2013 veröffentlichte Sven Regener seinen Roman „Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt“.
Heute startet die urkomische Verfilmung im Kino, die eine längst vergangene Zeit wieder auferstehen lässt.
Mitte der 90er Jahre ist die Welt noch in Ordnung: Berlin ist noch ein abgefucktes Moloch, in dem angesagte Techno-Clubs oder erfolgreiche Plattenfirmen in graffitiverschmierten Abrisshäusern unweit schlammiger Baustellen residieren. Das Leben ist leicht, unbeschwert, besonders da das unentwegte Quarzen von Zigaretten in Bars, Kneipen und Discotheken noch zum guten Ton gehören. Als Karl Schmidt (Charly Hübner), genannt Charlie, vor der Tür von „Bumm Bumm Records“ steht und von seinem alten Kumpel Ferdi (Detlev Buck) herzlich empfangen wird, scheint wieder alles so zu werden wie früher – als Charlie noch keinen fünfjährigen Aufenthalt in der „Klapse“ und einer betreuten Drogen-WG hinter sich hatte.
Er geht mit Plattenlabel-Chef Ferdi und einer Handvoll Nachwuchs-Techno-DJs um die spleenige Rosa (Annika Meier) auf Deutschland-Tour, bemerkt aber schnell, dass das exzessive und drogengeschwängerte Leben um ihn herum nicht spurlos an ihm als Abstinenten vorübergeht…
„Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt“ ist ein Roman von Sven Regener, der sein eigenes Werk im Dunstkreis um Kultfigur Frank Lehmann selbst zum Skript für die vorliegende Verfilmung umarbeitete. Das erklärt nicht nur das von Aufbruchsstimmung und Zeitkolorit stimmige Postwende-Ambiente (bei der Ausstattung wurde auch an riesige Funktelefone und Straßenatlanten gedacht), sondern auch das Gespür für Situationskomik und die absurden Dialoge, über die die allesamt für sich skurrilen, aber auch grundtief sympathischen Protagonisten miteinander kommunizieren.
Mittwochabend ist „der kleine Samstag“
Und Regener scheut sich auch nicht, ihnen immer wieder vermeintliche Weisheiten in den Mund zu legen. So hat Ferdis langjähriger Weggefährte Raimund (Marc Hosemann) Bedenken, schon um 8 Uhr morgens den Club zu verlassen, weil die anderen ja denken könnten, man sei voll der Loser. Oder ein Kölner Discobetreiber will wissen, warum die „Bumm Bumm Records“-Truppe so spät komme, schließlich sei der Mittwochabend ja „der kleine Samstag“.
Dass dann ein verendetes Meerschweinchen eine fiese Trauerrede an der Autobahn-Raststätte über seinen Kadaver ergehen lassen muss oder der verpeilte DJ Schöpfi (Jan Peter Kampwirth) als Running Gag wiederholt beim „McDonald’s“ vergessen wird, ergänzt das ebenso witzige wie irrwitzige Szenario, in dem auch die eine oder andere eher zweifelhafte Pointe durch die hohe Spaßfrequenz nicht weiter auffällt.
Ja, es gibt sie auch, die wehmütigen Erinnerungsmomente – sonst wäre Regener nicht bei sich.
Doch hier vertraut der genreerprobte Regisseur Arne Feldhusen nach der Inszenierung der TV-Serien „Stromberg“ und „Der Tatortreiniger“ abermals seinen Figuren. Besonders Charly Hübner („Vor der Morgenröte“, 2016) in der Titelrolle vermag den psychisch angeknacksten, prinzipientreuen, aber auch melancholischen „Zeugwart“ Charley mit vielen Facetten zu spielen, während Detlev Buck („Männerhort“, 2014) mit Rod Stewart-Frisur und John Lennon-Sonnenbrille nicht über eine parodistische Witzfigur hinauskommt. Aber das ist egal: Spaß hat man beim Anschauen der mit erfrischend-stumpfen 90er-Jahre-Technogewummer unterlegten Absurdwitzbombe „Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt“ trotzdem. Und zwar eine Menge. Auch ganz ohne „Stoff“.
Titel: Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt
Kinostart: 31. August 2017
Verleih: DCM
FSK: ab 12
Wird hier gespielt: Lichthaus Weimar