32004 von drei Schülern gegründet hat es Feine Sahne Fischfilet in diesem Jahr erstmals geschafft, mit ihrem siebten Studioalbum auf Platz eins der Deutschen Album Charts zu landen. „Wir kommen in Frieden“ heißt die Pop-Punk-Platte, nach der auch die aktuelle Tour benannt ist. Am 14. Dezember spielen Feine Sahne Fischfilet in Thüringen. Wir sprachen vor ihrem Auftritt in Erfurt mit Frontmann Monchi über Chartspitzen, Haltung und 20 Jahre Bandgeschichte.
Rang eins der deutschen Albumcharts – was macht das mit euch?
Monchi: Das ist Wahnsinn. Als wir Feine Sahne Fischfilet damals auf dem Schulhof gegründet haben, hätten wir vieles geglaubt – aber ganz sicher nicht, dass wir mal auf Platz eins landen. Und jeder, der behauptet, das wäre ihm egal, erzählt Quatsch.
Ich weiß noch genau: Es war ein Freitag, wir bekamen die Nachricht, dass wir auf Platz eins sind und am selben Abend spielten wir bei Rock am Ring vor 50.000 Leuten. Das vergisst du nie. Ich dachte nur: „Alter Verwalter, ab hier kann’s eigentlich nur noch bergab gehen.“ Aber es war einfach magisch (lacht). Und dass in diesen Zeiten noch Leute Platten kaufen, macht uns unendlich dankbar.
Man könnte meinen, dass ist ein schönes Geburtstagsgeschenk – zum 20. im kommenden Jahr, oder?
Total! Ich kann’s selbst kaum glauben. 20 Jahre – das klingt irre. Wir haben so viele Höhen und Tiefen erlebt, und jetzt wollen wir das in Rostock richtig groß feiern. Das ist der Ort, wo ich früher als Jugendlicher selbst auf Konzerten war. Jetzt stehen wir dort auf der Bühne – das ist einfach unbeschreiblich.
Ihr wart ja schon immer eine Liveband. Wie habt ihr euch über die Jahre dahin entwickelt, wo ihr heute steht?
Wir sind echt lange durch die kleinen Clubs getingelt, haben in viel zu kleinen Autos gesessen, Instrumente selbst geschleppt und vor 20 Leuten gespielt. Diese Zeit prägt dich. Ich glaube, das war wichtig. Um zu verstehen, dass Erfolg keine Selbstverständlichkeit ist. Wir kommen gerade vom Abbau unseres eigenen Dorffests – da packen wir selbst mit an, vom ersten bis zum letzten Tag. Wir sind keine Band für den Proberaum, wir machen Mucke, um live zu spielen. Und das ist das Geilste.
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Wenn dann Leute bei den neuen Songs auf einmal schon jede Zeile mitsingen oder wenn wir in Erfurt stehen und merken, wie viele mit uns diesen Weg gehen – das ist einfach unglaublich. Dafür bin ich allen, die uns über die Jahre begleitet haben, richtig dankbar.
20 Jahre – das ist viel Zeit. So lange halten manche Ehen nicht. Was ist das Erfolgsrezept eurer Band-Ehe?
(Lacht) Ich hab‘ mal gelesen: „Was kurz dauert, kann leicht sein. Was lange dauert, ist nie einfach.“ Das trifft’s ziemlich gut. Wir hatten Phasen, in denen wir keinen Bock mehr hatten. Aber man muss lernen, sich wieder zusammenzuraufen. Kai, mit dem ich die Band damals gegründet habe, ist bis heute mein Freund – das ist etwas sehr Besonderes.
Wir haben da diese Songzeile: „Lass uns schauen, was uns verbindet, nicht was uns trennt.“ Das ist unsere Philosophie – in der Band, aber auch im Leben. Natürlich gibt’s Streit, aber am Ende zählt, dass man sich wiederfindet. Und ich glaube, die Leute merken das: Wir stehen da oben als Einheit.
Auf dem neuen Album sind Features mit Finch und Miss Platnum. Wie kam das zustande?
Finch ist im Osten super präsent. Wir sind uns mal beim ZDF über den Weg gelaufen und haben uns dann persönlich getroffen. Ich hab‘ keinen Bock, Songs mit Leuten zu machen, die ich nicht kenne. Und da hat’s einfach gepasst.
Früher waren wir vielleicht zu sehr Schwarz-Weiß-Denker. Aber Veränderung ist was Gutes – bei sich bleiben, aber nicht stehen bleiben, das ist wichtig. Wir haben den Song beim Resistenzia-Festival gespielt und die Leute sind völlig durchgedreht. Finch ist das ganze Wochenende geblieben, wir sind mit meinem Vater Boot gefahren. Das war total schön. Ich bin echt stolz, dass wir das zusammen gemacht haben.
Ein Song auf eurem Album heißt „Awareness Konzept“. Ich bin mir nicht ganz sicher, was ihr damit sagen wollt…. Geht’s darum, dass sich immer mehr Clubs oder Veranstaltende damit schmücken, es aber in Wahrheit nicht ernst nehmen?
Genau darum geht’s. Uns geht’s nicht darum, Awareness zu bashen – im Gegenteil. Fortschritt ist wichtig. Aber manche benutzen das, um sich moralisch über andere zu stellen. Dieses „Wir sind reflektierter und besser als ihr“ finde ich peinlich. Ich nehme das vielen einfach nicht ab. Es geht im Song auch um diese Moralapostel-Schiene – Leute, die sich über andere erheben, statt echt zu bleiben.
Bei uns gilt: Alle Sünder sind willkommen. Solange du kein Überzeugungsarschloch bist, komm vorbei. Ich will keine sterile Szene, wo alle brav und perfekt sind. Ich will echte Menschen mit Fehlern, mit Herz – auch die, die schon mal Scheiße gefressen haben oder auf die Nase gefallen sind. Wenn wir unser Dorffest machen, sind alle willkommen: Prolls, Assis, Spinner, Herzmenschen – alle. Nur Arschlöcher bleiben draußen. Ein 16-jähriger Monchi würde heute wahrscheinlich gar nicht mehr zu den Zecken passen, weil alles so brav geworden ist. Und genau da wollen wir ein Gegenpol sein: Offen, ehrlich, unperfekt – aber echt.
Ein weiterer Song heißt „15 Jahre“. Blickt ihr da romantisch zurück?
Auf jeden Fall. Der Song ist total persönlich. Mit 15 hatte ich eine heftige Prügelei mit Dorf-Faschos. Ich hab‘ mich damals im Suff komplett mit denen angelegt, wurde bewusstlos, mir wurde ins Gesicht getreten – am Ende waren meine Frontzähne raus. Am nächsten Tag hatte meine Mutter Geburtstag. Ich kam völlig zugerichtet nach Hause, sie saß mit ihren Freundinnen beim Kaffeetrinken. Das steckt in der Zeile „Sorry Mama, die Party ist aus.“ Danach ging’s direkt zum Zahnarzt und ich hab‘ wochenlang nur Suppe gesoffen.
Aber genau das ist das Schöne an Musik: Du bleibst nicht an solchen Scheißmomenten hängen. Und wenn ich das Lied heute singe und alle mitsingen, dann ist das das schönste Gefühl der Welt.
Wenn man sieht, was politisch gerade in Ostdeutschland passiert – wie gehst du damit um?
Es gibt gute und schlechte Tage. Manchmal denkst du, alles geht den Bach runter. Aber dann geh ich raus zum See, guck mich um und denk: Nee, es gibt noch genug Gutes. Wir dürfen uns nicht permanent mit Weltuntergangs-Nachrichten zuballern. Das macht einen kaputt.
Ich lebe auf dem Dorf, 54 Prozent wählen hier AfD – und der Peak ist noch nicht erreicht. Aber das ist kein Ost-West-Ding, das ist Stadt-Land. Wir müssen da durch. Wichtig ist, dabei Mensch zu bleiben. Keine Ideologien, keine Überheblichkeit – einfach anständige Werte behalten. Wenn du das schaffst, hast du schon viel erreicht.
Ihr wart auch in Sonneberg und habt dort Mikro-Konzerte gegeben – was war das für ein Erlebnis?
Das war richtig geil. Wir haben den Kneipenbesitzer kennengelernt, der meinte: „Kommt vorbei, spielt hier!“ Und dann haben wir das einfach gemacht. Kurz vorher standen wir noch vor 30.000 Leuten – und dann in einer 200-Leute-Kneipe, fünfmal hintereinander, weil so viele rein wollten. Wenn du siehst, wie Leute vor Freude heulen, weil sie mal für eine Stunde alles vergessen können – das ist unbezahlbar.
Warum Feine Sahne Fischfilet am Tag der Wahl kostenfrei in Thüringen auftrat
Klar, Kultur kann die Welt nicht retten. Aber sie kann Momente schaffen, die Menschen Hoffnung geben. Und das ist das, was zählt. Das Krasse ist: Viele aus Sonneberg kommen jetzt nach Erfurt zum Konzert. Wenn sie Karten kaufen wollen und wir sagen, „Ihr braucht doch keine“, sagen sie: „Doch, wir wollen!“ – dann weißt du, du hast bei den richtigen Leuten gespielt.
Was nimmst du nach 20 Jahren Bandgeschichte für dich persönlich mit?
Dass man sich nie zu wichtig nehmen sollte. Ehrlich bleiben, Bock haben, machen. Und dass es das Beste ist, mit Menschen unterwegs zu sein, die man liebt. Wir können die Welt nicht retten – aber wir können sie manchmal für ein paar Stunden schöner machen. Und das ist mehr, als man denkt.
Feine Sahne in Erfurt
- Wann: 14. Dezember | 18.30 Uhr
- Wo: Messe Erfurt
- Tickets gibt es hier!
- Mehr auf der FSF-Homepage
