Ich bin und bleibe eine Puffbohne
Jörn Goziewski will den professionellen Weinanbau zurück nach Erfurt bringen
Ist das eine Kartoffel oder was?,
ist eine Frage, die Jörn Goziewski des Öfteren gestellt wird, wenn er mit Menschen über seinen Wein spricht. Denn der 35-jährige Winzer hat sich aus Sympathie zu seiner Heimatstadt ein ganz besonderes Symbol als Erkennungszeichen für seine Weinflaschen ausgesucht – die Erfurter Puffbohne.
„Ich will damit meinen Ursprung zeigen, wo ich herkomme und wo meine Wurzeln sind“, sagt der junge Mann, der seit 2015 seinen eigenen Weinberg im Rheingau bewirtschaftet und große Pläne für die Thüringer Landeshauptstadt hat: „Ich möchte den professionellen Weinanbau wieder zurück nach Erfurt bringen und eine neue Erfurter Weinmarke etablieren.“ Wenn es nach dem Willen des 35-Jährigen geht, soll dieses Vorhaben bereits zur Bundesgartenschau (Buga) im Jahr 2021 Realität
werden.
Professioneller Weinanbau ist eine Sparte, die in der Landeshauptstadt noch fehlt
Im Erfurter Amt für Wirtschaftsförderung zeigt man sich von den Plänen des Winzers begeistert. „Wir finden die Idee toll“, bestätigt Amtsleiter Wolfgang Jentz. „Professioneller Weinanbau ist eine Sparte, die in der Landeshauptstadt noch fehlt. Ich habe vor dem Gespräch mit Herrn Goziewski gar nicht gewusst, dass das möglich ist. Allerdings ist er der Fachmann und weiß offenbar, was er macht“, freut sich der Amtsleiter. Doch wer ist eigentlich dieser Winzer, der so ehrgeizige Absichten hegt? Jörn Goziewski kam bereits als Kind in den Kontakt mit der Agrarwirtschaft. Der Großvater des gebürtigen Erfurters war Direktor
der Iga (des heutige Egaparks) und lehrte ihn bereits in jungen Jahren, wie der Anbau von Tomaten, Kartoffeln und Erdbeeren vonstattengeht. „Durch den frühen Kontakt zu selbst angebauten Produkten lernte ich ehrliche Aromen und frischen Geschmack schon als Kind lieben“, blickt der 35-Jährige zurück.
Generell ist es der familiäre Hintergrund, der Goziewski in die Richtung Agrarwirtschaft lenkte. Nach
dem Abitur im Jahr 2001 war es sein Vater, der mit einem Studienauszug von der Universität
Geisenhein um die Ecke kam. Mit Begeisterung habe er daraufhin Weinbau und Oenologie studiert.
Mit neuen Erfahrungen im Gepäck landete Goziewski einen Glücksgriff
Im Jahr 2008, mit dem Diplom in der Tasche, fand der junge Mann im hessischen Rheingau im
Handumdrehen eine Anstellung als Winzer. Allerdings hielt es ihn nicht lange dort. Er fasste den
Entschluss, den Weinanbau in anderen Regionen der Erde kennenzulernen. Unter anderem zog es ihn
nach Südtirol, Frankreich und Neuseeland.
Zurück in Deutschland und mit neuen Erfahrungen im Gepäck landete Goziewski einen Glücksgriff,
wie er sagt. „Ich traf im Weingau einen Winzer, der gute Lagen hatte, aber sich nicht kümmern
wollte“, erinnert er sich. In Rüdesheim am Rhein konnte er dadurch 1,5 Hektar Land pachten:
größtenteils Südhang, den ganzen Tag Sonne, Steillagen mit 30 Prozent Gefälle – perfekt für einen
guten Wein.
Seit zwei Jahren baut der Erfurter Riesling und Spätburgunder an. In einem etwa 25 Meter langem
Gewölbekeller auf Schloss „Kosakenberg“ in der kleinen Stadt Geisenheim im Rheingau veredelt der
junge Winzer fünf verschiedene Weinsorten, von trocken bis edelsüß – „und Hauptsache: natürlich!
Ich bin auf der Suche, nach langlebigen und naturnahen Weinen. Deshalb filtriere ich den Großteil
meiner Weine nicht und nutze die sonst nur bei Rotwein übliche Maischegehrung auch bei
Weißweinen“, schwärmt der Winzer und erklärt komplexe, mikrobiologische Zusammenhänge, als
gebe es nichts Einfacheres auf der Welt.
Es ist teilweise eine wirklich harte Scheißarbeit
Auf klangvolle Namen wie Hasensprung, Arancia oder Hölle hören seine Weine. 2015 füllte er unter
den Markennamen „Joern Wein“ davon knapp 50 Hektoliter ab, 2016 etwa 42 Hektoliter. „Es ist
teilweise eine wirklich harte Scheißarbeit“, scherzt Goziewski, der als Ein-Mann-Unternehmen unter
anderem für Rebenvermehrung, Rebschnitt, Bodenpflege, Pflanzenschutz, Marketing und die
Produktion der Weine zuständig ist. „Die Weinlese kann ich nur mit der Hilfe von Freunden und
Familie stemmen. Außerhalb der Saison halte ich mich mit Nebenjobs über Wasser“, sagt er.
Allen Klagen zum Trotz liebe Jörn Goziewski, das was er macht – ähnlich, wie er seine Heimatstadt
Erfurt liebe. Und weil er wisse, dass die Erfurter ihre Stadt ebenso lieben, will er den traditionellen
Weinbau in der Landeshauptstadt wiederbeleben. Die Unterstützung der Behörden hat er. Falls genug
Pachtland gefunden werden kann, steht seiner Vision vom lokalen Wein für die Buga 2021 offenbar
nichts im Wege. Und bis dahin können Weinliebhaber mit seinen Tröpfchen aus Hessen vorlieb
nehmen, denn: „Auf meinem Wein steht zwar Rheingau drauf, aber ich komme aus Thüringen. Und
da ich der Ursprung meines Weines bin, ist auch immer ein Teil von Erfurt in jeder abgefüllten
Flasche. Denn ich bin und bleibe eine Puffbohne – und das sieht man schließlich auch auf dem
Symbol auf meinen Weinflaschen.