Pädagogische Maßnahmen und Ordnungsmaßnahmen.
Wie versprochen wird heute mal ausnahmsweise aus dem Thüringer Schulgesetz geplaudert.
So ein Gesetz ist zugegebenermaßen ziemlich trocken, andererseits wie „Kaugummi“. Und schon sind wir mittendrin im Gesetzesdschungel: Kaugummi ist laut Thüringer Schulgesetz in der Schule nicht verboten. Verboten sind stattdessen der Besitz, Handel und Genuss von Rauschmitteln und alkoholischen Getränken innerhalb der Schulanlage. Das Verbot gilt laut § 51 des Thüringer Schulgesetzes nur für die Schüler, nicht für die Lehrer. Was für eine Gesetzeslücke!
Die Lehrer dürfen den Schülern darüber hinaus Gegenstände, die den Unterricht oder die Ordnung stören können oder stören, wegnehmen und sicherstellen.
Im Übrigen gilt, dass euch Schülern gegenüber zuerst pädagogische Maßnahmen ergriffen werden müssen, bevor euch gegenüber Ordnungsmaßnahmen verhangen werden dürfen. Pädagogische Maßnahmen liegen in der Verantwortung der Schule. Dazu gehören insbesondere das Gespräch mit dem Schüler, das Lob und die Ermahnung, gemeinsame Gespräche mit Eltern und Lehrern, die formlose Missbilligung des Fehlverhaltens, die Beauftragung mit Aufgaben, die geeignet sind, den Schüler sein Fehlverhalten erkennen zu lassen, sowie das Nachholen schuldhaft versäumten Unterrichts nach Benachrichtigung der Eltern. So steht es jedenfalls im Thüringer Schulgesetz. Das Schulklo zu putzen gehört – soweit ersichtlich – nicht zu den erlaubten pädagogischen Maßnahmen, es sei denn, ihr habt vorher die Toilettenwand beschmiert.
Zeigen die pädagogischen Maßnahmen keinen Erfolg, soll gegenüber den Eltern eine schriftliche Mitteilung erfolgen. Hier kommt es auf das Wörtchen „soll“ an: Die Lehrer müssen nicht, sie müssen nur bei schweren oder häufigen Pflichtverletzungen des Schülers einen Hinweis an die Eltern geben.
Ordnungsmaßnahmen sind nach § 51 Thüringer Schulgesetz:
- 1. der schriftliche Verweis durch die Klassenlehrer
- 2. der Ausschluss von besonderen Klassen- oder Schulveranstaltungen durch den Schulleiter auf Beschluss der Klassenkonferenz sowie vom Unterricht in Wahlfächern und freiwilligen Unterrichtsveranstaltungen
- 3. der strenge Verweis durch den Schulleiter
- 4. die Versetzung in eine Parallelklasse der gleichen Schule durch den Schulleiter auf Beschluss der Klassenkonferenz
- 5. der Ausschluss vom Unterricht für die Dauer von bis zu sechs Tagen durch den Schulleiter auf Beschluss der Klassenkonferenz
- 6. der Ausschluss vom Unterricht für die Dauer von bis zu vier Wochen durch den Schulleiter auf Beschluss der Lehrerkonferenz und mit Zustimmung des zuständigen Schulamts
- 7. die Zuweisung an eine andere Schule der gleichen Schulart durch das zuständige Schulamt; den Antrag stellt der Schulleiter auf Beschluss der Lehrerkonferenz.
Ihr solltet wissen, dass die Lehrer bei Verhängung von Ordnungsmaßnahmen nicht an die Reihenfolge im Gesetzestext gebunden sind. Vor Erlass sind Ordnungsmaßnahmen grundsätzlich anzudrohen und ihr seid immer anzuhören. Eine Androhung darf nur in dringenden Fällen weggelassen werden.
Die Lehrer dürfen keine anderen als die im Gesetz genannten oder zusätzlichen Maßnahmen „erfinden“. Auch darf niemals eine ganze Klasse oder eine Gruppe von Schülern bestraft werden. Ordnungsmaßnahmen und pädagogische Maßnahmen dürfen aber miteinander kombiniert werden. Zum Schluss bleibt zu wünschen, dass die Lehrer möglichst selten in die Verlegenheit geraten, pädagogische oder Ordnungsmaßnahmen ergreifen zu müssen und die Schüler möglichst selten solche Maßnahmen kassieren. Sieht auch nicht gut aus in der Schülerakte. In diesem Sinne eine schöne „maßnahmefreie“ Schulzeit!
Im nächsten Heft gehen wir noch einen Schritt weiter und beleuchten das Strafrecht genauer.