Anfang letzten Jahres war Martin Fink in Südafrika unterwegs – für ein Projekt, in dem er dieses Mal anderen Kreativen den Vortritt ließ. Auf Initiative der HOPE-Stiftung, welche in Kapstadt ein Projekt für Schulkinder initiierte, gelangte der Weimarer Künstler als Teil eines größeren Teams nach Delft, um dort in einer – wie er es nennt – „Blechbüchsenlandschaft“ tätig zu werden, die als alternativer Wohnort für die Fußball-WM 2010 geschaffen wurde und auf Vorbilder in den 1960er Jahren während des Zeitalters der Rassentrennung zurückgeht.
Kunstprojekt in der Peripherie
Zahlreiche klapprige Wellblechverschläge, die wie eine Collage aus fragilen Schichten anmutet, dominieren den trostlosen Peripherie-Stadtteil mit der höchsten Kriminalitätsrate der Metropole. Willkürlich wurden hier einander fremde Menschen mit dunkler Hautfarbe angesiedelt – fernab jener abgeschotteten Villenviertel, um die wohlhabende Weiße hohe Mauern gezogen haben. Und mittendrin: ein Kunstprojekt. Die ursprüngliche Idee stammte vom Illustrator Marian Kretschmer, der zusammen mit einer Kunsttherapeutin und Erziehungswissenschaftlerin die Kinder vor Ort dazu aufrief, ihrer Schule und der Umgebung einen neuen Anstrich zu verpassen.
Leben zwischen schmucklosen Containern
Dabei sind viele farbenfrohe Ideen und Kunstwerke fernab eines idealisierten Afrikas entstanden, die zwischen den schmucklosen Containern zumindest ein Stückweit Lebensfreude gedeihen ließen. Delft am Rande von Kapstadt ist ein Ort, der Deutschland nicht fremder sein könnte. Armut ist allenthalben sichtbar. „Viele Einheimische leben nicht einmal 20 Kilometer davon entfernt, haben aber im Alter von 20 oder 30 Jahren noch nie das Meer gesehen“, beschreibt Martin Fink die elenden Lebenssituationen. Nicht nur die hier erworbenen Eindrücke, auch seine Erfahrungen auf Reisen wie in die Salzwüste Boliviens oder in entlegene Gebirgslandschaften Patagoniens, saugt er als Inspiration für seine Kunst auf. Geboren 1983 in Bitterfeld, lebte er schon in früher Kindheit für zwei Jahre in Sao Paulo in Brasilien, bevor er schließlich an der Bauhaus-Universität in Weimar Freie Kunst studierte. Schnell fand er dabei das Thema, was seine Kunst bestimmen sollte: Der öffentliche Raum und die utopische Stadt.
„Ich habe damit begonnen, Schnappschüsse meiner Umgebung zu erstellen. Schnell habe ich aber gemerkt, dass ich kein guter Fotograf bin und mich mit Kunstinstallationen, Street Art oder 3D-Graffiti beschäftigt“, rekapituliert Martin Fink seine zahlreichen erprobten Medien, in denen er seinem eigentlichen Thema stets treu geblieben ist. Der ausgebildete Grafikdesigner träumt in seinen Werken von einer urbanen Landschaftsarchitektur, die er in seiner Kunst dekonstruiert, dem Ganzen die Summe seiner Teile beraubt, sie zu etwas Neuem zusammensetzt.
Künstlerische Neuerschaffung
Die Umgebung formt den Menschen, Armut und Kriminalität verpasst ihm Narben im Gesicht. Damit spielt Martin Fink: Als Künstler gestaltet er mit eigener Topologie neue idealisierte Orte – wobei seine Kunst autobiografisch geprägt ist. „Wenn man lange genug auf eine Wand schaut, beginnt sie sich aufzuschieben und eine neue urbane Landschaft tritt hervor. Die Welt sehe ich dann als eine gewaltige Photoshop-Datei, die in vielen übereinanderliegenden Ebenen aufgelöst ist.“
Flächen und Formen sind fluide
Daraus manifestiert sich bei Martin Fink eine utopische Stadt, die er 2012 MUNROI taufte: Analog gemalte oder digital fotografierte Collagen wurden aus ihrer eigentlichen Umgebung herausgeschnitten und verschmelzen in dynamischen Formen wieder miteinander. Flächen und Formen sind fluide, entfernen sich driftend voneinander, ergeben neue fiktive, ihrer Funktion enthobene architektonische Körper. Ihre zuweilen puzzleartige Anordnung widersteht dabei dem Eindruck klar strukturierter geometrischer Formen. Dies zeigt sich besonders deutlich an der Reihe „MUNROI – Shifted Architecture“.
Martin Fink ist nicht nur ein Grenzgänger, sondern überschreitet diese auch. Kein Wunder also, dass seine Werke demnächst nicht in der nüchternen Umgebung einer Galerie, sondern auf einem medialen Event zur Kontemplation einladen. Das Kontor Erfurt liefert für ein Verschmelzen von Kunst, Design und Technik eine ideale Location. In den Industriehallen des Mehnert Lab für Robotik im Herzen des Erfurter Stadtteils Ilversgehofen startet mit „Art*Music & Technology“ eine einzigartige Veranstaltungsreihe, in der seine Werke sowie die seines Atelierpartners Michal Schmidt in einer einzigartigen Veranstaltung ausgestellt sind. Martin Fink wird dabei sicher wieder viele Eindrücke aufsaugen.
Hard Facts:
- Ausstellung der Werke von Michal Schmidt und Munroi, Musik von Sven UK: 25. Januar 17 Uhr | Kontor Erfurt | Hugo-John-Straße 8
- munroi.com
- Insta: @martinfink.munroi
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