschichten mit Tiefe erzählen.“
Zum Filmen kam David über die Musik: „Beim Dreh eines Musikvideos habe ich für mich eine neue Dimension entdeckt. Denn mithilfe von Bildern lassen sich Geschichten mit großer emotionaler Tiefe erzählen.“ Neben seinem Biologie- und Ökologiestudium heuerte er deswegen in verschiedenen Projekten fürs Fernsehen an und arbeitete sich vom Setrunner bis zum Regieassistenten hoch. Bei der Zusammenarbeit mit dem aus Gotha stammenden Tierfilmer Andreas Kieling verstand David, dass er beide Leidenschaften miteinander verbinden kann und wagte nach dem Studienabschluss den Sprung in die Selbstständigkeit.
Ein Engagement für den Umweltschutz in eindrucksvollen Bildern
Seitdem tritt er in seinen Naturfilmen über Orchideen, Wildkatzen, wilde Wälder oder – wie jetzt – Feldhamster für Natur- und Umweltschutz ein. Viele Fakten und viel Fachwissen, aber eine anschauliche Präsentation in starken Bildern verbindet die Produktionen. „Die letzten Feldhamster“ feierte kürzlich auf Davids YouTube-Kanal Premiere und kann dort kostenfrei gestreamt werden.
Hard Facts
- Mehr Infos unter: www.feldhamster.eu
- Video findet ihr auf www.youtube.de unter @davidcebulla