Das Einstehen für LGBTQ*-Rechte ist das Einstehen für Freiheit und Menschlichkeit. Wir als t.akt-Team verstehen Vielfalt als Bereicherung– egal, ob die Vielfalt sexueller oder geschlechtlicher Identitäten, sozialer oder ethnischer Herkunft, Alter, Religionen oder Weltanschauungen, Befähigungen oder Beeinträchtigungen. Gleichberechtigung geht uns alle an! Sie ist ein Menschenrecht – unabhängig von Geschlecht, Sexualität oder Hautfarbe. Und weil diese Botschaft noch längst nicht in allen Köpfen angekommen ist, widmet sich die Thüringer LSBTIQ*-Koordinierungsstelle von nun an regelmäßig in unserem „QueerBlog“ Themen, für die sensibilisiert werden muss. Egal, ob die Gleichstellung der Geschlechter und Sexualitäten, queere Rechte, oder das Ende der Gewalt gegen Andersdenkende – wir geben heute Denkanstöße, die morgen das Denken verändern sollen.
„Klang der Stolpersteine“ in Jena
Am 9. November jährte sich die Reichspogromnacht, in der 1938 systematisch Geschäfte von jüdischen Menschen und Synagogen zerstört sowie Hunderte Menschen umgebracht wurden. In Gedenken dieser und aller Opfer des NS-Regimes finden jedes Jahr in vielen Städten Veranstaltungen statt – in Jena beispielsweise der „Klang der Stolpersteine“. Dezentral werden hier in der Stadt verteilt an vielen Stolpersteinen Konzerte gespielt, bei denen der Opfer gedacht wird.
Heinrich Weidingers Stolperstein in Jena
Einer dieser Steine in Jena gedenkt an Heinrich Weidinger und liegt seit 2019 vor dem Weimarischen Hof (Unterm Markt 4). Was viele nicht wissen: Heinrich Weidinger war ein sogenannter „Rosa-Winkel-Häftling“, wie homosexuelle KZ-Häftlinge genannt wurden. Sie wurden nach §175 verurteilt und mussten im KZ ein rosa Stoff-Dreieck als Markierung auf ihrer Kleidung tragen. Genaue Zahlen, wie viele homosexuelle Männer im Dritten Reich verschleppt wurden, sind bis heute nicht bekannt. Es wird von etwa 10.000 ausgegangen, wovon nur 40 bis 50 Prozent die Konzentrationslager überlebten. Im KZ Buchenwald waren ungefähr 650 Rosa-Winkel-Häftlinge inhaftiert, von denen ungefähr ein Drittel ermordet wurden oder an den Bedingungen des Lagers zugrunde gingen.
Hohe Todesrate von Rosa-Winkel-Häftlingen
Kaum eine Häftlingsgruppe hatte so hohe Todesraten wie Rosa-Winkel-Häftlinge, was in erster Linie an ihrem Status innerhalb der KZ-Häftlinge lag: Sie galten als die niedrigste Kaste und wurden oftmals für die schwersten Arbeiten eingesetzt. In Buchenwald vor allem im besonders gefürchteten Arbeitskommando im Steinbruch. Darüber hinaus gab es in Buchenwald an ihnen mehrfache gezielte Mordaktionen sowie viele medizinische Versuche. Bei einer jährlichen Gedenkveranstaltung der AIDS-Hilfe Weimar Ostthüringen e.V. im Rahmen des Christopher Street Day Weimar wird in der Gedenkstätte Buchenwald der Rosa-Winkel-Häftlingen gedacht.
Klang der Stolpersteine in Jena
Stolpersteine für ermordete Rosa-Winkel-Häftlinge sind in Thüringen leider bisher rar: der Stein für Heinrich Weidinger in Jena ist der einzige. Beim Klang der Stolpersteine in Jena, welcher gestern wieder stattfand, wurde auch an seinem Stein musiziert. „Wir als LSBTIQ*-Koordinierungsstelle haben uns daran beteiligt und reinigen seit vielen Jahren regelmäßig Weidingers Stolperstein. Es ist uns wichtig, besonders auf seinen Stein aufmerksam machen, steht er doch in Thüringen bisher exemplarisch für die vielen Menschen, die als Rosa-Winkel-Häftlinge in den Konzentrationslagern des NS-Regimes leiden und sterben mussten.“
Heinrich Weidingers Biografie
Einige wenige Biografien von Rosa-Winkel-Häftlingen in Buchenwald sind mittlerweile erforscht – auch die von Heinrich Weidinger. Er wurde am 9. Mai 1890 in Windischgarsten (Österreich) geboren, war Vermessungsingenieur von Beruf und diente im ersten Weltkrieg. Am 12. Juni 1939 verhaftete ihn die Polizei Dachau wegen homosexueller Kontakte. In Folge wurde er nach §175 zu zwei Gefängnisstrafen verurteilt. Nach Verbüßung wurde für ihn eine „Schutzhaft“ angeordnet, die Polizei Weimar verhaftete ihn am 18. März 1943 an seinem Wohnort, dem Hotel „Weimarischer Hof“ in Jena.
Zielgerichteter Vernichtungsprozess
Einige wenige Biografien von Rosa-Winkel-Häftlingen in Buchenwald sind mittlerweile erforscht – auch die von Heinrich Weidinger. Er wurde am 9. Mai 1890 in Windischgarsten (Österreich) geboren, war Vermessungsingenieur von Beruf und diente im ersten Weltkrieg. Am 12. Juni 1939 verhaftete ihn die Polizei Dachau wegen homosexueller Kontakte. In Folge wurde er nach §175 zu zwei Gefängnisstrafen verurteilt. Nach Verbüßung wurde für ihn eine „Schutzhaft“ angeordnet, die Polizei Weimar verhaftete ihn am 18. März 1943 an seinem Wohnort, dem Hotel „Weimarischer Hof“ in Jena.
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Eine Woche später wurde er zunächst ins KZ Dachau bei München deportiert, wo er von 6. Juli bis 9. November 1943 zur Zwangsarbeit als Bauhilfsarbeiter in ein Außenlager gebracht wurde. Am 12. November 1943 erfolgte seine Überstellung ins KZ Buchenwald, wo er zunächst als „Berufsverbrecher“, später als Homosexueller stigmatisiert und gekennzeichnet wurde. Er unternahm einen Fluchtversuch, was zum zeitweiligen Arrest im Arrestzellenbau geführt haben dürfte – einem Ort der Folter. Der Ort seiner Zwangsarbeit im Lager ist nicht überliefert. Am 27. Januar 1944 wurde Heinrich Weidinger ermordet, seine angebliche Todesursache lautet „Herzschwäche bei Magen- und Darmkatarrh“ – eine beschönigende Formulierung für einen zielgerichteten Vernichtungsprozess. Obwohl er aus einer großen Familie stammte, waren Versuche, lebende Nachkommen der Familie Weidinger zu finden, bisher erfolglos. Ein Foto von ihm ist nicht überliefert.
Hart Facts:
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