Ob handgemachte Kunstwerke, lokale Leckereien, handverlesene Produkte – wir alle kennen diesen einen Laden, der uns begeistert und bei dem wir gerne unser Geld lassen. In unserer neuen Serie „t.akt-Lieblingsläden“ stellen wir einige dieser besonderen Läden vor. Hierbei haben wir ausschließlich lokale, inhabergeführte Läden im Fokus. Diesmal ist unser „Lieblingsladen“ der kleine Vintage-Store „Harriet Love Vintage“ in der Andreasstraße 3, etwa 500 Meter vom Domplatz entfernt. Wir haben mit der Geschäftsführerin Madlen Dressel gesprochen, die gemeinsam mit ihrer kleinen Hündin Penny den Laden schmeißt.
Hey Madlen, wo kommst du eigentlich her?
Ursprünglich komme ich aus Südthüringen, bin aber vor Jahren für die Arbeit weggezogen. Drei Jahre lebte ich in München und die vergangenen zehn, elf Jahre in Berlin. Da arbeitete ich noch in einem anderen Job und dachte mir irgendwann: „Ich brauche jetzt mal was anderes.“
Wie bist du dann ausgerechnet in Erfurt gelandet?
Eigentlich der Liebe wegen. Es gab noch einen kurzen Zwischenstopp in Coburg, wo meine Familie wohnt, aber dort war es mir zu eng und zu klein.
Gefällt dir Erfurt besser?
Ja. Ich mag die Mischung aus provinziell und trotzdem angereichert mit Möglichkeiten. Natürlich habe ich dank Corona kulturell noch nicht viel mitbekommen und kann schlecht einschätzen, wie es zu Nicht-Pandemiezeiten hier zugeht, aber hoffentlich bessert sich die Situation bald, damit ich es herausfinden kann.
Hattest du in Berlin auch einen Laden?
Nein. Eigentlich bin ich Sozialarbeiterin. Ich habe zudem eine Weiterbildung in systemischer Einzel-, Familien- und Paarberatung gemacht und überlegte, in die Richtung weiterzugehen. In Berlin arbeitete ich die vergangenen Jahre mit wohnungslosen Frauen, brauchte aber mal eine Pause davon.
Wie ist die Idee für den Laden in Erfurt entstanden?
Ich liebe schon immer Vintage-Sachen. Schon seit langem kaufe ich mir keine neuen Sachen mehr – keine Ahnung, wann ich zum letzten Mal in einem Geschäft wie H&M war. Mir ist der Nachhaltigkeitsgedanke wichtig, aber auch der Wunsch, mich individuell zu kleiden und eben nicht das zu tragen, was alle anderen haben. Und es gibt wirklich viele coole Sachen, die gar nicht neu produziert werden müssen. Es ist zudem erschreckend, wie viel Müll jedes Jahr mit Fast-Fashion produziert wird. Meine Leidenschaft führte mich zu meinem Laden. Als ich vergangenes Jahr die Räume entdeckte, gefielen sie mir auf Anhieb. Mehrmals lief ich hier vorbei und dachte: „Da drin würde ich echt gerne etwas Cooles realisieren.“ So richtig konkretisierte sich die Idee vom Second-Hand-Shop aber erst im Mai. Da fing die Planung an, ich besichtigte den Laden und bekam auch gleich eine Zusage. Ein bisschen dauerte es dann noch wegen der Renovierung. Aber so im Nachhinein gesehen, ging alles schon recht schnell. Ich dachte mir damals: „Ich mache das jetzt einfach und sehe den Laden als Experiment.“
Seit wann genau gibt es also Harriet Love Vintage?
Seit November 2021.
Diesmal ist unser „Lieblingsladen“ der kleine Vintage-Store „Harriet Love Vintage“ in der Andreasstraße 3, etwa 500 Meter vom Domplatz entfernt. Wir haben mit der Geschäftsführerin Madlen Dressel gesprochen, die gemeinsam mit ihrer kleinen Hündin Penny den Laden schmeißt. Foto: Florian Dobenecker
Wie lief die Eröffnung? Das war kurz bevor die Corona Maßnahmen wieder etwas verschärft wurden.
Ich besitze natürlich keine Vergleichswerte, aber im November hatte ich schon ein ziemliches Hoch. Da dachte ich: „Cool, alle Kosten sind gedeckt und die Leute nehmen das gut an.“ Dezember war wieder etwas weniger los. Aber ich denke, alles in allem kann ich zufrieden sein. Viele Leute kommen gezielt hier her, obwohl das Geschäft nicht auf den typischen Shopping-Routen liegt.
Was ist das Konzept des Ladens? Hast du nur mit Klamotten angefangen?
Nicht ganz. Ich biete zudem Accessoires und Schmuck an. Das Konzept von Harriet Love Vintage ist, nur gebrauchte beziehungsweise Vintage-Sachen anzubieten. Das bedeutet, die Sachen müssen älter als 20 Jahre sein. Das sind sie auch fast ausschließlich. Konkret verkaufe ich Kleidung, ein bisschen Schmuck – eher Silberschmuck, aber ich würde auch gern Goldschmuck mit ins Sortiment aufnehmen, Taschen, Stiefel, Sonnenbrillen … Alles, was sich so ergeben hat. Ich bin zudem auf der Suche nach kleinen Goldschmiedinnen und Designerinnen, eventuellen Kooperationen mit Kreativschaffenden, die nachhaltige Dinge herstellen bzw. upcyclen.
Bei Vintage-Sachen ist diese Frage natürlich immer etwas schwierig zu beantworten, aber welche Artikel sind denn am beliebtesten und werden gern gekauft?
Ich habe festgestellt, dass Jeans immer sehr gut gehen. Diese alten High-Waist-Jeans, die sind aus einem anderen Material und viel dicker und starrer. Ich sage immer, das sind „Stehhosen“, weil man darin so schlecht sitzen kann (lacht). Aber die sehen geil aus. Ich denke, sowas findet man heutzutage nicht mehr so. Gut produzierte Jeans in ähnlicher Qualität sind krass teuer. Auch beliebt sind gerade jetzt im Winter Standard-Wollpullis mit viel Muster. Allgemein viel Muster und viel Farbe. Ich biete diese crazy Pattern-Hemden an, davon sind gerade gar nicht mehr so viele übrig. Die Leute wollen ausgefallene Sachen. Schlicht und schwarz – das worauf ich eigentlich eher stehe – kommt bei den Leuten nicht so an.
Woher beziehst du deine Sachen?
Früher ging ich tatsächlich noch in Berlin auf Flohmärkte, aber da rennen jetzt alle hin und es ist zu teuer. Manchmal verbringe ich Stunden vor dem Internet und Suche nach schönen Sachen. Das ist zwar Arbeit, aber ich mache das auch gerne und suche da besondere Schätze heraus. Natürlich würde das allein nicht ausreichen, um den Laden aufzustocken. Es gibt Großhändler, bei denen ich mir neue Ware besorge. Nächste Woche fahre ich wieder nach Berlin, um dort einzukaufen. Das ist ganz cool: eine große Lagerhalle, in der man drei Stunden Zeit hat und wirklich jedes Teil einzeln aussuchen kann.
https://www.instagram.com/p/CaCYC9isnNY/
Das ist bestimmt wie im Schlaraffenland für dich.
Absolut!
Upcyclest du auch?
Nicht unbedingt. Meine Form von Upcycling ist meine „For-Free-Kiste“ am Eingang, in der Klamotten liegen, die ein kleines Loch oder einen Fleck haben, bei denen ich aber denke, dass jemand anderes die vielleicht noch gebrauchen und wieder herrichten oder aus dem Stoff etwas Neues machen kann. Ich bin da leider völlig unbegabt. Für das Annähen eines Knopfes reicht es gerade so bei mir. Aber ich habe eine Freundin aus Berlin, die beispielsweise aus alten Lederjacken Bauchtaschen und Handtaschen näht, die es auch bald bei mir im Laden zu kaufen geben wird. Die sind schon echt cool.
Welches Produkt sollte man unbedingt bei dir kaufen?
Puh, eine schwierige Frage. Das ist meiner Meinung nach super individuell. Ich finde die bunten Hemden geil und super kombinierbar mit fast allem. Aber es gibt eben auch Menschen, an denen ich sie mir gar nicht vorstellen kann. Wahrscheinlich sind die Klamotten auch nicht zeitlos genug. Ich selbst stehe beispielsweise auf 80er und Schulterpolster, aber manche Kunden und Kundinnen kommen rein und fragen, ob man diese Dinger rausmachen kann, weil sie ihnen gar nicht gefallen.
Online-Präsenz hast du ja mit deinem Insta-Account, auf dem du immer ein „Piece of the Day“ hochlädst. Hast du auch eine Website?
Theoretisch schon. Ein Freund hat sie mir erstellt und meinte, ich solle mal ein paar Sachen hochladen und schauen, wie ich damit zurechtkomme. Wenn es läuft, dann hebt er sie online. Dazu bin ich allerdings noch nicht gekommen, weil es das nervigste Thema auf meiner Agenda ist. Es gibt viele Vintage-Leute, die nur einen Online-Shop haben, aber ich mag es einfach mit den Leuten im Laden ins Gespräch zu kommen.
https://www.instagram.com/p/CZmEBQjAImz/
Was sind deine Pläne für die Zukunft?
Wie bereits erwähnt, würde ich gerne anfangen auch Goldschmuck zu verkaufen. Preislich muss ich nur schauen, ob das auch ins Konzept passt. Am liebsten hätte ich gerne handgefertigten Goldschmuck einer kleinen, lokalen Goldschmiedin. Das würde jedoch höherpreisig und ich weiß nicht, ob meine Kundinnen und Kunden sich das leisten können. Außerdem möchte ich gerne wechselnde Ausstellungen hier durchführen. Natürlich mit der Möglichkeit, dass Kundinnen und Kunden die Kunst kaufen können. Ich habe diese schöne, große, leere Wand, an der ich schon einmal Kunst von einem Freund ausgehängt habe.
Warum sollte jeder Thüringer mindestens einmal Harriet Love Vintage besuchen?
Also ich finde meine Sachen cool. Ich bin der Meinung, dass jeder hier reinkommen und etwas finden kann. Und Penny, meine spanische Straßenhündin, freut sich immer auf Besuch im Laden.
Hart Facts:
- Wo? Andreasstraße 3, 99084 Erfurt
- Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag 12 bis 18 Uhr
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