Der Club „Kalif Storch“ hat sich zu einer neuen Instanz in der Erfurter Partyszene entwickelt. Das t.akt-Magazin hat mit einem der Köpfe hinter dem Projekt gesprochen und mehr über das märchenhafte Projekt erfahren. Die Party- und Veranstaltungsszene in Erfurt entwickelt sich. Alteingesessene Clubs, wie das „Centrum“ schließen; neue wie das Projekt „Kalif Storch“ entstehen. Die Thüringer Allgemeine hat mit Matthias Schüller, einem der Köpfe hinter dem neuen Veranstaltungsprojekt in der Landeshauptstadt gesprochen und herausgefunden, wie mit viel Einsatz und Liebe zum Detail neue Kulturräume erschlossen werden.
Wer oder was ist Kalif Storch?
Das ist eine gute Frage. Das definiert sich immer wieder neu. Alles begann mit einer einzelnen Party, in einer Off-Location im April 2015, wo wir einfach unsere Freunde und DJs einladen wollten. Damals war das ganze Projekt mehr oder weniger aus Zufall entstanden. Jetzt im Moment ist es ganz konkret der Name des Clubs. Das ist eine Location am Zughafen, am Güterbahnhof in Erfurt. Der Name ist jetzt „Kalif Storch“, aber das Kind hat keine Grenzen. Vielleicht ist es in einem Jahr noch ein Label, ein Veranstaltungsblog oder how ever.
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Da hast du das Kind ja schon beim Namen genannt. Kalif Storch war also erst ein Projekt und dann hat sich das zu einem Club entwickelt. Wo und wann genau hat das Projekt denn begonnen?
Im Prinzip ist es so, dass wir schon eine ganze Weile für Andere, für Erfurter Konzertagenturen, für Erfurter Veranstalter, Clubbesitzer und Technoveranstalter visuelle Konzepte erstellen, Licht bedienen, Licht aufbauen und wir dann im April einfach selbst etwas machen wollten.
Wenn du „wir“ sagst, sprichst du von „Lotus Lumina“?
Ja, da spreche ich im Grunde von Lotus Lumina. Wir sind ein Kollektiv von mal mehr, mal weniger vielen Freunden. Den Kern bilden ich und drei weitere Leute. Wir arbeiten zusammen und erstellen Lichtkonzepte, Bühnendesign, Projektionsmapping und vieles mehr. Seit etwa 10 Jahren haben wir unser Büro im Zughafen in Erfurt.
Besuche Kalif Storch auch auf:
Und wie kam es dazu, das Projekt „Kalif Storch“ zu realisieren?
Im April 2015 war da diese Location in der Hohenwindenstraße in Erfurt. Ich war im Januar bei einer Veranstaltung eines Freundes zum erstem Mal dort und wurde total zurückversetzt in die Zeit vor 8 Jahren oder so, als wir Technopartys gefeiert haben und das nur improvisiert in Hallen, mit Heizschlauch, voll fetter Anlage und einem Strobo. Es wurde einfach ein Tresen aufgebaut, ein paar Drinks verkauften, gute Musik gespielt und fertig.
Davon inspiriert, haben wir gesagt, ‚“Wollen wir da nicht auch Mal ‚nen Rave machen?“ Wir haben immer wieder mal Konzerte veranstaltet. Ich selbst war zum Beispiel mit Moderat oder mit Boys Noize auf Tour. Lotus Lumina betreut auch verschiedene internationale Künstler und wir wollten die auch hier her nach Erfurtholen.
Dann haben wir also das Triebwerk-Ding durchgezogen. Weil wir dort Licht, Video und Sounddesign am besten installieren konnten und es war ein voller Erfolg. Gegen null Uhr war eine riesige Schlange vor dem Gebäude. Wir wussten gar nicht, wie das zu Stande kommen konnte. Das ging alles irgendwie über Mundpropaganda und da haben wir gesehen, dass die Stadt nach so etwas ruft. Es war ehrlich gesagt ein finanzielles Desaster – darum ging es uns aber nicht. Wir sind bis dato keine Profiveranstalter gewesen, wollten uns mit der Party einfach selbst ausleben und es war megageil.
Was man im Kalif Storch erleben kann:
Beflügelt durch diesen Erfolg habt ihr beschlossen euch selbst eine dauerhafte Location zu suchen?
Das waren alles total witzige Zufälle. Es stand nach der Triebwerk-Party die Fête de la Musique an, wo gute Freunde von uns – die Hohes C Jungs – immer fette Partys gefeiert hatten. Die haben wir immer unterstützt, doch mittlerweile sind alle zerstreut. Beflügelt von der Triebwerk-Nummer organisierten wir kurzerhand einen Rave am Zughafen. Wolfgang Beese von der Stadt Erfurt hat uns dabei unterstützt. Benno Bounce und Franz haben aufgelegt und auf einmal waren tausend Leute da.
Im Laufe des Jahres gab es dann einige strukturelle Veränderungen im Zughafen. Mietflächen wurden frei und auf einmal war die Halle da. Wir selbst wollten uns eigentlich einen Tischtennisraum bauen, zum Abhängen und Mucke hören. Doch ein guter Freund und DJ – Matthias Kaden – hatte die Absicht noch einmal live in Erfurt zu spielen. Wir wollten dann angetrieben von den Geschehnissen des Sommers underground-mässig etwas machen.
Ende Oktober standen wir dann hier in der Halle am Güterbahnhof und haben gesagt, „am 5. Dezember können wir den Gig machen, schaffen wir das?“ Wir fingen an, die Halle auszuräumen, Anlage, Licht und eine Bar rein zu bauen und so weiter. Mit vielen Freunden gaben wir einen Monat Vollgas.
Der finanzielle Aspekt rückte da eher in den Hintergrund – wir haben erst einmal gemacht und alles bis Anfang Dezember geschafft. Kurz vor knapp waren wir fertig. Der Club eröffnete und war voll, es war geil und seitdem versuchen wir, das was wir mögen und das was wir geil finden, in unserer lieben kleinen Stadt zu präsentieren.
Doch wie genau kam es dann zu den märchenhaften Namen – Kalif Storch?
Die Leute haben gefragt: „wie nennt ihr euer Projekt?“ Wir mussten also dem Kind einen Namen geben und haben uns einfach etwas aus der Hüfte geschnitten. Ein guter Freund, mit dem wir zusammenarbeiten, hat irgendwann „Kalif Storch“ in den Raum geworfen und dann war das gesetzt, weil es cool ist.
Vom Namen zum Artwork – wer hat sich das für Kalif Storch typische Handmotiv ausgedacht?
Alles Zufälle. Wir wollten die Triebwerkparty etwas Steuern und müssen ja schauen wie viele Leute kommen. Deshalb haben wir Eintrittskarten gedruckt, um den Menschen auch etwas in die Hand zu geben. Ein Freund, der ein Grafikdesignbüro in Hamburgbesitzt, hat dann einfach die Hand auf die Karten geknallt und das verselbstständigte sich. Das ist gar nichts konstruiert.
Du hast die Einladungen erwähnt, warum müssen sich die Besucher vor jeder Veranstaltung eine solche besorgen?
Es hat zwei Seiten. Zur Einen ist es so, dass wir das aus rechtlichen Gründen machen mussten. Wir mussten dafür sorgen, dass der Zufluss einer Veranstaltung organisiert ist. Auf der andern Seite ist es so, dass wir den Leuten eben etwas in die Hand geben wollen, sie persönlich einladen und sagen „Ey komm doch mal vorbei. Wir sind alle da und das wird ne‘ fette Nummer!‘“
Ihr stellt euch musikalisch und veranstaltungstechnisch breit auf. Zum einen gibt es HipHop, zum anderen Techno und zwischendurch auch ganz andere Veranstaltungen. Habt ihr da ein Konzept?
Wir haben kein Konzept. Das Konzept entsteht beim Machen. Wir kommen aus der elektronischen Musikkultur, hören aber alles Mögliche. Wir wollen ein elektronischer Laden sein, der Leute auch aus anderen Städten anlockt. Jedoch wollen wir uns keine musikalischen Grenzen geben und uns in ein Genre drücken lassen. Wir wollen ein bis zweimal im Monat eine elektronische Veranstaltung machen und uns einfach ausprobieren. Wir wollen keine Multifunktions-Veranstaltungsstätte sein, die man buchen kann. Sondern die Vielfalt, wie sie uns gefällt, nach Erfurt holen.
Du hast gesagt der Club entwickelt sich. Was soll da noch passieren? Ist die Location jetzt vorerst fertig ausgebaut?
Wenn es irgendwann irgendwie gleich bleibt, dann machen wir das nicht mehr. Der Club und das Projekt bleibt immer in Bewegung. Wir wollen beispielsweise den Garten vorm Zughafen ausbauen. Wir schrecken vor nichts zurück, was Essen, Restaurant oder Hafenmarkt angeht. Drin oder draußen, wir machen das, was Spaß macht und was wir wollen. Wir sind selbst auch Handwerker und bauen gerne mit Holz und wollen das weiter ausleben.
Was ist in nächster Zeit musikalisch und veranstaltungstechnisch noch so in Planung?
Es gibt Ideen. Wir wollen auf jeden Fall was zur Fête de la Musique machen – zur EM vielleicht auch, weil wir alle gerne Fußball schauen. Im April ist zum Beispiel ein HipHop Konzert von „Moop Mama“, das haben wir zusammen mit UNA-Concerts geplant und natürlich gibt es noch die regelmäßigen Elektropartys.
Also können sich die Erfurter erst einmal darauf einstellen, dass das „Kalif Storch“ erhalten bleibt?
Darauf können sie sich einstellen. Wir arbeiten mit der Stadtverwaltung zusammen. An dieser Stelle ein grosses Danke an die Stadtverwaltung, Marc Lischewski, Dietmar Schwert, Herr Schröder, Frau Krieger, Herr Schröder und Frau Gille. Ach und ohne Ramona Aulitzky von der Bahn und Andie Welskop vom Zughafen würde es nicht laufen.
Der Weg ist nicht so leicht. Wir haben erst einmal die Möglichkeit das Ding noch weiter zu machen und geben nicht so schnell auf. Es bleibt spannend, doch wir geben uns Mühe und stecken weiter Liebe und Kreativität in das Projekt. Wir merken die Leute haben Bock aufs „Kalif Storch“ und that‘s it!
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