Wenn Puppen zum Leben erwachen …
Ein alter Mann mit buschigen Augenbrauen, einem freundlichen Lächeln und einer Brille auf der Nase sitzt vor einem roten Vorhang umgeben von einem riesigen Haufen Bücher. Er hält ein Buch in seinen Händen. Doch der Kauz wird das Ende des Buches nicht lesen und wird auch keine Seite umschlagen können, denn er ist nur eine Puppe, geschnitzt von dem Puppenmacher Martin Gobsch, der diese für sein zweites mechanisches Theater anfertigte.
Die Puppe sitzt in dem Schaufenster der Kinder-und Jugendbibliothek Erfurt. Der Anlass zum Bau war der 150. Geburtstag der Bibliothek im Jahr 2015. Martin Gobsch arbeitet nun schon seit vier Jahren an diesem mechanischen Theater, seit drei Jahren sogar täglich. Mit großem Geschick bearbeitet er die detaillierten Figuren.
Doch die ganze Arbeit hat sich schon bald gelohnt, denn im November 2017 wird ein Teil seiner Arbeit eröffnet. Ende dieses Jahres wird hinter dem roten Vorhang die Geschichte der Odyssee für Besucher zu sehen sein. Später werden noch zwei weitere Stücke folgen: die Nibelungen und der Sommernachtstraum.
Die drei Stücke wurden mit viel Bedacht ausgewählt und Martin Gobsch verbindet mit ihnen auch eine Menge Kindheitserinnerungen.
„Mit den Stücken habe ich auf jeden Fall auch eine persönliche Verbindung, da ich als Kind in der Schotte groß geworden bin und dort auch jedes der Stücke inszeniert wurde, sogar mehrfach und zum Teil habe ich dort auch selber mitgespielt.“
Doch der eigentliche Grund, warum er genau diese Stücke ausgewählt hat, hängt mit dem Element zusammen, auf das er bei seinen Inszenierungen nicht verzichten möchte, die Kreativität seiner Zuschauer. Deswegen war der große Auswahlfaktor für ihn die Menge an unterschiedlichsten Fabelwesen. „Ich finde Fabelwesen sind ein schönes Beispiel dafür, was wir mit unserem Geist und unserer Fantasie verlebendigen können, einfach nur durchs Lesen.“
So wie es scheint, sind Fabelwesen schon eine Art Leitfaden für ihn geworden, denn auch in seinem nächsten Projekt wird er für die Lindauer-Marionettenoper am Bodensee Figuren für eine Oper schnitzen, in der es nur so von Fabelwesen wimmelt. Ihr Name ist Rusalka und in dieser Geschichte ist die Hauptperson nicht nur eine Nixe, es spielen hier auch Elfen, Waldgeister und ein Wassermann eine große Rolle.
Die Vorfreude und Aufregung auf die Eröffnung im November steigt und viele Liebhaber des ersten mechanischen Theaters hoffen, dass Martin Gobschs neues Stück genauso schön und erfolgreich wird, wie das des Schneewittchens auf der Krämerbrücke.
Text: Nathalie Zapfe
Nathalie ist 13 Jahre alt und besucht die 8. Klasse des Heinrich-Hertz-Gymnasiums in Erfurt. Im Rahmen ihres Unterrichts haben sie sich die Schüler mit ihrer Lehrerin Tina Hollitzer an Berichterstattungen über das Erfurter Kultur- und Freizeitangebot gewagt. Gelungen, wie wir finden und deshalb der Nachwuchsautorin – und dem talentierten Puppenmacher – einen Beitrag widmen.