Er wollte beim CSD Frauen zur Seite stehen, die homophob mit den Worten „Lesbische Hure“ und „Verpisst euch“ attackiert worden waren. Daraufhin wurde trans Mann Malte C. von einem bislang unbekannten Mann angegriffen. Brutal ins Gesicht geschlagen. Malte habe das Gleichgewicht verloren, bevor ihn ein weiterer Faustschlag im Gesicht traf. Dann habe der 25-Jährige das Bewusstsein verloren und sei mit dem Kopf auf den Asphalt aufgeschlagen. Knapp eine Woche nach dem Vorfall starb Malte. Die Tat hatte in Münster und deutschlandweit für Entsetzen gesorgt, berichtet queer.de. Das war Anfang September 2022.
Gewalt gegen die Queere-szene
Eine Trans Frau ist ebenso Anfang September von einer Gruppe von etwa 15 Kindern und Jugendlichen in einer Straßenbahn in Bremen beleidigt worden. Außerdem rissen sie ihr die Perücke vom Kopf. Einer der Jugendlichen schlug der Frau mit beiden Fäusten ins Gesicht. Die 57 – Jährige wurde schwer verletzt, sie musste später ins Krankenhaus eingeliefert werden. Erst als andere Fahrgäste eingriffen, ließen die Jugendlichen von der Frau ab und flüchteten, vermeldet der Spiegel. Der transfeindliche Angriff ist gerade einmal zwei Wochen her.
Sie sei eine Kämpferin gewesen…
Am 14. September 2021 übergießt sich Ella N. auf dem Berliner Alexanderplatz wortlos mit Benzin und zündet sich an. Ein Kaufhausmitarbeiter eilt zu Hilfe und löscht Ellas brennenden Körper mit einem Feuerlöscher. Doch die Verletzungen sind zu schwer: Noch am selben Tag verstirbt die trans Frau im Unfallkrankenhaus Berlin. Ella sei eine Kämpferin gewesen, sagt ein Freund, doch der Behördenstress und die alltägliche Diskriminierung hätten sie ausgebrannt, heißt es in einem Beitrag der taz.
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Am 12. Februar 2020 wurde der 52-jährige Mario K. in seiner Wohnung im Südosten der Ostthüringer Stadt Altenburg brutal ermordet. Er wurde von zwei jungen Männern mit einem Messer angegriffen und mit Schlägen und Tritten gegen Oberkörper und Kopf traktiert. Erst am 23. Februar wurde der Leichnam am Tatort aufgefunden. Die Staatsanwaltschaft Gera wirft den 19- und 23- jährigen Angeklagten Mord vor. Laut ezra, der Beratungsstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Thüringen, gäbe es mehrere Hinweise auf eine rechte Einstellung der Täter und die Art der Tatbegehung sprechen ganz klar für ein rechtes bzw. homofeindliches Tatmotiv.
Don’t hide your pride!
Die aufgeführten „LGBTQ+“-feindlichen Straftaten sind nicht etwa vor langer Zeit passiert. Es sind Morde und Attacken, die sich vor Kurzem ereigneten. Vor unserer Haustür! Es sind Taten, an die der CSD in Altenburg am kommenden Wochenende gedenken will. Am 17. September um 12 Uhr startet die zweite Christopher Street Day Parade in der ehemaligen Residenzstadt am Bahnhof. Das Motto des Demozuges lautet „Vielfalt ist Freiheit – Don’t hide your pride!“, eine Überschrift, die nicht von ungefähr gewählt wurde, erklärt Torge Dermitzel. Der Organisatoren des CSDs kennt sich bestens mit Homofeindlichkeit und Diskriminierung aufgrund von Sexualität aus. 2021, als er die erste Demo in Altenburg organisierte, wurde er angefeindet. Das ging bis zu Morddrohungen in den Sozialen Medien. Und in diesem Jahr? „Eine gewisse Kontinuität an Abneigung, verbalen Ausfällen und Beleidigungen ist geblieben“, erklärt der Aktivist, der laut eigener Aussage schon etwas abgestumpft ist. „Doch das darf eigentlich nicht sein. Menschen fliehen aus ihren Ländern, weil sie sonst getötet werden. Sie kommen hierher und nehmen sich das Leben, weil sie hier auch überall auf Diskriminierung stoßen.“
Queerenfeindlichkeit kostet Leben!
In einer 30-minütigen Rede soll an ebene jene eingangs erwähnten Opfer erinnert werden. „Die Leute müssen das einfach mal anhören und verstehen lernen, dass es um etwas geht. Der CSD ist keine Ballermann-Party! Wir machen das nicht, um uns selbst zu beweihräuchern. Strukturelle Queerfeindlichkeit in der Gesellschaft kostet Leben! Allein schon der Fall von Mario K., der in Altenburg ermordet wurde, schockiert. Aus einem Bericht eines Sachverständigen geht hervor, dass er eine solche Art von Verstümmelung des Kopfes durch Schläge und Tritte noch nie bisher gesehen hat. Da wurde mit solch einem Hass und Brutalität auf Mario eingewirkt, dass sogar ein Stück des Messers im Brustkorb steckenblieb. Das ist gruselig. Wir müssen den Menschen klar machen, dass es um etwas geht und die Probleme der Gesellschaft aufzeigen“, sagt Torge.
Weit entfernt von allumfassender Akzeptanz
Bei einer Zwischenkundgebung am Theater soll explizit am Mario K. erinnert und ein Banner ausgerollt werden. Zudem werde es eine Schweigeminute für Malte geben. Auch über Ella aus Berlin sowie über den Vorfall in Bremen soll gesprochen werden. Bedrohungslagen beim Erfurter CSD, eine Gegendemo beim CSD in Gotha – auch in Thüringen sei man noch weit von allumfassender Akzeptanz entfernt. „Und genau aus diesem Grund gehen wir auf die Straße“, erklärt der Aktivist, der lange mit seinem Team auf den 17. September hingearbeitet hat.
Der CSD in Altenburg
Unter anderem ist ein Awareness-Team vor Ort, der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow spricht ein Grußwort und einige lokale Vereine und Akteure solidarisieren sich mit dem CSD in Altenburg, der nach dem Demozug um 14 Uhr in ein Straßenfest mit Infoständen, Kunstausstellung, Mit-Mach-Aktionen, Live-Musik, Redebeiträge, Podiumsdiskussion, Kuchenbasar, Gartenkino und mehr am Roßplan und am Nikolaikirchhof mündet. Und über allem schwebt das Motto: „Vielfalt ist Freiheit. Don’t hide your Pride!“, denn wie steht es in den Social Media Kanälen des CSD Altenburg so schön: „Diese klare Botschaft ist für die Community in den Provinzen wahnsinnig wichtig, weil sie dort oft nicht sichtbar ist – aus Selbstschutz und vor Angst der Diskriminierung. Wir wollen Altenburg, das Altenburger Land und darüber hinaus vielfältiger, bunter und toleranter machen, sodass alle Menschen hier gerne leben, frei leben und sich nicht hinter Maskerade oder Wunschvorstellungen der Mehrheitsgesellschaftern verstecken. Don’t hide your pride honey – du bist nämlich genau so toll und wunderbar, wie du bist!“
Hard Facts:
- Wann: 17. September | 12 Uhr
- Wo: Altenburger Bahnhof
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