Gelegentlich werden Medienprojekte in der Schule auch von medienpädagogischen Elternabenden begleitet. Dies ist von immenser Bedeutung, da Medienkompetenz zwar am ehesten in der Schule oder anderen pädagogischen Einrichtungen vermittelt wird, Medienerziehung aber in der Familie stattfinden sollte, da die Nintendo Switch oder der Netflix-Account eher zu Hause als in der Schule genutzt werden. Diese Elternabende dienen der Information, Prävention und Intervention. Das heißt, nach einer kurzen Wissensdosis zu aktuellen medialen Phänomenen, Potenzialen und Gefahren werden im offenen Gespräch akute Problemlagen besprochen und potenzielle Lösungen vorgeschlagen.
Medienerziehung ist wichtig
Dabei werden immer wieder die gleichen nachvollziehbaren Fragen gestellt, wie zum Beispiel: „Wie lange darf mein Kind am Tag am Handy oder Tablet sein?“. Bei solchen Fragen werden von einer medienpädagogischen Fachkraft schnelle und einfache Antworten erwartet. Leider ist es nicht so einfach, wenn man sich in sozialen Berufen und Beziehungen befindet. Jeder Mensch ist individuell und sollte so betrachtet werden. Kinder und Jugendliche sind keine Parkscheinautomaten, die nach einem gewissen Input die maximale Nutzungsdauer vorgeben. Manche Kinder werden nach 15 Minuten YouTube unruhig, andere nach mehr als einer Stunde.
Begleitung ist wichtig
Medienerziehung heißt begleitete Lebenswelterschließung im analogen und digitalen Raum. Medienkompetenz bedeutet unter anderem selbst zu erkennen, wie viel Medienkonsum mir guttut oder auch nicht. Diese Fähigkeiten der Einschätzung und Reflexion werden uns aber nicht in die Wiege gelegt. Wir müssen sie lernen und mit positiven und negativen Erfahrungen verknüpfen. Das Selbstverständnis, dass Kinder und Jugendliche also gefälligst mal ihren eigenen Medienkonsum reflektieren und regulieren sollen, ist in den meisten Fällen ohne Begleitung nur schwer möglich.
Begleitete Medienerziehung heißt jedoch nicht, dass wir den Medienkonsum unserer Kinder komplett überwachen und jedes TikTok-Video und jede WhatsApp-Nachricht anschauen und bewerten müssen. Es ist okay, wenn nicht jeder Medienkonsum mit hochqualitativen Inhalten versehen ist. Wenn ihr auf euren Medienkonsum heute und früher schaut, ist und war sicher auch einiger Stumpfsinn dabei. Dieser Stumpfsinn führt nicht direkt zur Verblödung, sondern kann zur Entspannung beitragen. Schließlich sind „Bauer sucht Frau“ und das „Dschungelcamp“ nicht ohne Grund unter den erfolgreichsten TV-Formaten 2023.
Negativer Einfluss des Medienkonsums
Bedenklich wird es, wenn der Medienkonsum einen negativen Einfluss auf Psyche und Körper hat. Dies bekomme ich natürlich am besten mit, wenn ich mein Kind punktuell beim Medienkonsum beobachte und mit ihm spreche. Solche Gespräche sind natürlich meist nicht einfach. Aber wenn Landwirte, Lokführerinnen und viele andere nicht reguliert und fremdbestimmt werden möchten, warum sollten es dann Kinder wollen?
Präventive Maßnahmen
Um den Schwierigkeiten einer akuten Problemlage vorzubeugen, können präventive Maßnahmen hilfreich sein. So wurde ich nach einem Elternabend von einer Mutter mit folgender Problematik konfrontiert: Das Kind hatte mit zahlreichen Mikrotransaktionen über 400 Euro in ein Mobile-Game investiert. Als ich nach der Bezahlmethode fragte, die das Kind nutzte, meinte die Mutter, dass ihre Kreditkarte ohne Passwortschutz hinterlegt gewesen sei. Nun kann jede und jeder selbst entscheiden, wer für dieses Problem die Hauptverantwortung trägt. Fest steht aber, wenn ich in der Wohnung gut sicht- und erreichbar Schokolade verteile, ohne etwas zu sagen, brauch ich mich nicht zu wundern, wenn sie dann „verschwunden“ ist.
Smartphones, Tablets, Laptops und Router können mit zahlreichen Sicherheitsmaßnahmen gesichert werden. Dabei geht es nicht nur darum, Ausgaben und Zeiten zu regulieren, sondern auch Kinder vor jugendgefährdeten Inhalten zu schützen oder ein einfacheres Navigieren durch den digitalen Raum zu ermöglichen. All dies ist natürlich mit etwas Aufwand verbunden. Wenn wir unsere Kinder aber das erste Mal auf ein Fahrrad setzen, investieren wir ja auch in Helm und Beleuchtung und nehmen uns Zeit, ihnen den sicheren Umgang mit dem Gefährt beizubringen. Warum also nicht auch beim Smartphone in sichere Software investieren und sich Zeit nehmen, um gemeinsam die Datenschutz- und PrivatsphäreEinstellungen bei WhatsApp, Instagram und Co. durchzugehen?
Informationswege für Eltern
Der Elternratgeber www.schau-hin.info bietet hier zahlreiche Tipps und Hilfen sowohl bei technischen als auch sozialen Herausforderungen. Neben Informationstexten und digitalen Elternabenden gibt es auch Medienkurse für Eltern und Anregungen zum begleiteten Medienkonsum.
Medienpädagoge Kay Albrecht | Foto: Kay Albrecht
Autor und Medienpädagoge Kay Albrecht ist Profi auf seinem Gebiet. Als freiberuflicher Pädagoge schult der Erfurter die unterschiedlichsten Zielgruppen medienpädagogisch – und jetzt seid auch ihr dran. Regelmäßig klärt Kay in seiner Kolumne über Medienphänomene auf, um kritische Zugänge zu den alltäglichen Herausforderungen der medial geprägten Lebenswelt zu legen.
Mehr zu Kay:
Hard Facts:
- Aktionstage Menschen, Medien und Meinungsbildung: 13. bis 15. Februar | jeweils von 10 bis 15 Uhr
- Haus Dacheröden | Anger 37 | Erfurt |
- Alle Infos unter: www.faktenforschen.de