Natürliche Begabung – FaunaFloraForster
Eine Ausstellung in Gotha zeigt seltene biologische Zeichnungen des Humanisten Georg Forster
Es ist ein echtes Abenteuer: Am 13. Juli 1772 stechen zwei Segelschiffe von Plymouth aus in See. Ihr Kapitän, James Cook, will die Südsee erkunden – Südafrika, Neuseeland, Tahiti, Feuerland. An Bord ist auch ein 17-jähriger Deutscher, Georg Forster.
Der minderjährige Forschungsreisende darf mitkommen, weil sein Vater das zur Bedingung seines Arbeitsvertrages gemacht hat: Johann Reinhold Forster soll für Cook – und damit langer Hand für die englische Krone – als leitender Wissenschaftler die ferne Welt erkunden. Er soll Pflanzen sammeln, Tiere identifizieren, Habitate beschreiben. Forster Senior weiß, was er an seinem Sohn hat: Georg spricht zahlreiche Sprachen fließend – und lernt auf der vier Jahre dauernden Seereise mühelos Polynesische dazu.
Georg ist ein begabter Autor – sein nach der Rückkehr verfasster, prosaischer Bericht „Die Reise um die Welt“ wird ihn als Humanisten berühmt machen. Vor allem aber ist Georg Forster ein unglaublich begabter Zeichner. Wie begabt, davon kann man sich nun in einer Ausstellung überzeugen.
Die Reise geht nach Gotha. Dort thront das Schloss Friedenstein über der Thüringer Residenzstadt. In Schloss Friedenstein ist eine große Bibliothek untergebracht – eine Schatzkammer für Aufklärungsforscher. Vom 23. April bis 3. Juni 2018 sind im Spiegelsaal des Schlosses einige handkolorierte Zeichnungen Georg Forsters ausgestellt. Die Zeichnungen sind eine Rarität, mit einer Geschichte, die fast so abenteuerlich ist, wie die Schiffsreise selbst es war.
Als die Forschungsreisenden wieder europäisches Festland betraten, hatte sich Georgs Vater mit Cook zerstritten. Aus den geplanten weiteren Zusammenarbeiten wurde nichts. Wovon sollten die Forsters nun leben? Sie mussten auf eigene Faust Kapital aus der Weltumsegelung schlagen. Dazu gehörte es auch, die Skizzen Georgs zusammen mit einem heute unbekannten Kunstmaler zu einer prunkvollen Mappe mit ausgewählten, kolorierten Blättern auszuarbeiten. Kaufen sollte sie niemand geringeres als der englische König.
Ein Treffen mit Goethe
Doch George III. schaute sich die Blätter nicht mal an. Mit der Mappe im Gepäck folgte Georg Forster, längst volljährig und als Autor und Wissenschaftler renommiert, 1778 einem Ruf nach Kassel. Dort lernte er, take a guess, Goethe kennen. Und über dessen Vermittlung fand sich schließlich in Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg ein Käufer für die Zeichnungen.
All das lässt sich, viel detaillierter natürlich, im klugen Begleitmaterial zur Ausstellung nachlesen. Aber in der Gothaer Ausstellung geht es nicht nur darum, die Netzwerke des späten 18. Jahrhunderts zu rekonstruieren. Die wissenschaftlichen Texte sind in der Ausstellung so sympathisch zurückhaltend präsentiert, dass sich Besucher Forster gut auf zwei Ebenen nähern können. Da ist die Ebene des Verstehens, die von Reiserouten und Forsters Bedeutung in der europäischen Aufklärung über die bibliotheksgeschichtlichen Wirren der NS-Zeit bis zur unterschiedlichen Forster-Rezeption der deutschen Teilung reicht.
Aber da ist auch viel Raum für eine berührende Erfahrung: von der Schönheit der Natur und der Begabung so mancher Menschen. Denn Forsters Albatrosse und Papageien, seine Springhasen und Äpfel – sie sind nicht nur biologisch korrekt erfasst. Die Zeichnungen transportieren den Charakter der Tiere und die Anmut der Pflanzen einer Welt, in der sich der Mensch die Natur nicht unterworfen hat. Noch nicht.
FaunaFloraForster – Georg Forsters Bilder der Natur
23. April bis 3. Juni 2018
Schloss Friedenstein Gotha
Di bis Do, 10 -17 Uhr
Text: Louisa Reichstetter