„Religionen und Weltanschauungen sind Privatsache, Menschenrechte nicht. Respekt blickt auf Augenhöhe – Toleranz schaut herab. Vernunft ist keine Erfindung der Aufklärung, sondern der Evolution.“ – Das sind drei Thesen, über die man diskutieren kann. Sie formulieren Inhalte, deren Bedeutungen sich erst im Diskurs mit anderen erschließen. Und es sind drei Behauptungen, die bei der Veranstaltungsreihe Respektraum, vom 29. Januar bis 29. Februar, im Café Nerly in Erfurt zum Gespräch einladen sollen.
Ein Ort zum Nachdenken und Diskutieren
Einen Ort zum Nachdenken und sachlichen Diskutieren über gesellschaftliche Themen, will Jörg Krieg mit dem Projekt schaffen. In Kooperation mit dem Respektraum e. V., der sowohl die Thesen als auch die dazugehörigen Materialien stellt, veranstaltet der Kulturbeauftragte des Nerlys das Format, das aus zwei Diskussionsabenden und einer Dauerausstellung besteht. In einer sogenannten Eröffnungsdebattenveranstaltung Ende Januar wird das außergewöhnliche Projekt vorgestellt. Die Thesen werden dann, salopp formuliert, in den Raum geworfen.
Austausch in aufgeladenen politischen Zeiten
Auf großen Plakaten prangen diese in der Folge einen Monat lang an den Wänden des großen Café-Saals. Startschuss für den Respektraum im Nerly ist Montag, der 29. Januar, um 19 Uhr. Am Eröffnungsabend ist eine Moderatorin des Respektraum e. V. vor Ort, die den Austausch lenkt. Die Diskussion ins Rollen bringt. „Die Menschen werden bei der Veranstaltung angeleitet, über die Thesen ins Gespräch zu kommen“, erklärt Jörg Krieg und fügt an: „Ich mache mir schon seit Längerem Gedanken, wie man in diesen aufgeladenen politischen Zeiten mit Menschen in Austausch treten kann, die einen anderen Standpunkt besitzen.“
Zum Austauschen und Argumentieren
Seine Gedanken teilte der Wahlerfurter auch mit Anica Happig. Die Leiterin des Phoenix-Theaterfestivals stellte daraufhin den Kontakt zu Gregor Siebenkotten her, dem Vorsitzenden und Initiator des Respektraum e. V.. Bei einem ersten Besuch in Erfurt im vergangenen August sondierte er die Lage vor Ort und passte das Projektkonzept auf die Bedürfnisse des Nerly an. Sein Ziel: das Nerly in einen Respektraum verwandeln – einem geschützten Ort, der zum Nachdenken, Austauschen und Argumentieren animiert.
Der Verein liefert den Rahmen. Dafür werden in den Respekträumen Thesen über Werte, Menschenrechte und Grundsatzfragen des Miteinanders präsentiert, die Anreize zu grundsätzlichen Gedanken und Debatten jenseits der Tagespolitik bieten sollen. Die Voraussetzung für diesen Austausch liefert der namensgebende Respekt, „der nicht als moralische Forderung daherkommt, sondern als notwendige Voraussetzung für Grundsatzdebatten“, so Jörg Krieg. „Respekt bedeutet Achtung oder Wertschätzung gegenüber einer Person, Meinung oder Lebensweise ohne notwendigerweise die entsprechende Ansicht oder Lebensauffassung zu teilen.“ Der studierte Philosoph weiß, dass es gewisse Regeln der Kommunikation gibt, ohne die ein sinnvoller Austausch nicht möglich ist. Deshalb will er der immer mehr verrohenden öffentlichen Debatte mit dem Respektraum-Projekt einen Impuls entgegensetzen: „Nicht jeder, der eine andere Meinung hat, ist automatisch ein Feind. Wir sollten von diesem Schwarzweiß-Denken wegkommen und uns hin zu einem offenen Diskurs bewegen, der eine gesunde Demokratie bedingt.“
Impulsgebende Behauptungen laden zur Diskussion ein
Bis zur Abschlussveranstaltung am 29. Februar können sich Interessierte auf dieses Experiment im Nerly einlassen. Neben den verschiedensten Thesen, welche die Wände schmücken, findet ihr an jedem Tisch einen Aufsteller mit einer Anleitung. Zudem gibt es die impulsgebenden Behauptungen auf Karten, die ihr mit an den Tisch nehmen könnt, um zur Diskussion einzuladen.
Ausbrechen aus der eigenen Bubble
Wer spontan niemanden zum Austausch findet oder sowieso nur Gleichdenkende in seinem Bekanntenkreis hat, kann zudem via Onlineterminkalender Fremde zu einem Gesprächstermin einladen. QR-Code und moderne Technik machen es möglich, aus der eigenen Bubble auszubrechen und mit Andersdenkenden in Austausch zu treten.
Förderung einer Diskussionskultur mit Respekt
Das Respektraum-Projekt soll eine Kommunikationsanleitung bieten. Es soll die Möglichkeit liefern, die eigene Meinung zu hinterfragen und abseits von Polemik und Hetze für die sprachlichen Voraussetzungen des Miteinanders sensibilisieren. „Es geht um die Förderung einer Diskussionskultur mit Respekt“, sagt Jörg Krieg abschließend und fügt an: „Das ist in der heutigen Zeit wichtiger denn je. Wir müssen wieder lernen, dass es nicht um die Lautstärke geht, sondern um Argumente. Ohne eine fundierte Gesprächsgrundlage ist kein Austausch auf Augenhöhe möglich und in der Folge auch kein gesellschaftlicher Frieden.“
Hard Facts:
- Respektraum Erfurt: 29. Januar bis 29. Februar | Café Nerly | Marktstraße 6
- Montag bis Samstag ab 17 Uhr geöffnet
- Eröffnungsveranstaltung: 29. Januar um 19 Uhr | Abschlussveranstaltung: 29. Februar um 19 Uhr
- Mehr: respektraum.org und nerlyerfurt.de
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