Eine Ausstellung, die sich zwischen dem Song „London Callin“ von The Clash und dem Film „Berlin Calling“ von Paul Kalkbrenner bewegt, eröffnet am kommenden Freitag um 18 Uhr in der Galerie Mieze Südlich in Gera. Zu erleben sind Leinwände, Skulpturen, Zeichnungen, Objekte, raumgreifende Installationen, Wort-/ Soundinstallationen, denen allen ein ungegenständlicher Ansatz gemein ist: der Bezug zum aktuellen Weltgeschehen.
Berliner Ausstellung in Gera
Am Tag der Ausstellungseröffnung jährt sich der Beginn des Angriffskrieges russischer Streitkräfte auf die Ukraine, der auch seine Spuren in den Ateliers der Künstler:innen hinterlässt. Bezüge gibt es in einigen Arbeiten, weshalb sich Kurator Dirk Teschner auch von The Clash inspirieren ließ. „London Calling aus dem Jahr 1979 entwirft ein Endzeitszenario: Krieg, Hungersnot, Klimakollaps, Flut und dem Nuklearunfall im britischen Kernkraftwerk Three Mile Island, eingebettet in einen Refrain, dessen titelgebende Phrase ‚London Calling‘ die Berichterstattung des BBC World referenziert.“
Einige der gezeigten Arbeiten für die Ausstellung entstehen erst vor Ort in Gera. So wird im kleinen Ausstellungsraum der Mieze Südlich eine Installation, bestehend aus (u.a.) Malereien und einer videografischen Performance, von Anne Mundo aufgebaut. Durch die Visualisierung von Denkansätzen und einer Sichtbarmachung des Prozesses entsteht eine künstlerische Arbeit, mit deren Hilfe sich die Künstlerin an Realitäten annähern kann. Dadurch schafft sie sich ein Bewusstsein über Zustände, Identität, Zeit und Raum, wie Dirk mitteilt.
Sammlung von Staub
Der Künstler Manfred Peckl zeigt seine Staubzeichnungen, in denen er sich mit der Sichtbarmachung vergangener Spuren auseinandersetzt. Staub wurde an verschiedenen Orten von Erfurt, anlässlich einer dortigen Ausstellung im Kunsthaus, an der Synagoge, im Kellern alter Häuser, in den Gassen der Altstadt in kleinen Mengen gesammelt. Der Staub diente als grundlegende Beimischung neuer Farben. Mit ihnen zeichnete er Pflanzen, die die jeweiligen Fundorte im Titel tragen. Eine poetische Arbeit über Vergänglichkeit und Gegenwart.
Der Raum und seine Wahrnehmung,
Das Hauptthema von Isabelle Borges künstlerischen Arbeiten ist der Raum und seine Wahrnehmung, der Raum hinter dem Raum – der Zwischenraum. Für die aus Brasilien stammende Künstlerin ist dieser Zwischenraum nicht leer, sondern wie ein Stoff, der sich faltet und bewegt. Die in ihrer Malerei geschaffene Räumlichkeit entsteht in diesem Sinn durch die „Faltung“ von Flächen und Linien.
Jessica Buhlmann führt ihre Erkundungen im dichten Material durch und führt die Betrachter:innen zugleich ins Freie: Durch Komposition und Improvisation entstehen mehrdimensionale skulpturale Collagen aus subtilen Beziehungen und fragilen Gleichgewichten. Die Skulpturen von Johannes Weiss haben ihren Ursprung in den Gegenständen des urbanen Alltags. Mobiliar des Stadtraumes wie Bänke, Straßenlaternen, Mülleimer, Regenrinnen, Tische und Stühle bieten die Grundlage für Abstraktion. Durch einen meist monochromen Anstrich werden die Objekte auf ihre bloße Form reduziert, und der Fokus wird von der Funktionalität auf die ästhetische Qualität der Dinge verlagert.
Die unverkennbaren Wurzeln
Wer beim Titel „Berlin calling“ an den Soundtrack von Paul Kalkbrenner zum gleichnamigen Film denkt, erlebt mit DAG einen Mitgestalter von Clubkultur der letzten 30 Jahre in Berlin. Obwohl seine Arbeiten längst in Galerien zu sehen sind, sind die Wurzeln unverkennbar. DAG sagt über seine Arbeiten: „Seit meinemStudium arbeite ich mit abstraktgeometrischen Formen. Beeinflusst durch Kasimir Malevich oder Wassily Kandinsky sind sie der Ausgangspunkt meiner ungegenständlichen Bilder und Wandmalerei. Als Künstler im post-sozialistischen und wiedervereinigten Berlin habe ich seit meinen frühesten Arbeiten versucht, eine eigene Handschrift zu finden und einen Stellenwert in der aufkommenden Techno-Scene der 1990er Jahre einzunehmen“, so DAG
Über Fensterlautsprecher der Häselburg werden Passanten während den Ausstellungszeiten die Arbeit von Jan Jelinekhören. Die lautpoetische Collage „Zwischen“ versammelt 12 lautpoetische Collagen, die zugleich 12 Antworten auf 12 Fragen gibt. Allen Antworten ist gemeinsam, dass sie in öffentlichen Interviewsituationen aufgezeichnet worden sind. Aus der Artikulation der Befragten werden ihre Verzögerungen und Stockungen extrahiert und aneinander montiert. Es entstehen Klangcollagen, die eine archaische Körpersprache abbilden: Modi des Atmens, Planungsphasen, gärende, nach Sinn ringende Wortpartikel, die sowohl in lautmalerischen Tumult ausbrechen als auch in sonores Rauschen abdriften können.
Es geht aber auch um Spuren und Stimmen
Mit den Künstler:innen, die bei der Ausstellung zu sehen sind, arbeitet Dirk Teschner teilweise schon länger zusammen, manche, wie DAG, begleitet er seit Beginn seiner künstlerischen Laufbahn. „Alle leben in Berlin und prägen auf ihre Weise jeweils bestimmte Szenen der vielfältigen Kunstlandschaft Berlins. Es geht aber auch um Spuren und Stimmen, die gezeigt werden“, sagt der Kurator und verrät, warum man sich die Ausstellung in der Mieze Südlich auf keinen Fall entgehen lassen soll: „Es ist eine spannende Übersicht aktueller Kunst, ein Sound aus Berlin.“
Hard Facts:
- Berlin calling Vol. 3: Mieze Südlich | Häselburg | Burgstraße 12 | Gera
- 25. Februar bis 7. April | Öffnungszeiten: Do.: 11 bis 18 Uhr | So.: 14 bis 18 Uhr
- Auch mit Voranmeldung an miezesuedlichgera@gmail.com
- Vernissage: Freitag | 24. Februar | 18 Uhr