Frauen ohne Kopftuch auf den Straßen unterwegs? In Europa ist das eine Selbstverständlichkeit, während Frauen im streng islamischen Iran damit drakonische Strafen riskieren. Die Proteste hat Mahsa Nejadfallah unmittelbar erlebt, als sie nach einem Film- und Fotografiestudium in ihrem Heimatland erste Berufserfahrungen als Regieassistentin beim Fernsehen und in Filmproduktionen sammelte. Auf eine wirkliche berufliche Entwicklung in diesem Bereich konnte sie nicht hoffen. Männlichen Kollegen ist in den patriarchalischen Strukturen eher eine Karriere vergönnt. „Ich habe dabei die Unterdrückung mit ihrer ganzen Härte gespürt“, erinnert sich Mahsa. Also traf sie 2017 die Entscheidung, nach Deutschland zu gehen und schrieb sich als Studentin für Visuelle Kommunikation an der Bauhaus-Universität Weimar ein.
Return Filmfestival in Weimar
Für die heute 35-Jährige war von Anfang an klar, dass sie sich nicht nur Kulturschaffende nennen, sondern sich auch aktiv in die Organisation von Kulturveranstaltungen einschalten wollte. So stellte sie mit weiteren Unterstützern 2018 das ASA Internationales Humanitäres Film Festival auf die Beine. Doch die Corona-Pandemie sorgte für eine Zäsur: „Wie andere Menschen auch machte ich mir viele Gedanken, was auf der Welt passiert. Film und Kultur haben dabei die faszinierende Eigenschaft, gesellschaftliche Wirkungen entfalten zu können“, sagt Mahsa. So war die Idee des Return International Film & Art Festival geboren, bei dem – so die Vorstellung – aus dem Nachdenken über gesellschaftliche Entwicklungen der Vergangenheit Lösungen für künftige Probleme entstehen können.
2021 fand die erste Ausgabe des von zahlreichen Ehrenamtlichen unterstützten Festivals und dem Thema „Erbe“ statt, 2022 stand es unter dem Oberbegriff „Zuhause“. Nun, 2023, sollen die Beiträge in Anbetracht des Kriegs in der Ukraine und weiterer Unruhen in Afghanistan eine schwierige Frage beantworten: „Freedom – What is it good for?“. Insgesamt wurden 600 Beiträge von Filmschaffenden aus 50 Nationen eingereicht und nach Qualität und ihrem Inhalt von einem Sichtungskomitee ausgewählt. Vom 26. bis 29. Oktober werden davon insgesamt 25 internationale Kurz-Spielfilme, -Animationen und -Dokumentationen gezeigt, die in ihren Sektionen um Preise konkurrieren. Auch ein Publikumspreis wird unter den in fünf Blöcken zusammengefassten Beiträgen vergeben, die im Kino „mon ami“ in Weimar laufen.
Zusätzliche Spielstätten möglich
„Durch seine Lage mitten im Stadtzentrum werden viele Leute darauf aufmerksam – besonders bei den programmbegleitenden Events auf dem Platz davor“, freut sich Festivalleiterin Mahsa, die sich in den nächsten Jahren als zusätzliche Spielstätten auch das Lichthaus und Cinestar Weimar vorstellen kann. Einen persönlichen Favoriten hat die Iranerin, die in Teilzeit in einer Filmproduktionsfirma arbeitet, auch schon aus[1]gemacht. Das Drama „Istina (Truth)“ dreht sich um eine Fotojournalistin in Serbien: „Das ist eine krasse Geschichte über die Freiheit der Presse – und eine der wenigen Beiträge einer Regisseurin. Bei den Filmen unserer Auswahl dominieren männliche Filmemacher.“
Austausch und Workshops
Mahsa freut sich auf ein großes Publikum und hofft, dass es sich auch aktiv mit dem Thema Freiheit auseinandersetzt. Das ist möglich in zahlreichen Gesprächsrunden nach den Kurzfilmen: Von etwa der Hälfte der Film-Beiträge werden Beteiligte anwesend sein und gern Fragen beantworten. „Uns ist es dabei wichtig, Respekt vor anderen Gedanken, Perspektiven und Meinungen zu haben“, betont Mahsa den Ansatz. Ergänzend zu den Filmblöcken werden für Medien-Interessierte auch verschiedene Workshops angeboten. Ein Filmproduktions-Workshop in Zusammenarbeit mit dem Nivre Film Studio und eine Radiowerkstatt in Kooperation mit Radio Lotte sind frei zugänglich.
Freiheit in Deutschland?
Mahsa selbst wurde auch schon mit der Fragestellung des diesjährigen Festival-Mottos konfrontiert. Freiheit ist auch in Deutschland keine Selbstverständlichkeit und an Auflagen gebunden. So sei es für ausländische Studierende generell schwer, in Abhängigkeit ihrer Finanzen längere Zeit in Deutschland zu bleiben. Mahsa engagiert sich in der Bewegung „Feminista Thuringia“, welche sich mit der Freiheitsbewegung im Iran solidarisiert hat – und damit auch ein Zeichen für Freiheit setzt.
Hard Facts:
- 3. Return International Film & Art Festival: 26. bis 29. Oktober
- Wo: mon ami | Goetheplatz 11 | Weimar |
- Mehr: returniaf.de
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