Willkommen zurück, zurück auf der Erde. Was bringst du mit, was gibt’s zu erzählen? Autogramme vom Glück, so ist das Leben. Wie schön es ist, dich wiederzusehen. Willkommen zurück.“ Mit dem Refrain seines Hits „Willkommen zurück“ (feat. Andreas Bourani) bringt Clueso ziemlich gut das Gefühl auf den Punkt, an Weihnachten nach Hause zu kommen. Viele herzliche Umarmungen. Der Familie berichten, was in den vergangenen Wochen passiert ist. Sich willkommen fühlen. Das ist es doch, was für viele das Weihnachtsfest ausmacht. Aber passiert eigentlich an Heiligabend bei Thüringens derzeit erfolgreichstem Musiker? Wir verraten es euch in unserem großen Weihnachtsinterview mit Clueso.
Clueso im Weihnachtsinterview
Hey Clueso, du bist ja schon lange im Geschäft und hast bestimmt Hunderte Interviews gegeben. Gibt es etwas, worüber du gerne in einem Interview reden würdest?
(Lacht) Geile Frage … Du, ich würde wahrscheinlich ein normales Gespräch führen, also nach dem Motto: „Hey wie geht’s? Was läuft bei dir so?“. Einfach talken und sich kennenlernen. Gespräche, die organisch verlaufen, das mag ich am meisten. Ansonsten wurde ich wirklich schon alles gefragt, was man jemanden fragen kann. Da fällt mir spontan nichts ein. Ich rede natürlich gerne über Musik, ganz klar. Aber damit würde ich die Leute dann nur langweilen.
Alles klar, dann habe ich ein kleines Thema mitgebracht.
Ach, schön.
Ich habe das Thema „Weihnachten“ im Gepäck. Wie ich gesehen habe, hast du fleißig auf Instagram einen Weihnachtskalender am Start?
Shit, genau. Ich muss für heute das Türchen noch posten. Ganz vergessen …
Ach, du machst den selbst?
Den mache ich selbst, natürlich. Ich denke mir jeden Tag was aus. Manchmal dauert das auch bis zu einer Stunde, bis der Post fertig ist.
Ganz schön viel Arbeit, huh?
Ja. Mittlerweile fluche ich da schon manchmal. Was hab‘ ich mir dabei nur gedacht … (lacht)
Hast du auch einen normalen Adventskalender mit Schokolade, oder gibt es so was bei dir nicht?
Ich habe tatsächlich einen Advents-Lakritz-Kalender mit verschiedenen Sorten. Ich mag Lakritze. Aber da gibt es auch kein Dazwischen. Ich kenne niemanden, der sagt, er isst manchmal Lakritze. Entweder sagen die Leute „Hau ab mit dem Mist“ oder „Ja, geil!“.
Wo steht der Adventskalender?
Der steht hier in meiner Küche. Ehrlich gesagt lege ich den morgens immer beiseite, weil ich zu dieser Tageszeit noch nicht so „sweet“ bin, aber abends nasche ich auf jeden Fall.
Und deine Küche ist in Erfurt oder Berlin, oder wo wohnst du derzeit?
Nee, ich bin in Erfurt. Ich wohne in der Innenstadt und bin hier zu Hause. In letzter Zeit war ich öfter hier. Ich muss derzeit nur sporadisch weg. Jetzt am Sonntag fahre ich kurz nach Berlin. Für den Verein SOS Mediterranee geben wir ein Streaming-Konzert mit Peter Fox und verschiedenen anderen Künstler:innen. Danach düse ich wieder zurück.
Schmückst du zur Weihnachtszeit eigentlich deine Wohnung, oder steht nur der Adventskalender rum?
Ich habe im vergangenen Jahr, ehrlich gesagt, zum ersten Mal geschmückt. Also bei mir zu Hause zumindest. Über Weihnachten fahre ich zu meinen Eltern, und da ist alles toll dekoriert. Mein Vater baut meist ein kleines Gesteck. Er bastelt das immer selbst, und das finde ich total süß. Wir haben die Angewohnheit, den Apfelbaum im Garten zu schmücken. Irgendwann hat mein Vater, der sehr viel im Garten arbeitet und auch viel mit Pflanzen macht, es nicht übers Herz gebracht, einen Baum extra für Weihnachten zu fällen. Wir sagten dann zu ihm: „Ach komm, wir haben keine Tanne, dann schmücken wir einfach den Apfelbaum.“ Das machen wir jetzt jedes Jahr. Diese Zeremonien liebe ich. Wenn der Geruch von Spekulatius in der Luft hängt, wir dann russische Märchen schauen … Ich weiß nicht, wie oft wir die Geschichte mit der Hexe Baba Yaga schon gesehen haben, aber wir feiern das jedes Mal. Das ist für mich eine Art Ankommen.
Demnach bist du an Weihnachten bei deiner Familie? Übernachtest du auch dort und bist über die gesamten Feiertage da?
Ja, mein Bruder und ich pennen tatsächlich dort und sind entweder in unserem alten Kinderzimmer oder im Keller. (lacht). Das ist dann wie früher. Mein Bruder ist zwei Jahre älter, der wohnt hier in Erfurt auch gegenüber, und wir haben einen guten Draht. Manchmal hören wir an Weihnachten nachts dann Hörspiele oder labern und sind einfach wieder ein bisschen kleine Kinder.
Das klingt schön. Da kann man auch gut eine Brücke zu deinem aktuellen Album schlagen, du hast einen Song mit Andreas Bourani aufgenommen. Der passt wie die Faust aufs Auge, wenn du nach längerer Zeit zurück in der Heimat bist und die Leute dich fragen: „Was bringst du mit? Was gibt es zu erzählen?“ Das ist bestimmt auch Thema bei euch.
Ja, natürlich. Ich bin aber auch froh, wenn die anderen mal etwas erzählen. Meine Eltern und ich haben einen guten Draht. Wir unterhalten uns im Alltag viel über das, was so passiert. Aber klar: es wird immer ein bisschen abgefragt: „Wie geht es dir? Was hast du so vor? Ach Mensch, das Klavier muss mal gestimmt werden, ich kenn da jemanden.“ So was in der Art. Tatsächlich hat mein Vater mir mit seinem Kumpel einen alten Flügel besorgt, den wir jetzt abholen und stimmen lassen wollen. Das ist Thema seit ungefähr einer Woche.
Gibt es bei euch an Heiligabend einen Zeitplan? Kaffee trinken, danach Kirche und abends Bescherung?
Bei mir persönlich passiert so etwas aus dem Bauch heraus. Aber die Elterngeneration ist da, denke ich, viel pünktlicher. Alles muss im Rahmen bleiben. Mich juckt das nicht, wenn wir um 19 Uhr Kaffee trinken, aber meine Eltern schon. Deswegen trinken wir Kaffee gegen 15/16 Uhr. Und natürlich gibt es wahnsinnig viel zu essen. Das heißt, wir treffen uns, und es gibt zunächst lecker Mittag. Meine Mutter macht an Heiligabend immer Hühnerfrikassee. Das hat noch keiner so lecker hinbekommen wie sie. Nach dem Mittag gehen wir ein bisschen spazieren, und um 15 Uhr stehen schon Kekse und Kuchen bereit. Danach gibt es nur eine kleine Verschnaufpause. Das Abendbrot steht schon in den Startlöchern. Es geht alles sehr schnell und ist auf jeden Fall gut durchgetaktet. Man kommt sich vor wie in einem Retreat.
Bloß ohne Yoga.
(lacht) Ohne Yoga und mit wahnsinnig viel Essen.
Also ein Essens-Retreat. Auch nicht schlecht.
Ja. Ein Essens-Retreat, aber erholsam!
Singst du dann mit deiner Familie unterm Weihnachtsbaum und spielst Klavier? Welche Rolle spielt Musik an Weihnachten für dich?
Nein, eher nicht. Ich habe an Weihnachten keine Motivation zu singen. Meine Eltern sind da auch nicht so. Das wäre denen vielleicht auch zu dick aufgetragen. Wenn meine Mutti und mein Vati ein Instrument spielen würden, wäre das vielleicht etwas anderes. Dann würde man eher zur Klampfe greifen. Mit meinem Opa habe ich früher viel Musik gemacht und meine Familie dadurch auch. Weihnachtsmusik anmachen ist aber kein Problem. Selbst wenn es nur die alten DDR-„Leise rieselt der Schnee“-Platten sind. Das finden wir alle lustig. Ich höre aber auch gern Weihnachtssongs von Frank Sinatra. Das hat etwas Zeitloses.
Und wann gibt es von dir mal ein Weihnachtsalbum?
Bis jetzt gibt es keins. Ich kann mir das auch nicht wirklich vorstellen. Vielleicht ergibt sich das aus einer Situation heraus, ähnlich wie beim Song „Zusammen“ mit den Fantastischen Vier, der für die WM genutzt wurde. Das war vorher nicht geplant. Ich habe schon immer gesagt, ich setze mich nicht hin und schreibe Fußballlieder oder eine Weihnachtsplatte. Ich glaube, da würde ich eher einen Geburtstagssong schreiben.
Gibt es Traditionen, die dir wichtig sind und an die du dich gern erinnerst an Weihnachten zu Hause?
Die eine Tradition gibt es nicht unbedingt. Das Festliche an sich ist schön. Oder kleine Zeremonien wie Räucherkerzen anzünden. Ich glaube, jeder kennt den Schwibbogen, den man in der Weihnachtszeit auspackt und der einfach geil aussieht. Und jeder hatte auch diese blöde Pyramide, die irgendwann aufgehört hat sich zu drehen und sich selbst ankokelte. Oder kleine Engel, bei denen die Flügel kaputt sind. Oder diese kleinen Kugeln, die schon über 40 Jahre alt sind und bei denen man schauen muss, dass sie nicht kaputt gehen, wenn man versucht sie an den Baum zu hängen.
Wie sieht es mit Geschenken aus? Kriegt dann jeder ein Album mit „Cluewein“?
Ach (lacht), die bringe ich so mit. Aber das ist nicht das Geschenk. Ehrlich gesagt haben wir uns abgewöhnt, uns Dinge zu schenken. Wir handhaben das so: Wenn jemand was braucht, dann wird das einfach gekauft. Bei erzwungenen Weihnachtsgeschenken kann man eh ganz schön ins Klo greifen. Eine kleine Geste reicht oft. Wobei wir jedoch tatsächlich auch schon Fernseher verschenkt oder uns gegenseitig ein neues Handy gekauft haben. Aber es ist nicht so, dass wir etwas schenken müssen.
Erzähl mir doch kurz was zum „Cluewein“, den Spezialglühwein, den es vor Weihnachten auf deiner Homepage gab. Wie kam es dazu?
Eine Freundin von hat mir vor einem Jahr einen Glühwein geschenkt, den sie mit „Cluewein“ gelabelt hat. Sie führt einen kleinen Geschenkeladen hier in Erfurt in der Pergamentergasse.
Das „Trüffelschwein“?
Genau! Ich dachte mir, das machen wir noch mal. Wir suchten also einen Winzer aus der Gegend, der richtig guten Wein macht. Keine Plörre, sondern richtig guten Glühwein. Das war der Anspruch. Die Aktion hat so viel Anklang gefunden, dass ich überlege, das nächstes Jahr zu wiederholen.
Hast du noch weitere Geschenketipps für uns?
Ja und nein. Normalerweise ist Schenken eine sehr persönliche Sache und recht individuell. Aber wenn ich ein LastMinute-Geschenk suche, dann geht zum Beispiel immer eine Boombox. Also so ein Bluetooth-Lautsprecher. Der darf nicht zu klein und nicht zu groß sein, und man muss ein bisschen auf die Qualität achten. Ich kenne niemanden, der sich nicht darüber freut, selbst wenn er schon eine hat. Ansonsten sollten Geschenke immer individuell ausgesucht werden.
Ein gutes Geschenk wäre doch beispielsweise ein Ticket für dein Konzert am Domplatz! Gibt es da denn noch welche?
Auf jeden Fall. Das Konzert wird draußen stattfinden, und man merkt, dass die Leute Bock darauf haben. Das Domplatz-Konzert war beim letzten Mal so fett, dass ich beschlossen habe, das irgendwann mal wieder zu machen.
Auf dem Domplatz spieltest du zuletzt 2017. Wie war es, vor dieser Kulisse in deiner Heimatstadt aufzutreten?
Das war eines der besten Konzerte überhaupt. Das sagten meine Eltern, Freunde, Musiker, Gäste – einfach alle. Wir fragten damals den Dompfarrer, ob wir den Dom anleuchten dürfen. Er war superlieb und erlaubte es uns. Mehr Heimat geht für mich eigentlich nicht. Am Ende gab es noch ein kleines Feuerwerk. Es war grandios. Musikalisch hängten wir uns natürlich auch rein und probten monatelang. Damals gab es eine heikle Diskussion wegen der Zäune. Die sollten höher gemacht werden, weil es so viele Zaungäste in Erfurt gibt. Doch da hab‘ ich vorab Veto eingelegt und gesagt: „Ey, wir sind kurz vor Ausverkauf, lasst doch alle gucken.“ Und es war wirklich krass. Die Straßenbahn wurde quasi lahmgelegt. Der ganze Petersberg war voll. Auf dem Domplatz selbst gab es 15.000 Besucher und ringsum so 5000 bis 10.000. Ich weiß nicht, wie viele Jahre ich schon in Erfurt an diesem Platz vorbeigelaufen bin und wie oft ich auf dem Domplatz saß als Kind und Jugendlicher, aber so etwas habe ich dort noch nie erlebt. Da war ich schon den Tränen nahe.
Traditionell spielst du zudem immer zwischen den Feiertagen auf der Messe. Fehlt dir das?
Absolut, das ist ja auch für die Leute ein Zusammenkommen und für mich eine Art Tradition, zwischen den Feiertagen auf der Messe zu spielen und den Thüringer Fans nahe zu sein. Das vermisse ich. Wir hatten die Halle vorab zwar geblockt, aber aus Vernunft dann abgesagt. Ich hoffe, dass wir bald wieder so gigantische Konzerte abfeiern können.
Ja, das hoffen wir alle. Nutzt du die Zwangspause und chillst wenigstens ein bisschen, oder ist dein Terminkalender trotzdem voll?
Er ist wahnsinnig voll. Das hat gar nicht so viel mit der Pandemie zu tun. Die Medien haben sich extrem geändert. Es ist nicht mehr so, dass ich nur ein Interview gebe. Jeder Radiosender hat mittlerweile auch TV, jeder hat noch Twitch, Twitter, Insta, Facebook … Man glotzt eigentlich ständig in irgendwelche Kameras. Und weil ich 2021 so viele Singles rausgebracht habe, bin ich permanent auf Promo-Tour. Der Terminkalender war brechend voll.
Ach, da ist doch ein schönes Telefoninterview im HomeOffice mit dem t.akt-Magazin ganz angenehm …
Ja, tatsächlich. Ich hocke gerade in meiner Bude und hab ‘nen Kaffee in der Hand. Und genieße das auch. Wobei ich face to face auch cool finde.
Und hast du auch schon Pläne für Silvester?
Nein, noch nicht. Vielleicht schaffe ich es ja mal rauszukommen. Ich bin da aber auch eher der spontane Typ. Ich glaube, immer wenn man versucht, die fetteste Party des Jahres zu machen, dann wird das nichts.
Man kann auch einfach ‘Dinner for One’ genießen oder Bleigießen. Wie stehst du zu solchen Silvester-Traditionen?
Find‘ ich ziemlich geil. Ich wollte tatsächlich mal mein eigenes Bleigießen herausbringen, weil hinten nie draufsteht, was man sieht. Da könnten ja auch mal witzige oder dumme Beschreibungen draufstehen. Ich bin selbst nie derjenige gewesen, der so was gekauft hat, aber wenn jemand das gemacht hat, war ich am Start. Inzwischen – früher war das anders – reicht mir auch nur ein Knaller an Silvester, eine Rakete, ein zeremonielles Ding. Ich muss nicht mehr voll ausgerüstet sein, das ist vorbei. Meistens gehe ich dann zu Freunden. Oft lande ich bei einem Freund von uns, Frithjof vom Atomino Studio in Egstedt, seine Familie macht eigentlich jedes Jahr eine Party, wo wirklich alle zusammen Musik machen. Da kommen ganz viele verschiedene Menschen zusammen: Kinder, Freunde, die Generation meines Vaters … Das war immer eine schöne Party.
Nun, dann sind wir ja schon am Ende des Interviews und im neuen Jahr angelangt. Was bringt 2022 denn für dich?
Es gibt viel zu tun. Zunächst noch ein paar Songs rausbringen, die ich rumliegen habe. Und Features mit Leuten produzieren, mit denen ich mich treffen will. Das heißt, es wird definitiv weiter neue Musik geben. 2022 bin ich bei der neuen Staffel der Vox-Show „Sing meinen Song“ dabei. Dafür bereite ich mich gerade vor und beschäftige mich mit den einzelnen Artists, schreibe Lieder um und so weiter. Ab Mai gibt es die ersten Festivals. Ich habe viele Open-Air-Anfragen angenommen. Zu guter Letzt will ich 2022 endlich auf Tour gehen. Das Jahr ist demnach schon knackevoll. Was aber normal bei mir ist – ich weiß oft am Jahresende, was im neuen Jahr geplant ist.
Und wir wissen es jetzt auch. Vielen Dank für das herzliche Gespräch. Ich wünsche dir ganz tolle Weihnachten.
Ey, das wünsche ich dir auch – und natürlich auch allen t.akt-Lesern und Leserinnen. Schöne Weihnachten, fröhliches Zusammenkommen. Genießt die Momente!