Die Uhr tickt. Nicht mehr lange können wir mit unserem Planeten umgehen wie bisher. Ressourcenausbeutung, Umweltverschmutzung und Energieverschwendung müssen ein Ende haben. Wir sollten uns alle mehr mit der Zukunft unseres Planeten auseinandersetzen – ähnlich wie das Nachhaltigkeitszentrum Thüringen (NHZ) vom Verein Zukunftsfähiges Thüringen e.V. (ZTh). In „Kurz mal die Welt retten…“ wollen wir euch einmal im Monat nachhaltige News aus dem Freistaat präsentieren.
Leerstand sinnvoll nutzen
Durch viele kleine Dörfer und verschlungene Waldstraßen führt der Weg nach Neuengönna, einem kleinen Ort in der Nähe von Jena. Verträumte Fachwerkhäuser und Seitenhöfe prägen das Dorfbild. Einer fällt besonders auf: Sitzgelegenheiten am Fußweg laden zum Verweilen ein. Tims Dorfladen „Ellas Lädchen“ bietet seit April 2022 den Ortsansässigen aber auch Urlaubsgästen die Möglichkeit, regionale Lebensmittel direkt vor Ort zu kaufen. Die Regale sind gefüllt mit Obst, Gemüse, Honig, Eiern, Nudeln, Gewürzen, handgebrauten Bieren und Weinen, Marmeladen, Aufstriche, aber auch Snacks, Bonbons und sogar Bücher findet man bei genauerem Hinsehen. Alle Produkte kommen aus der Region und haben maximal 30 Kilometer bis zu Ellas Lädchen zurückgelegt.
Vom Gassi gehen zur Wohlfühloase
Die Geschichte des Ladens beginnt bereits vor acht Jahren, als Tim, der Inhaber, die Immobilie beim Gassigehen entdeckt. Zu diesem Zeitpunkt wohnt er in Jena und sieht in dem damals grauen, tristen Gebäude viel Potenzial. Steht man heute im Innenhof, kann man sich kaum vorstellen, dass dieser einmal einen leblosen Eindruck vermittelt hat. Tomaten, Zucchini, Kürbisse und viele Kräuterbeete machen ihn zu einer Wohlfühloase. Doch wie kam Tim auf die Idee, in einem so kleinen Ort einen Laden zu eröffnen?
Neuengönna liegt direkt an der Saale-Horizontale, einer beliebten Wanderstrecke. Damals klingeln Wandernde häufig bei Tim, um nach einer Toilette oder frischem Wasser zu fragen. Laufkundschaft ist also direkt vorhanden gewesen. So bilden sich auch die ersten Ideen eines Hofladens, in dem man den Wandernden Getränke anbieten kann. Vor fünf Jahren kommt die Idee auf, eine Tür in das alte Schlachthaus zu bauen. Und so wird es später umgesetzt. Noch heute erinnern Metallelemente an der Decke an die ursprüngliche Funktion des Häuschens. Doch gefüllt ist es nun mit Leben. Mit regionalen und teilweise einzigartigen Produkten. Denn nach einiger Recherche findet Tim heraus, dass zahlreiche Produkte des täglichen Bedarfs in Thüringen hergestellt werden. Er fängt an Kontakte zu knüpfen und vergrößert so immer weiter sein Netzwerk. So bildet sich das Ladenkonzept organisch. Von Markenprodukten der Region bis hin zu selbst gemachtem Zucchini-Aufstrich aus dem Dorf. Bei ihm findet man auch Produkte von Amateuren und Privatpersonen. Und das stärkt auch das Gemeinschaftsgefühl vor Ort.
Teil eines Ressourcenbewussten Projektes
Tim hatte vor dem Geschäftsstart schon einige Ladengründungen miterlebt und kannte somit den Prozess und seine Herausforderungen. Bei einem Wettbewerb gewinnt er eine Beratung bei der IBA, die ihn bei der Beantragung von Fördergeldern unterstützen. Die Internationale Bauausstellung (IBA) Thüringen hat zum Ziel, Leerstände im Land umzubauen und neu zu nutzen. Dabei entwickeln sie ressourcenbewusste Projekte mit neuen Herangehensweisen an Zusammenarbeit. Experimentelle Ideen schrecken sie nicht ab, sondern sind gern gesehen, insbesondere wenn gemeinwohlorientierte Werte dahinterstehen. Sie bieten Vernetzung, Beratung, Unterstützung und Motivation für Projektträger:innen. Dank ihnen müssen sich die Projektträger:innen nicht allein auf den Weg in ihr Projekt begeben und haben Ansprechpartner:innen, die ihnen zur Seite stehen. Die Projekte sind Inspiration und Modellprojekt für Menschen die eigene Ideen umsetzen wollen, aber auch für ganze Gemeinden und andere Bundesländer, die mit solch einer Arbeitsweise auch die verbaute Energie und räumliche Ressourcen effizient nutzen können.
Besonders zeigt sich diese Grundidee der Nutzung von Leerstand am Tag der Sommerfrische im Schwarzatal. Dieser fand in diesem Jahr am 21. August statt. An verschiedenen Orten im Schwarzatal gibt es an diesem Tag Ausstellungen, Mitmach-Angebote, Essen, Trinken und vieles mehr. Am Bahnhof Rottenbach findet man beispielsweise im Bahnhofsladen regionale und ökologische Produkte. Sogar die asphaltierten Parkflächen wurden genutzt und durch Kräuterbeete aufgelockert
Unterstützung durch die IBA-Projekte
Die IBA-Projekte zeigen, wie man Leerstand sinnvoll nutzen kann und welche zahlreichen Vorteile die lokale Gemeinschaft davon hat. Ellas Lädchen ist zwar für Tim nicht existenzsichernd, jedoch trotzdem eine erfüllende Arbeit, die er dank seines Hauptjobs als Schriftsteller betreiben kann. Das Wiederbeleben eines Ortes kann andere inspirieren, sich etwas Eigenes aufzubauen und Ideen umzusetzen. Beteiligte lernen, sich zusammenzutun und sich gegenseitig zu unterstützen. Dafür muss einer oder eine den Mut haben, anzufangen. Gerade dieses Konzept und Tims Herangehensweise stärken außerdem die Logistik regionaler Produkte. So wird momentan ein „Thüringer Regional Regal“ aufgebaut. Es steckt noch in den Kinderschuhen, soll jedoch ein Verteiler für Thüringer Produkte werden, quasi eine zentrale Stelle, an der man alle regionalen Produkte finden und sich für das eigene Unternehmen liefern lassen kann. Ideen wie diese brauchen wir dringend, um Nachhaltigkeit auf lange Sicht und fair für alle umsetzen zu können.
Hard Facts:
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