Etwa 40.000 Menschen, über 100 DJs, Künstler und Künstlerinnen, Dutzende Techniker, Securitys sowie Helfer, neun Zeltplätze, acht Dancefloors und Bühnen, unzählige Fressbuden, Verkaufsstände, Bars und mehr – Das SonneMondSterne Festival (kurz SMS), eines der größten Open-Air-Musikfestivals der elektronischen Tanzmusik in Europa, findet am 12., 13. und 14. August das 24. Mal in Thüringens Saalburg-Ebersdorf statt. Der idyllisch an der Bleilochtalsperre gelegene kleine Ort im Saale-Orla-Kreis verwandelt sich für ein Wochenende in die Heimstadt des Techno. Viele Raver klatschen da die Hände über dem Kopf zusammen, dass nach zwei Jahren Pandemiepause endlich wieder am Saalburg-Beach getanzt werden kann. Denn wie viele andere musikalische Großveranstaltungen musste auch das SMS in den vergangenen beiden Jahren aufgrund von Corona ausfallen. Da ist die Freude beim Veranstalter Seekers Event aus Jena groß. Doch wird das SonneMondSterne wie in den Jahren zuvor? Gibt es Neuerungen oder Einschränkungen? Wir sprachen vorab mit SMS-Sprecher Philipp Helmers über Camping, Techno und Festivalvorbereitungen
Das 24. Festival ist es in diesem Jahr? Rechnet man die Corona-Ausfälle mit ein, seid ihr über ein viertel Jahrhundert alt. Wie fühlt sich das an?
Die 24. Ausgabe hätte sich 2020 bestimmt genauso angefühlt. Es ist eine unfassbar lange Zeit. Das Festival gibt es seit 1997 und es ist beeindruckend, zu sehen, wie sich die SMS in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Wir haben nie den Pfad Techno und elektronische Musik verlassen, blieben uns treu und so sind wir auch zum aktuellen Status gekommen: im Vorfeld immer ausverkauft. Aber ein viertel Jahrhundert fühlt sich auf jeden Fall nach viel an.
Ihr seid und wart ein eingespieltes Festival-Team. Wie hieltet ihr euch in den vergangenen zwei Jahren über Wasser?
In Saalburg initiierten wir den Saalburg-Beach. Das ist ein Projekt, das wir schon lange verwirklichen wollten. Einen touristischen Stellplatz direkt am Wasser mit Strandbar und mehr. Das hat als Beschäftigungstherapie ganz gutgetan. Wir wussten zudem, dass es ja irgendwann mal wieder weiter gehen muss, das hielt und mental über Wasser.
Förderung beantragtet ihr auch, wie ich auf eurer Homepage sah.
Ja. Von der Initiative Musik und dem Programm Neustart Kultur. Die Förderung lief jedoch in einem anderen Rahmen ab, weil wir nicht so viele laufende Kosten hatten wie beispielsweise Clubs.
Jetzt kann es endlich wieder losgehen. Was waren die Tücken, die in diesem Jahr auf euch zukamen?
Zum einen ist es so, dass sich viele, viele Dienstleister und Mitstreiter wegen der Pandemie notgedrungen umorientierten. Menschen, die beispielsweise Veranstaltungstechnik übernehmen, konnten in den vergangenen zwei Jahren keine Arbeit finden. Da ist einiges weggebrochen. Auch im Security- und Servicebereich hat uns das vor enorme Herausforderungen gestellt. Glücklicherweise fingen wir recht früh wieder an zu planen und suchten deshalb zeitig Gespräche, sodass wir das Grundlegendste gewährleisten können.
Die Hoffnung, dass das Festival wieder stattfinden kann, habt ihr euch auch in den vergangenen zwei Jahren nicht nehmen lassen und trotzdem vorsichtig geplant. Nahmt ihr Künstler:innen aus den vorherigen Planungen mit?
Genau, wir nahmen sie jedes Jahr mit. Schon für 2020 waren wir mit einem Gros der Künstler:innen sehr zufrieden und haben sie deshalb weiter im Line-up gelassen. Alleine schon, weil wir 2020 bereits die Hälfte der Tickets verkauft hatten und die Leute entschieden sich ja auch für das damalige Line-up.
Hat sich das Festival im Vergleich zu der Vorcoronazeit verändert?
Nicht wirklich. Das Festival wird ohne Auflagen veranstaltet. Klar ist natürlich, dass jeder Acht geben muss. Wer will, kann gerne Maske tragen. Tatsächlich verändert sich jedoch nicht viel. Wir haben acht Stages. Sieben davon bleiben wie gehabt erhalten. Wir haben einen neuen Dancefloor am Strand. Da arbeiten wir mit einem neuen Partner, der Station Endlos aus Halle, zusammen. Ansonsten bleibt alles, wie es ist, weil 2022 nicht unbedingt das Jahr für Experimente ist.
Never change a running system …
Das sowieso. Die Gegebenheiten vor Ort sind wie sie sind. Da holten wir schon in den vergangenen Jahren das Maximum raus.
Zu den Bühnen: Wie viele Floors bzw. Zelte habt ihr dieses Jahr?
Wir haben den Maincircus und zwei Clubzelte. Die Restlichen sind Open-Air-Bühnen.
Gibt es wieder Kooperationen mit Cocoon oder ähnlichen Clubs und Labels?
Natürlich, da sind die gleichen an Board. Cocoon spielt eine wichtige Rolle. Katermukke aus Berlin kuratieren einen Floor am Strand, der tatsächlich 47 Stunden durchweg Musik spielt. Dann kooperieren wir mit Blacklist aus Köln, die Tekkhouse und Trap spielen. Wir haben ein Drum-and-Bass-Zelt. Und die Second-Stage am Strand kuratieren wir selbst. Da arbeiten wir nicht mit Kollektiven zusammen.
Die Mainstage und den Maincircus kuratiert ihr auch?
Genau. Das Booking ist Chefsache. Bei den anderen Stages gibt es Kooperationen.
Wie sieht es derzeit mit dem Kartenvorverkauf aus?
Bei den vergangenen Festivals war die SMS ziemlich schnell ausverkauft… 2020 hatten wir bereits die Hälfte der Tickets verkauft. Mit dem Vorverkauf für dieses Jahr starteten wir vergangenen Sommer. Da verlief der Vorverkauf zunächst eher schleppend. Natürlich waren die Leute noch immer skeptisch. Im März 2022 sind wir erneut in die Kommunikation gegangen und verkündeten, dass die SMS in diesem Jahr auf jeden Fall stattfindet. Das klappte gut. Jetzt sind etwa 1.000 Tickets übrig und die werden wahrscheinlich bis zum Festival weg sein. (Anm. d. Red.: Seit 16. Juli ist das Festival ausverkauft.)
Mit wie vielen Besuchern rechnet ihr?
Mit allem Drum und Dran sind es 40.000 Besucher.
Das ist doch ein Erfolg, würde ich sagen…
Absolut. Man hört allerorts von erneuten Festivalabsagen, wie beim Wireless- und Puls-Festival. Bei Letzterem wurde das allerdings mit Personalmangel begründet. Und da gibt es noch ein paar weitere Beispiele. Wir wissen, dass im Moment die Kartenverkäufe zögerlich verlaufen. Da sind wir echt glücklich, dass es bei uns funktioniert. SonneMondSterne ist eine national bekannte Marke, davon profitieren wir jetzt.
Ihr habt die Ticketpreise relativ konstant halten können. Lediglich das Camping wird teurer. Wie kommts? Weil die Nacharbeit so kostenintensiv ist? Die Infrastruktur?
Beides. Zum einen hat man eine inflationsbedingte Steigerung. Das ist Marktwirtschaft. Alles wird immer etwas teurer und das müssen wir weitergeben, sonst zahlen wir drauf. Dann ist es natürlich so, dass die Felder komplett gereinigt werden müssen, weil sie landwirtschaftlich genutzt werden. Das ist aufwendig. Zudem werteten wir die Infrastruktur in den vergangenen Jahren auf, mit Showerworlds und so weiter, dass jeder sich halbwegs bequem der Körperpflege hingeben kann. Zudem ist eine Info nicht ganz irrelevant. Wir hatten in den vergangenen Jahren immer einen Supermarkt auf dem Campingplatz vor dem Eingang zum Festivalgelände. Da kooperierten wir mit Real, aber diese Kooperation gibt es nicht mehr. Demzufolge haben wir leider keinen Supermarkt. Wenn sich die Leute auf dem Campingplatz verpflegen wollen, sollten sie vorher noch einmal einkaufen.
Wie versucht ihr dem Thema Nachhaltigkeit Rechnung zu tragen?
Wir werden 2019 dahingehend kopieren. Da führten wir die „Save the beach“-Kampagne weiter, in der wir auffordern, wenig Verpackungsmüll mitzubringen, nichts herumzuwerfen und die Wohnzimmereinrichtung zu Hause zu lassen. Dann ist es so, dass wir extra kleine Müllautos mieten, die den ganzen Tag über den Campingplatz fahren, wo die Leute ihren Müll reinwerfen können. Das ist immer ganz witzig, weil sie mit Musik unterlegt sind. Zudem achten wir darauf, bei fester Infrastruktur grünen Strom zu beziehen.
Stichwort Anreise und 9-Euro-Ticket: Es könnte voll werden. Was ratet ihr den Besuchern, die Anreisen?
Das Neun-Euro-Ticket ist ja etwas, dass uns nur halb tangiert. Mit dem Zug kommt man höchstens bis nach Lobenstein. Zudem reisen sehr viele Besucher mit dem Auto an. Und da sagen wir den Leuten, dass sie das Fahrzeug füllen sollen, sonst bekommt man am Ende auch in Saalburg Platzprobleme. Zudem könne alle, die mit dem Zug anreisen, ab Donnerstag mit ihrem Festival-Ticket kostenfrei den Bus-Shuttle vom Bahnhof Bad Lobenstein zum Festivalgelände nutzen … und natürlich auch zurück.
Warum sollte man sich das 24. SMS auf keinen Fall entgehen lassen?
(Lacht) SonneMondSterne ist eine der ersten Adressen, was Techno und elektronische Musik angeht. Dementsprechend gestaltet sich auch unser Line-up. Wir sind zwar älter geworden, aber auch immer besser und die Besucher:innen haben beim SMS nach wie vor drei oder sogar vier hervorragende Tage. Nicht zuletzt wegen der Landschaft. Und bei der Musik kann man sich schon sehr gut hingeben.
Wird der kommende runde Geburtstag dann wieder groß gefeiert?
Natürlich werden wir das nicht einfach so abtun. Die Ideen sind da, aber da ist noch nichts spruchreif. Auf jeden Fall versuchen wir alles, dass es ein großes Fest wird.
Hard Facts:
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