Moderat – Modeselektor im Interview
Gernot Bronsert und Sebastian Szary sind unter ihren echten Namen den wenigsten bekannt. Und doch füllen sie mit ihrer Musik Konzertarenen von New York bis Tel Aviv. Gemeinsam mit Sascha Ring alias „Apparat“ bilden sie die weltbekannte Band „Moderat“, die Liebhabern elektronischer Musik das Herz höher schlagen lässt. Und auch als Duo sind sie unter dem Namen „Modeselektor“ nicht minder erfolgreich. Um so schöner ist es daher, dass Musiker dieses Kalibers der Thüringer Hauptstadt einen Besuch abstatten und sich im Club Kalif Storch am kommenden Samstag die Ehre geben, das Publikum mit ihren Elektrobeats zu begeistern. Grund genug, vorab mit Gernot Bronsert über die Gründe ihres Gastspiels, ihre Verbindung zum Freistaat und die Zukunft ihres künstlerischen Schaffens zu reden:
Ihr tretet als Modeselektor auf Festivals vor tausenden Menschen auf. Als Moderat lockt ihr Zehntausende in die Konzertarenen der Welt. Was bewegt euch nach Erfurt, in den Club Kalif Storch zu kommen?
Wenn wir unterwegs sind – auf Tour –, dann spielen wir ein richtiges Konzert. Dann haben wir eine große Lichtshow, eine Videoinstallation und eine riesige Musikanlage mit dabei. Um das zu stemmen, brauchen wir eine Crew – Techniker, die mit uns unterwegs sind, die alles aufbauen und uns helfen, unsere Show zu realisieren. Und diese Crew kommt aus Erfurt und betreibt dort den Club Kalif Storch. Das ist unsere Connection.
Außerdem finde ich es wichtig, dass Jugendkultur im Osten von Deutschland auf einem anderen Level stattfindet. Das machen die Jungs von „Lotus Lumina“ super. Der Kalif Storch ist ja nicht nur irgend so ein Technoclub. Er ist Jugend- und Kulturzentrum gleichzeitig – alles aus Eigeninitiative. Das finden wir gut und deshalb kommen wir auch gerne nach Erfurt.
Die Kalif-Jungs, bzw. Lotus Lumina, sind maßgeblich für eure Bühnenshows verantwortlich. Wie seid ihr eigentlich zu den Jungs gekommen? Was schätzt ihr an ihnen?
Ich sag’s mal so: Uns verbindet eine Freundschaft, die durch einen anderen Künstler aus Erfurt entstanden ist – Clueso. Der hat eine ähnliche Herangehensweise, mit seinem Erfolg umzugehen, wie wir. Er macht alles selbst und gemeinsam mit Freunden. Vor vielen Jahren hatte sich deshalb herumgesprochen, dass die Erfurter Festival- und Konzertproduktionen so richtig drauf haben und es hat sich dann irgendwie ergeben, dass wir angefangen haben, mit den Kalif-Jungs zu arbeiten. Sie sind jetzt unsere Quotenthüringer und man konnte sie immer mit ’nem Würstchen glücklich machen. (lacht)
Spaß beiseite: Irgendwie fanden wir es sympathischer eine kleine unabhängige Firma zu unterstützen als ein großes, etabliertes Tour-Unternehmen. Das hat sich für uns total ausgezahlt. Wir haben dadurch gute Freunde gefunden, die einen ganz anderen kreativen Ansatz haben. Da geht es nicht nur um: „Hier ist das Geld. Denk Dir jetzt mal was aus!“, sondern die brennen total für ihre Sache. Sie kommen direkt von der Front, sind immer im Einsatz, haben sich alles selber über die Jahre beigebracht und sind jetzt zu absoluten Vollprofis auf internationalen Standard herangewachsen.
Dieser Club, Kalif Storch, ist ja eher so deren Herzensprojekt, denn ihr Geld verdienen sie natürlich bei internationalen Tourneen: mit Paul Kalkbrenner, uns, Clueso und diversen anderen großen Künstlern. Lotus Lumina ist schon ’ne Hausnummer.
Ihr wart als Moderat auch schon in Thüringen und habt die „Quotenthüringer“ überall auf der Welt dabei? Was verbindet ihr sonst so mit Thüringen außer Bratwurst und Klöße?
Irgendwie ist Thüringen ein Stückchen Heimat. Wir sind zu 80 Prozent im Ausland mit unserer Musik unterwegs, kommen aber beide aus der ehemaligen DDR und haben immer einen Bezug zur Landschaft und den Leuten gehabt. Das ist wie ein Heimspiel, auch wenn man ’ne Bulette ist und aus Berlin kommt.
Die Musik, die ihr als Modeselektor macht, ist schwer einzuordnen. Im Internet ist zu lesen, es sei eine Mischung aus Hip Hop, Techno, Elektro. Wie würdet ihr einen Ausstehenden eure Musik beschreiben?
(Lacht) Das ist die berühmte Frage, auf die jeder Musiker wartet. Einem Außenstehenden kann ich die Musik schwer beschreiben. Das ist Tanzmusik massivster Art. So wie es die Frage schon angeschnitten hat, ist es am Ende auch. Langeweile und Stagnation in der Clubmusik ist für uns ein Todesurteil. Wir versuchen alles miteinander zu verbinden, um so abwechslungsreich wie möglich zu sein, ohne damit zu nerven.
Es findet nicht alles immer auf einem Tempo statt, hat aber trotzdem einen Techno-Vibe. Am Techno mögen wir die Kontinuität – das „Im-Beat-verschwinden-können“. Man kann damit eine Stimmung erzeugen, die nicht von typischen Popmusik-Signalen gesteuert ist. Techno ist Musik, bei der man sich fallen lassen kann. Und das versuchen wir einfach so abwechslungsreich wie möglich zu gestalten.
Seit 1996 gibt es Modeselektor und die abwechslungsreiche Musik von euch schon. Wenn ihr zurückblickt, auf welche drei Dinge bist Du besonders stolz?
Im musikalischen Leben oder was?
Alles von 1996 bis jetzt.
Ich bin stolz darauf, dass wir uns – Sebastian und ich – noch immer so gut verstehen. Dass wir immer noch befreundet sind und zusammen Musik machen. Ich bin stolz, dass wir keine Spießer geworden sind (lacht). Und dass wir vielleicht den einen oder anderen auf seinem Weg im Leben beeinflusst haben.
Wo holt ihr nach so vielen Jahren noch die Leidenschaft für eure Musik her?
Die Leidenschaft ist gar nicht mal so das Problem. Weil wir nie etwas anderes gemacht haben als unsere Musik. Es besteht gar nicht die Option, keine Leidenschaft mehr zu besitzen. Das Problem ist manchmal eher Inspiration zu bekommen. Man hat immer mal wieder kreative Krisen, die man aber auch braucht, weil man einen hohen Anspruch hat, bei dem was man macht. Wir haben uns über die Jahre einen eigenen Maßstab gesetzt, dem wir gerecht bleiben wollen. Das ist eher die Schwierigkeit.
Inspiration ist wichtig. Und die Leute, die wir treffen, sind unsere Inspiration. Es ist cool, wenn man Künstlern begegnet, die sagen: „Ihr inspiriert uns immer noch und seid state of the art.“
Mit dem weltweit erfolgreichen Musikprojekt Moderat legt ihr jetzt eine Pause ein. Können wir auf ein neues Album von Modeselektor hoffen?
Ja. Wir sind gerade im Studio, haben auch schon mit ein paar Künstlern zusammengearbeitet und konzentrieren uns jetzt darauf, eine neue Modeselektor-Platte zu produzieren. Das müssen wir jetzt einfach mal für uns machen. Wir waren fast sechs Jahre lang eine andere Band und als Moderat unterwegs. Jetzt wollen wir uns wieder etwas auf unsere eigene Identität konzentrieren.
Wir besinnen uns quasi auf das, womit wir 1996 angefangen haben. Das ist ganz spannend, weil die Zeit ins Land zieht. Sachen verändern sich. Die Leute haben einen anderen Anspruch. Dabei muss ich aber betonen, dass wir die Musik nicht nur für die Leute machen. Wir machen Musik für uns selber. Würden wir das anders machen, dann wäre das nicht authentisch.
Außerdem kommen wir gerade aus dieser Moderat-Blase heraus, in der wir die letzten Jahre weltweit unterwegs waren, und befassen uns jetzt mit der Realität vor unserer Haustür. Deshalb finden wir es umso wichtiger, in so kleinen Läden wie dem Kalif Storch zu spielen – um einfach auch Flagge zu zeigen, dass wir nicht nur noch in New York oder Ibiza unterwegs sind, sondern auch hier. In Deutschland. Unserer Heimat.
Abschließend die obligatorische Bewerbungsfrage: Wo seht ihr euch in fünf Jahren?
In fünf Jahren sind wir wieder mit Moderat auf Tour.
Und bis dahin als Modeselektor?
Genau. Wir wollen Ende des Jahres als Modeselektor ein Album herausbringen. Wir planen bis dahin eine Handvoll ausgewählter Konzerte, so zwischen 10 und 15 Liveshows, die was ganz besonderes sein sollen. Da werden wir ganz bestimmt wieder mit unseren Erfurter Freunden zusammenarbeiten. 2019 gehen wir dann richtig mit dem neuen Album auf Tour. Zwischendurch legen wir auf, haben ein bisschen Spaß und klopfen die einzelnen Regionen in Deutschland ab.
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