Gleichberechtigung geht uns alle an. Sie ist ein Menschenrecht – unabhängig von Geschlecht, Sexualität oder Hautfarbe. Und weil diese Botschaft noch längst nicht in allen Köpfen angekommen ist, widmet sich die Thüringer LSBTIQ*-Koordinierungsstelle im t.akt-Magazin regelmäßig in unserem „QueerBlog“ Themen, für die sensibilisiert werden muss.
Queerer Dezemberkalender für Thüringen
Der Dezember fängt an und mit ihm der Advent. Für viele eine besinnliche Phase mit viel Zeit in der Familie. Aber was ist mit Menschen, für die die Herkunftsfamilie – also die Familie, in der man aufgewachsen ist – kein angenehmer, sicherer Ort ist? Nicht alle erwartet dort ein unterstützendes Umfeld und gerade queere Menschen können in der Familie auch negative Erfahrungen machen.
„Hast du denn einen Freund?“
Wer sich dort noch nicht geoutet hat, muss sich die eigene geschlechtliche oder sexuelle Identität dort verstecken. Die klassischen Fragen von Verwandten wie „hast du denn einen Freund?“ können so zum unangenehmen Spießrutenlauf werden und Druck erzeugen. Aber selbst Menschen, die vor der Familie bereits „out“ sind, sich also geoutet und ihre Identität offengelegt haben, sind nicht immer sicher, denn nicht alle haben das Glück einer akzeptierenden Herkunftsfamilie.
Zum Teil werden queere Menschen nicht nur nicht akzeptiert, sondern erfahren Diskriminierung in der eigenen Familie in Bezug auf ihre geschlechtliche Identität, sexuelle Orientierung oder Beziehungsform. Das kann sogar so weit gehen, dass von Eltern, Geschwistern oder anderen Familienmitgliedern psychische sowie physische Gewalt ausgeht und die queeren Menschen dort nicht sicher sind. Bereits das Verwenden falscher Pronomen oder des Deadnamens, also des alten, abgelegten Namens, können extrem belastend sein und so die Familienzeit zur großen Herausforderung machen.
Weihnachten in Wahlfamilie
Was also machen mit der Weihnachtszeit? Oft besteht familiärer und auch gesellschaftlicher Druck, diese Zeit in der Herkunftsfamilie zu verbringen. Wenn das aber herausfordern, belastend oder gar ein Risiko für die psychische oder physische Gesundheit ist, will man vielleicht nicht zur Familie fahren über die Feiertage. Manche Menschen suchen sich deswegen eine Wahlfamilie: ein unterstützendes Umfeld, das ein gutes Familiengefühl erzeugt. Diese Wahlfamilie kann an Gewicht gewinnen, je schwieriger der Umgang in der Herkunftsfamilie ist. Für queere Menschen sind das oft andere queere Menschen, also die Community – eine queere Wahlfamilie.
Pandemie macht Feiern mit Wahlfamilie unmöglich
In den vergangenen Jahren, in denen die Weihnachtszeit auch von der Pandemie geprägt war, setze auch die Politik den Fokus leider auf die Herkunftsfamilie. So waren für die Feiertage die Kontaktbeschränkungen lockerer für Familienmitglieder der Herkunftsfamilie – die Wahlfamilie war hier oft nicht bedacht. Also doch zur Herkunftsfamilie? Weihnachten allein verbringen? Regeln ignorieren?
Queeres Zentrum Erfurt schafft wohlige Adventszeit für alle
Die LSBTIQ*-Koordinierungsstelle und das Queere Zentrum Erfurt wollen seit 2020 Abhilfe schaffen und haben gemeinsam mit vielen Organisationen in Thüringen mit dem „Queeren Dezemberkalender“ ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm zusammengestellt, in der queere Menschen sich begegnen, austauschen und einfach Zeit in der Community verbringen können. Auch dieses Jahr gibt es den queeren Dezemberkalender wieder. Er startet am heutigen 1. Dezember und ist offen für alle Queers und natürlich auch für Interessierte.
Für jeden etwas dabei!
Mit einem bunten Programm aus Filmabenden, Bouldern, Lesungen, Workshops, Weihnachtsmarktbesuch und vielem mehr wird es viel Raum für die queere Familie geben. 24 Organisationen haben insgesamt fast 50 Veranstaltungen für einen bunten Dezember mit der queeren Wahlfamilie beigesteuert. „Der Dezember sollte für alle Menschen eine angenehme Zeit sein“, sagt Theresa Ertel von der LSBTIQ*-Koordinierungsstelle. „Deswegen versuchen wir, mit vielfältigen Veranstaltungsformaten kleine, schillernde, queere Ablenkungen im (vor-) weihnachtlichen Alltag zu bieten und aufkommende Langeweile oder Vereinzelung aufzubrechen.“