Gleichberechtigung geht uns alle an. Sie ist ein Menschenrecht – unabhängig von Geschlecht, Sexualität oder Hautfarbe. Und weil diese Botschaft noch längst nicht in allen Köpfen angekommen ist, widmet sich die Thüringer LSBTIQ*-Koordinierungsstelle im t.akt-Magazin regelmäßig in ihren „Queer-Blog“ Themen, für die sensibilisiert werden muss – ein meinungsstarker Gastbeitrag.
Wahlen und Queerfeindlichkeit in Thüringen
Am kommenden Sonntag steht die Landtagswahl in Thüringen bevor. Seit Wochen beschäftigt uns das Thema Wahlen und Queerfeindlichkeit innerhalb des Parteienspektrums. Diese war im Wahlkampf an einigen Stellen so deutlich, dass wir uns gemeinsam mit dem Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) dazu entschieden haben, ein Wahl-Monitoring ins Leben zu rufen. Hier können queerfeindliche Wahlplakate und queerfeindliche Vorfälle im Zusammenhang mit den Wahlen in diesem Jahr gemeldet werden.
Besonders auffällig mit queerfeindlichen Äußerungen waren die AfD und das BSW, beide haben explizit und populistisch mit Queerfeindlichkeit Wahlkampf betrieben. Das Thüringer BSW äußerte sich zwar im Unterschied zur AfD positiv zu CSDs, jedoch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Sahra Wagenknecht als Namensgeberin der Partei immer wieder mit queerfeindlichen Äußerungen auffällt. Bereits 2021 sprach sie von „skurrilen Minderheiten“, die ihre Identität im Opfersein finden würden. Gemeint waren Queers und People of Color.
Auf dem Rücken von queeren Menschen
Ebenso schoss Wagenknecht 2024 gegen das Selbstbestimmungsgesetz mit unfundierten und unzutreffenden Unterstellungen, dass das Selbstbestimmungsgesetz zu einer Flut von undurchdachten und später bereuten Geschlechtsangleichungen führen würde. Zugang zu medizinischen Eingriffen werden durch das Selbstbestimmungsgesetz allerdings nicht geregelt, sondern lediglich Personenstandsänderungen. Bei einer derartigen Uninformiertheit und dem Willen dazu, populistisch am rechten Rand auf dem Rücken von queeren Menschen Wahlkampf zu betreiben, darf hier vom BSW nicht viel erwartet werden, wenn es um den Schutz queerer Rechte geht.
Spaltung der Gesellschaft
Innerhalb des BSW wird zudem das populistische Narrativ bedient, dass queere Menschen selbst an gesellschaftlichen Anfeindungen schuld seien, da der angebliche politische Fokus auf Identitätspolitik zu einer Spaltung der Gesellschaft geführt habe und die Sorgen der Mehrheitsgesellschaft nicht mehr berücksichtigt worden seien. Diese Sündenbockrhetorik geht zulasten von queeren Rechten und ist im Kern rechtspopulistisch. Konkret kann dies bedeuten, dass queere Projekte durch ein BSW nicht mehr gefördert werden. Das kann auch CSDs betreffen, denn es ist einfache queere Sichtbarkeit, die durch Sahra Wagenknecht kritisiert wird.
Kampf gegen Rechtsextremismus
Klar muss jedoch sein, dass das BSW im Unterschied zur Thüringer AfD auf dem Boden des Grundgesetzes steht und nicht verfassungsfeindlich ist. Höcke als Ministerpräsident würde jegliche Fördermittel für Demokratie, Vielfalt und den Kampf gegen Rechtsextremismus streichen und aktiv Politik gegen Minderheiten betreiben. Queere Menschen haben bereits jetzt durch gesellschaftliche Ausgrenzung häufiger psychische Probleme, geraten leichter in Armut und haben generell einen schlechteren Gesundheitszustand als ihre nichtqueere Peergroup. Für die wenigen queeren Projekte mit hauptamtlich Beschäftigten würde eine AfD-Regierung eine noch unsicherere Finanzierung bedeuten. Das bedeutet, dass sich die ohnehin schon prekäre Versorgungslage für queere Menschen in Thüringen weiter verschlechtern würde.
Das reaktionäre Weltbild der Thüringer AfD, die als gesichert rechtsextrem gilt, würde auch zu einer weiteren Legitimierung rechter und rechtsextremer gesellschaftlicher Positionen führen und im letzten Schluss auch zu mehr Legitimation von rechter Gewalt gegenüber marginalisierten Personen wie Queers. Wir verweisen dazu auf die Thüringer Zustände, herausgegeben von ezra, mobit, KomRex und dem IDZ und explizit auf das Beispiel Sonneberg
Vorfälle rechter Gewalt
Die genannten Organisationen ziehen eine direkte Verbindung zwischen der Wahl des AfD-Landrats und der Verfünffachung der Vorfälle rechter Gewalt im Landkreis Sonneberg innerhalb eines Jahres. Diese Drohkulisse ist auch für queere Menschen spürbar. Es kann nicht sein, dass queere Menschen sich nicht sichtbar in Thüringer Innenstädten zeigen können, während Nazis mit offensichtlichen Insignien unbehelligt sichtbar bleiben können.
Starke Zeichen der Solidarität
Queere Menschen sagen uns, dass sie überlegen, Thüringen zu verlassen, falls es einen AfD-Ministerpräsident geben sollte. Wir sind froh, dass es in den letzten Tagen vor den Landtagswahlen auch starke Zeichen der Solidarität gab. In Erfurt kamen am 25. August zur Demo „Thüringen auf der Kippe“ 7000 Menschen zusammen, um gegen den Rechtsruck zu demonstrieren. Diese Solidarität brauchen wir auch bei den kommenden CSDs in Gotha an diesem Wochenende, dem CSD in Erfurt (7. September) und natürlich bei der Wahlbeteiligung am 1. September, um die Demokratie in Thüringen zu schützen.
Hard-Facts:
- CSD Gotha: 31. August
- Instagram: csd_gotha
- CSD-Woche in Erfurt: 30. August – 7. September |
- Mehr: csderfurt.de | CSD Erfurt