Die Musik von nand ist schwer einzuordnen. Ferdinand Kirch, wie der in Bayern geborenen Musiker heißt, macht im besten Sinne der Beschreibung den Sound für den Moment. Er fängt ihn textlich ein und kleidet ihn in ein eindringliches, repetitives und oft fluffiges, manchmal auch düsteres Kleid aus Funk, Groove und Pop. Für das gewisse Etwas würzt er seinen Sound mit einem Hauch von Schlager, Witz und Ironie. Auf der Bühne, wo wir ihn im vergangenen Jahr in Erfurt erleben durften, lädt Ferdi-nand dazu ein, in seine Songs und sein Denken einzutauchen.
Musik, die Lust auf mehr macht
Der junge Würzburger Künstler, Trompeter, Sänger und Produzent packte uns in eine wohlig-warme und leicht theatralische Kuscheldecke, die Lust auf mehr macht. Und auch privat überzeugt nand im Interview durch überlegte Worte, die einen feinen Geist sowie unbändige-kreative Energie enttarnen. Im Jahr 2021 mit seinem Titel Wohlfühlen auf der Bild- und Tanzfläche erschienen, beweist nicht zuletzt sein umfangreicher Output von bis dato vier Alben und drei EPs, dass er gekommen ist, um zu bleiben – und dass er mehr will … Wir trafen Ferdinand Backstage im Kalif Storch und sprachen mit ihm über Motivation, Bilder im Kopf und Sonnenblumen.
Beschreib doch mal deine Musik.
In meiner Musik vermische ich die verschiedensten Einflüsse. Viele davon kommen aus den 80ern und 90ern. Vor allem aus der Zeit, in der Kraftwerk eine enorme Rolle spielte. Sie sind ein Vorbild für viele Musiker:innen heutzutage – ob man es nun will oder nicht. Kraftwerk arbeitet viel mit den Drums von Roland und ich nutze die auch sehr gerne. Textlich lasse ich mich sehr von Falco inspirieren. Sein Sprachfluss ist sehr spannend. Man bezeichnet ihn ja auch als einen der ersten Rapper. Also Falco, Kraftwerk und Oldschool-Synth-Pop beeinflussen mich derzeit sehr.
Du hast einen außergewöhnlichen Sound. Mit nichts zu vergleichen. Müsste ich zu jemanden sagen, nand klingt wie … könnte ich in der Tat keinen Vergleich ziehen. Wie schaffst du das?
Ich glaube, jeder, der kreativschaffend sein will, der etwas macht, sei es im Handwerk oder egal was, der möchte am Ende seine eigene Handschrift in das Geschaffene reinpacken. Ich merkte aber relativ schnell, dass das nicht mein Grundziel ist. Ich bin eher am Lerneffekt interessiert, daran zu zusehen, wie andere es machen und dann aus den verschiedenen Einflüssen meinen eigenen Stil zu finden.
Eigentlich studierte ich Architektur. Hier lernte ich, dass ein roter Faden bei Projekten total wichtig ist. Der rote Faden steht nicht für ein bestimmtes Element, sondern es können mehrere Elemente sein, die am Ende wieder eine Komposition ergeben. Bei mir ist das vor allem die Trompete. Textlich ist es dieses Fragmenthafte – dass man nicht immer alle Sätze wiedergibt. Ich spiele oft mit Worten und bin repetitiv.
Wie entsteht dein Sound? Trompete und Stimme – klar. Wie noch?
Da gibt es verschiedene Varianten. Mal starte ich mit dem Text, mal mit der Melodie. Die bekanntesten Tracks von mir beginnen in der Regel mit dem Beat. Ich produziere selbst von zu Hause und schreibe meist noch am gleichen Abend den Text dazu. Nach drei, vier Stunden ist meistens ein Song so weit angelegt. Damit arbeite ich dann …
Gerade erst erschien dein neues Album „Durch die Blume”. Auch dieses Jahr erschien das Album „Wie es ist“. Du hast einen gigantischen Output. Wie machst du das?
Weil ich alles selbst produziere, muss ich keine Zeit dafür aufbringen, einen Produzenten zu suchen oder jemanden zu finden, der mir Liedtexte schreibt. Ich spare mir da sehr viel Zeit. Und kann meinen Workflow nutzen. Es gibt natürlich Wochen, in denen ich so gar keine Motivation besitze, etwas zu komponieren. Vor allem während der Tour. Generell habe ich aber Lust, ständig Musik zu machen. Wenn ich Musik höre oder entdecke, gibt es auch Momente, in denen ich etwas megakrass finde und super inspiriert werde. Dann suche ich mir ein, zwei Elemente aus dem Song raus und setzte mich sofort hin und arbeite an etwas Neuem.
Im Vergleich zu deinen ersten Songs auf den EPs „0815“ und „Wohlfühlen“ hat sich deine Musik schon etwas gewandelt. Und trotzdem bleibst du deinem Sound treu. Was hat sich deiner Meinung nach mit „Durch die Blume“ geändert?
Die Qualität der Produktionen ist anders. Es gibt auch Songs, in denen ich detaillierter geworden bin und mehr Text singe oder die vielleicht auch ein wenig poppiger klingen. Die Musik ist auch diverser geworden. Mit „Durch die Blume” bin ich aber meiner Meinung nach eher einheitlicher geworden.
„Auf dem Balkon chillen wir mit Spritz eisgekühlt im Glas. Machen wir heute nichts, Babe. Du bist bei mir, ich fühl mich gut mit dir. Ich schenk‘ dir ’nen Aperol Spritz ein Lass uns heute dicht sein, lass uns heute schlicht sein.“ Mit deinen Texten holst du Menschen mitten im Leben ab. Sei es bei deinem Song „Aperol Spritz“ oder „Kaffee und Kuchen“: „Du bist heute bei mir. Wir haben Kaffee und Kuchen jetzt schon serviert. Das ist lecker und saftig. Kaffee und Kuchen, und du bist da.“ Sofort denkt man an Mutti und das nächste Kaffeekränzchen. Deine Texte sind teilweise so banal, dass die schon wieder genial sind. Wie identifizierst du diese alltäglichen Situationen und gießt sie in einen Text? Das stelle ich mir gar nicht so einfach vor, weil es Situationen sind, in denen man einfach lebt, genießt, den Kopf aus macht …
Oft versuche ich, mit wenig Wörtern viel zu sagen. Oder ich erschaffe ein Bild. Ich finde, bei Liedern mit sehr viel Text bleibt nicht genug Spielraum, sich selbst ein Bild im Kopf zu erschaffen. Alles ist vorgegeben. Wenn ich aber wenige Worte oft wiederhole, wird es leichterer, sich etwas vorzustellen oder sich in diese Situation, dieses Bild hineinzuversetzen.
Oft sind es Momente, mit denen sich jeder irgendwie identifizieren kann, auch wenn sie eigentlich eher banal erscheinen. Greifst du dann einfach Situationen aus dem Alltag auf?
Ich würde sagen, ich bewege mich thematisch in mehreren Sparten. Zum einen gibt es da das Thema Sekt, Aperol Spritz, Kaffee trinken – so ganz banale Alltagssituationen, die man spaßhaft transformiert. „Kaffee und Kuchen“ ist inspiriert von altem Schlager. Es hat nichts mehr mit dem heutigen Schlager zu tun, der eher in ein Malle-Ding mutierte. Eher mit dem spaßigen, humorvollen und hochwertigen von damals. Meine Musik soll Leichtigkeit transportieren und die Leute sollen sich über wenige Worte verbinden können.
Im Video zum Song „Hey Girl“ wird es offenbar. Deine Musik mit viel Ironie gewürzt. Meinst du, das braucht man heutzutage, um einigermaßen durch das Leben auf dieser Welt zu gehen?
Meistens produziere ich zuerst den Beat und anschließend den Text. Dabei strömt die Ironie einfach aus mir raus. Der Beat für „Hey Girl“ ist superepisch geworden. Da stellte ich mir beim Hören sofort eine Landschaft vor. Dass man beispielsweise durch die Alpen fliegt wie ein Vogel. Die Textzeile „hey Girl“ öffnet die Seele aber das folgende „Ich habe dich total vermisst”, wirkt dann schon eher satirisch, was eventuell daran liegt, wie ich es singe oder betone. Aber meine Musik soll immer eine Ernsthaftigkeit besitzen und eine Emotion entwickeln.
Deine Musik ist an sich schon ziemlich tanzbar. Aber ausgerechnet ein Techno-Remix deines Songs „Dachlatte“ trendet im Internet und bei Spotify. Was macht das mit dir?
Für mich ist das echt cool, weil das heißt, dass jetzt neue Leute durch dieses Lied auf meine Musik aufmerksam werden. Es waren bereits Menschen wegen des Songs bei Konzerten von mir, die feststellten, dass meine Musik vielleicht doch nicht so ihrem Geschmack entspricht. Wiederum gibt es aber Leute, die sagen, dass es wirklich cool ist, was sie da jetzt neu entdeckten.
Keines deiner Alben besitzt einen Titel, der als Song auf der Platte zu hören ist. Warum?
Um ehrlich zu sein, ist mir das bis dato gar nicht aufgefallen. Ich habe mich beim Titel immer gefragt, in welcher Gefühlswelt ich mich befinde. Alles, was mir thematisch zum Titel einfällt, sollte sich in den Songs wiederfinden. Oft sind es Wortspiele, Bildsprachen oder bestimmte Gefühle. Bei „Durch die Blume” gab es z. B. zwei Tracks, bei denen jemand im Internet kommentierte, dass sie irgendwie aus der Reihe fallen. Das war von mir ganz bewusst so gewählt und sollte eine Brücke zu meinen vorherigen Alben schlagen. Ich bewege mich oft in psychedelischen, dark-wavigen Gegenden, was ein bisschen düster und depressiv sein kann. Und das wollte ich nicht verlieren. Ich wollte den Leuten keine Pusteblume anbieten. Ein Album mit nur leichten Songs, die vielleicht etwas ironisch sind. Es sollte auch Lieder dabei sein, mit etwas mehr Power.
Was sagst du mit deinem neuen Album durch die Blume?
Durch die Blume kann man viel sagen. Man probiert liebevoll miteinander zu sein, was aber nicht immer funktioniert. Trotzdem ist es ein schöner Ansatz für ein Gespräch. Dabei ist es aber wichtig, ehrlich zu bleiben. Ich denke, es soll ein Statement sein. Gerade in der jetzigen Zeit, die sehr aufbrausend ist, wo wenig kommuniziert wird und jeder mit einer anderen Meinung gleich als Arschloch eingestuft wird, ist Dialog wichtig. Es ist wichtig, die Meinung des anderen zu akzeptieren, sich gegenseitig aufzuklären und sich zu verstehen. Da hilft es, freundlich zu sein und etwas durch die Blume zu sagen.
Wenn nand eine Blume wäre, welche wäre das? Und warum?
Eine Sonnenblume. Jedes Mal, wenn ich ein komplett gelbes Sonnenblumenfeld sehe, das mich anlächelt, finde ich das sehr schön. Außerdem erinnert es mich an zu Hause und meinen Papa. Weil ich immer an einem Sonnenblumenfeld vorbeifahren muss, um zu ihn zu besuchen. Die Sonnenblume erinnert mich an meine Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft und ist einfach eine schöne Blume.
Hard Facts:
- nand auf Tour:
- 20. Februar – Regensburg
- 20.April – Leipzig
- 22. April – Berlin
- Mehr Infos unter: https://nand-music.de
Mehr coole News für euch:
-
Sympathische Krawallmusik – WauMiau spielen in Erfurt
-
Das große Ranking – Hier findet ihr Thüringens beste Einkaufszentren
-
„Die Musikindustrie ist einfach eine männerdominierte Branche“ – Blond in Erfurt