Doreen Bergmann wollte ursprünglich in die große weite Welt hinaus, doch ihr Glück fand sie in ihrem Heimatdorf Stelzendorf. In ihrer Patisserie bietet die vierfache Mutter alles, was das Genießerherz begehrt. Das Magazin Der Feinschmecker krönte ihre Patisserie mehrmals als eines der besten Cafés und sie ist auch in den Medien präsent, etwa bei MDR „Riverboat“, MDR Radio Thüringen oder der „Drehscheibe“ im ZDF.
Doreen Bergmann führ eine preisgekrönte Patisserie in Stelzendorf
Doreens Leben und das ihrer Familie dreht sich um die Patisserie in Stelzendorf, einem kleinen Ort mit 17 Häusern und 94 Einwohnern in Thüringen. Das war nicht immer so. Die studierte Juristin träumte davon, in Brüssel im feinen Zwirn zu arbeiten. Nie hätte sie sich damals vorstellen können, dass sie mit Mitte 40 in ihrem Heimatdorf mit Mann und vier Kindern leben und Torten backen würde. Doch heute weiß sie, dass genau das ihr Leben erfüllt und sie glücklich macht.
Wir sprachen mit Doreen über ihr Weihnachten in dem 100-Seelendorf im Landkreis Greiz, das sich unglaublich pittoresk anhört. Generell trägt sie im Interview immer ein Lachen auf den Lippen. Fast könnte man meinen, sie will der Frau vom Weihnachtsmann Konkurrenz machen mit ihrer liebevollen, offenen Art, der man gerne zuhört: Ein Stelzendorfer Weihnachtsmärchen.
Doreen, wann beginnt für dich die Weihnachtszeit?
Weihnachten beginnt bei uns schon früh – eigentlich im Oktober. Dann plane ich bereits, welche Weihnachtsplätzchen ich backen möchte. Das macht mir einfach die größte Freude! Für mich gibt es nichts Schöneres als Plätzchen zu backen. Manche Sorten brauchen Zeit, um weich zu werden, also starte ich frühzeitig mit den Vorbereitungen – zumindest gedanklich (lacht).
Aber nicht, weil ich wie ein Supermarkt schon im Sommer Weihnachtsmänner aufstelle, sondern weil es mir so viel Spaß macht. Ich kann es kaum erwarten, dass die Weihnachtszeit endlich beginnt!
Du bist ja Mutter. Hast vier Kinder. Was bedeuten dir die Weihnachten gemeinsam mit deiner Familie?
Weihnachten hat für mich als Mutter von vier Kindern eine besondere Bedeutung. Zwei meiner Kinder sind schon ausgezogen – mein Sohn studiert in Greifswald, meine Tochter in Leipzig. Deshalb ist Weihnachten die Zeit, in der wir alle zusammenkommen und als Familie richtig harmonieren. Ich backe für jedes Kind die Lieblingsplätzchen, und es macht mich glücklich, dass meine Kinder Weihnachten so gern mit uns verbringen.
Da wir selten alle beisammen sind, genießen wir diese Momente besonders. Wir spielen Spiele, verbringen Zeit miteinander und haben einfach eine gute Zeit. Das klingt vielleicht etwas pathetisch, aber ich empfinde es genauso. Ich habe wirklich tolle Kinder. Sie sind modern, skaten, und ihr Style ist total zeitgemäß, aber an Weihnachten sind sie geerdet und traditionell.
Ein weiterer schöner Aspekt ist, dass unser Café – das Teil unseres Zuhauses ist – an Weihnachten geschlossen bleibt. Es gehört dann nur uns. Wir nutzen die große Küche, kochen zusammen und genießen die gemeinsame Zeit. Wenn mein Mann keinen Dienst im Krankenhaus hat, ist er ebenfalls dabei, was das Fest noch besonderer macht. Ich habe das Gefühl, dass unsere Kinder viel reifer sind, als wir es damals in ihrem Alter waren. Sie wissen, dass diese Zeit irgendwann vorbei sein wird und dass solche Momente unglaublich wertvoll sind.
Wie viele Weihnachtsplätzchen hast du eigentlich gebacken und was ist dein Lieblingsweihnachtsgebäck?
Wie viele Weihnachtsplätzchen ich gebacken habe? Unzählige! Ich probiere ständig neue Rezepte aus und finde immer wieder Inspiration. Es gibt immer irgendwo einen Teig, der gerade kühlt, oder eine Glasur, die schon fertig wartet. Es hört wirklich nie auf – eine echte „Neverending Story“. Mein absolutes Lieblingsgebäck ist übrigens eine Brezel mit Salzkaramell-Füllung. Einfach himmlisch!
Das ist aber jetzt kein typisches Weihnachtsgebäck.
Mein Herz ist so groß, da passen viele Plätzchenrezepte rein. Das ist auch mein Problem – an Weihnachten muss ich viel Sport machen, damit ich viele Plätzchen essen kann.
Bäckst du gerne mit deinen Kindern?
Ehrlich gesagt, habe ich das über die Jahre weitgehend vermieden. Mit Kindern zu backen klingt zwar schön, ist in der Praxis aber oft anstrengend. Hin und wieder lasse ich mich überreden. Jedes meiner Kinder darf einmal im Jahr mit seiner Schulkasse bei uns backen. Dafür braucht man definitiv starke Nerven … (lacht). Aber dieses Jahr hat das richtig Spaß gemacht. Besonders die Jungs waren dem Patisserie-Zauber erlegen. Unabhängig davon: Es mag egoistisch klingen, aber am liebsten schleiche ich mich sonntags, wenn unser Café geschlossen ist, in meine Backstube und backe dort ganz in Ruhe für mich allein.
Gibt es bei euch in der Patisserie ein „Survival Kit“ für die stressigste Zeit des Jahres?
Das gibt es nicht. Aber man kann sich unser Backbuch mitnehmen. Da sind ganz viele tolle Rezepte drin.
Hast du ein Beispiel?
Naja. So schiefe Sachen aus dem Kindergarten. Aber das ist ja lieb …
Glaskugeln aus Lauscha hängen da nicht?
Doch, die haben wir auch. Unser Baumschmuck ist eine wilde Mischung aus Mama will es schön haben, die Kinder haben aber etwas gebastelt, was nicht unbedingt meinen Weihnachtsbaumgeschmack entspricht, und dass muss dann halt ran gebaumelt werde (lacht).
Wie sieht bei euch der 24. Dezember aus?
Wir sind Frühstücker. Unser Tag beginnt mit einem ausgiebigen Frühstück, das sich oft über Stunden zieht. Danach besuchen wir die Kirche, wo ein Krippenspiel stattfindet, bei dem alle Kinder unter 14 Jahren mitmachen. Es kommen viele aus den Nachbarorten, denn das Krippenspiel in Stelzendorf gilt als das beste in der Gegend. Unser Pfarrer freut sich jedes Jahr darüber, weil die Gemeinde alles selbst organisiert, einschließlich des Handläutens der Kirchenglocken. Diese Aufgabe wird reihum von den Familien im Dorf übernommen – für die, die an Weihnachten dran sind, ist das ein besonders arbeitsreicher Tag.
Nach der Kirche treffen wir uns in der Dorfmitte. Dort erscheint noch einmal der Weihnachtsmann, und der Feuerwehrverein entzündet ein Feuer. Bei Glühwein kommen alle 17 Haushalte zusammen und feiern gemeinsam. Erst danach geht jeder nach Hause, um zu essen und die Geschenke auszupacken. Meistens schließen wir den Abend mit einem Brettspiel ab.
Was kommt bei dir am 24. auf den Tisch?
Ein vegetarisches Essen. Linsenbraten mit viel Gemüse und Rosmarinkartoffeln.
Warum kein Kartoffelsalat und Würstchen?
Auf so normal Sachen komme ich immer gar nicht (lacht).
Und an den beiden Weihnachtsfeiertagen gibt es auch was Leckeres?
Unser Sohn hat am 26. Dezember Geburtstag. Da gehen wir oft mit der ganzen Familie essen. Aber nicht traditionell. Vergangenes Jahr waren wir in Leipzig syrisch esse. Wir suchen dann immer etwas, das ein bisschen verrückt ist. Außerdem holen wir meine Großeltern zu uns, die mit 92 und 94 Jahren noch ziemlich fit sind. Sie wohnen etwa 30 Minuten entfernt. Auch meine Mutter kommt dazu und kocht Thüringer Klöße. Mein Mann, der kein großer Fan von vegetarischem Essen ist, freut sich dabei besonders über eine ordentliche Portion Fleisch (lacht). Vier Generationen sitzen dann zusammen, inklusive meiner Schwiegermutter. Dieses Treffen findet immer im Café statt, und alle genießen diese gemeinsame Zeit sehr.
Welches Stelzendorfer Rezept rettet dich, wenn die Gäste spontan an Weihnachten vor der Tür stehen?
Waffeln! Mit Tonkabohne. Und Kirschkompott oder Apfelmus. Wir sind teilweise Selbstversorger und haben im Herbst so viele Äpfel übrig, dass wir nicht wissen, wohin damit.
Hast du eine Lieblingsweihnachtstradition?
Mit den Jahren lasse ich immer mehr los und lege meinen Perfektionismus ab. Wenn die Kinder im Schlafanzug am Tisch sitzen oder es mal nicht perfekt aufgeräumt ist, finde ich das in Ordnung. Ständiges Klagen oder Stressen mag ich gar nicht. Bei uns darf jeder so sein, wie er ist.
Gastgeben macht Spaß, aber es ist auch toll, wenn jeder etwas zu Essen mitbringt und so der Stress reduziert wird. Weihnachten einfach mal entspannt angehen. Traditionen entstehen, wenn die Familie eine gute Zeit zusammen hat. Wenn man sich trifft und erst mal drei Stunden lang streitet, hat niemand etwas davon. Es macht keinen Sinn, so viel Druck auf diese Zeit zu legen.
Was gibt es bei dir am Silvesterabend?
Immer Raclette.
Mit besonderen Zutaten?
Das ist ähnlich wie mit den Plätzchen. Ich denke mir lange vorher die verschiedensten Dips aus. Ich könnte irgendwann ein Raclette-Kochbuch herausbringen, weil ich es liebe, viele Kleinigkeiten vorzubereiten. Das mag ich auch beim Frühstück: viele Kleinigkeiten probieren.
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Was darf beim Raclette nicht fehlen?
Käse! Selbstgemachte Chutneys und Dips sind ebenso eine gute Sache.
Und wie verbringst du den Silvesterabend?
Sehr langweilig. Mein Mann hat dieses Jahr Dienst im Krankenhaus. Die Kinder sind alle verabredet. Ich werde zu meinen sehr alten Großeltern fahren, die ich bereits erwähnte. Keine große Party für mich dieses Jahr.