Meterweise Genuss – Zu Gast im Stoff-Café Kabuff in Jena

Es kracht und klirrt. Ein Wasserglas geht zu Bruch. Die Schuldige wollte gerade den Tisch wischen – von ihrem Hochstuhl aus. Sie ist etwa 16 Monate alt und mit ihren Eltern zu Gast im Kabuff. Was nach rumpeliger Abstellkammer klingt ist in Wahrheit eine der beliebtesten und familienfreundlichsten Locations in Jena.

Wohlfühlen im Stoff-Café Kabuff in Jena

Vanessa König lehnt sich zurück und bleibt trotz des Glasbruchs entspannt. Ihre Kolleginnen übernehmen routiniert die Aufgabe, den Eltern beim Aufräumen zu helfen. „Hier bei uns soll und darf sich jeder wohlfühlen, eben vor allem auch Kinder“, sagt die 32-jährige Mitgründerin und -Inhaberin des Kabuffs. Ihr Laden ist unter Jenaer Eltern längst kein Geheimtipp mehr. Vor knapp zwei Jahren eröffnet ist es an diesem regnerischen Herbst-Nachmittag hier genauso voll wie an fast jedem anderen Tag im Jahr. Gründe gibt es viele: Der Cappuccino – aus einer kleinen Rösterei in Gotha – schmeckt nicht nur, er kommt auch mit einem metropolenhaftem Barista-Blatt im Schaum daher. Die verschiedensten Cupcakes in klein und groß sind nicht nur Vanessas Markenzeichen, sondern offenbar auch so verdammt lecker, dass am Ende des Tages selten etwas übrig bleibt. Und wer nichts Süßes mag, kann auch Quiche des Tages oder Salat bestellen – oder zu jeder Tageszeit aus der Frühstückskarte wählen.

Vom plüschigen Schafsflausch über Nadel und Faden

Den ganzen Tag frühstücken zu können – das ist eine nette Geste an ein junges, urbanes Publikum, das wegen des Studiums oder kleiner Kinder oder beidem gleichzeitig akuten Verwöhnbedarf hat und so manchen Tag gern nochmal von vorne begönne. Das Kabuff ist aber mitnichten nur noch ein Café in einer Universitätsstadt. Es ist auch ein stilvoller Stoffladen. Hier kriegt man alles: Vom plüschigen Schafsflausch über exotische Korkstoffe bis zu niedlichen Bio-Baumwoll-Jerseys. Von Nadeln über Fäden bis zu dem Werkzeug, das man braucht, um alles wieder aufzutrennen. Und wer eben zuhause kein Kabuff hat, in der sie – oder er – Nähmaschine samt Stoffsammlung unterbringen könnte, die oder der kann sich im Kabuff einfach eine Maschine leihen und das Klirren der Kaffeetassen und das Quengeln der Kinder einfach um das Ratatatatatat des eigenen Nähprojekts erweitern.

Nähkurse für Jedermann im Stoff-Café Kabuff

„Selbst wenn man kein Profi ist oder gar noch nie genäht hat, geht man nach unseren dreistündigen Kursen mit einem fertigen Teil nach Hause“, weiß Vanessa aus Erfahrung: Jeden Mittwochabend gibt es einen Anfänger-Nähkurs zu einem anderen Thema. Ob Taschen, Shirts oder Kindersachen auf dem Programm stehen, erfährt man auf Flyern, die wie die Speisekarte auf jedem Tisch liegen und im Netz zu finden sind. Der Stoff- und Nähbereich ist übrigens das Reich von Jessica Weiß, Co-Gründerin und Mitinhaberin des Kabuffs.

Genug „Stoff“ für eine neue Idee

Doch wie kommen zwei Alumna der Jenaer Universität auf die Idee, an ihrem ehemaligen Studienort so einen Laden zu eröffnen? Die Geschichte dahinter ist einfach: Vanessa arbeitete nach dem Geographie-Studium als Stadtplanerin in Bayreuth. Sie vermisste Jena, sie vermisste es, für ihre Arbeit unmittelbares Feedback zu bekommen, und sie merkte, dass sie lieber direkt etwas für das positive Flair einer Stadt würde tun wollen. Durch Zufall erfuhr sie vom Leerstand in der Cafémeile Wagnergasse, mit ihrer Freundin Jessica schrieb sie das Konzept, ließ sich professionell beraten und während des Ladenumbaus zur Konditorin ausbilden. Die beiden beantragten Fördergelder und wählten Stoffe aus. Ihre Mitarbeiterin der ersten Stunde Jasmin baute das Stoff-Café mit auf, mittlerweile zählt das Team neun Leute.

Verwöhnprogramm für Alt und Jung

Langsam leert sich das Café und bei genauerem Hinsehen wird klar: Hier waren nicht nur Studierende oder junge Familien zu Gast. Auch zwei ältere Damen unterhalten sich noch angeregt. „Und manchmal verirren sich sogar Männer ohne Kinder ins Kabuff!“, verrät Vanessa und lacht. Warum auch nicht? Auch Männer mögen Kaffee. Und Do-it-yourself besagt ja erstmal nur, dass man seiner Kreativität folgt und etwas Handgemachtes schafft – um sich selbst oder anderen eine schöne Erinnerung zu bescheren.

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