„Heute hat die Welt Geburtstag“ – Lesung mit Flake
Bevor es für Rammstein im nächsten Jahr auf ihre „Europe Stadium Tour“ geht, genießt Keyboarder Christian „Flake“ Lorenz noch einmal die ruhige Version auf seiner Lese-Tour. Mit seinem zweiten Buch „Heute hat die Welt Geburtstag“ kommt er im Januar auch nach Thüringen. Wir haben den „Tastenficker“ gefragt, wo für ihn der Reiz zwischen Kultur und Rock liegt.
Man sagt, du besitzt die Fähigkeit, „wunderbar seltsame Bücher“ zu schreiben. Ist das Talent naturgegeben oder konnte man dich in Schreibkursen entdecken?
Ich bin persönlich da eher unsicher, weil ich das Gefühl habe, dass mein Schreibstil unter aller Sau ist. Ich versuche so zu schreiben, wie ich spreche und anscheinend ist es auch für die Leute somit leichter zu verstehen. Das Buch zu lesen ist so, als ob ich mit den Leuten spreche.
Meine Lesungen gestalte ich so, dass ich nicht unbedingt das erzähle, was auch in meinem Buch steht. Dafür kaufen sich die Leute ja schon bereits das Buch. Ich berichte frei auch über andere Sachen, welche ich vorher noch in keinster Art und Weise widergegeben habe.
Hast du eigentlich vor deinen Lesungen mit weniger Publikum mehr Lampenfieber als vor euren großen Konzerten?
Es wirklich so, dass eine Lesung für mich viel aufregender ist. Das liegt allein schon daran, dass ich bei einem Konzert zusammen mit der Band auf der Bühne stehe, wir Kostüme tragen und einfach die ganze Routine mit dabei ist. Da ist jeder Schritt und Moment geplant. Bei meinen Vorlesungen stehe ich ja regelrecht „nackt“ vor dem Publikum und muss mich mit meiner Stimme immer wieder aufs Neue beweisen.
Macht es dir dennoch Spaß?
„Spaß“ ist so inflationär benutzt worden, alles ist „fun“. Somit kann man kaum noch unterscheiden was wirklich Ernst und was Spaß ist.
Anders gefragt: Was macht dir denn Freude?
Mir macht ganz vieles Freude. Das fängt schon damit an, dass ich morgens aufwache und sehe, dass ich noch lebe, nichts weh tut und es auch den Leuten aus meinem Umfeld gut geht. Ich bin da relativ anspruchslos.
Du bist sehr bodenständig geblieben.
(lacht) Das ist ein Wort mit dem ich nichts anfangen kann. Was ist denn bodenständig? Im Endeffekt sind wir ja alle am Boden.
Bodenständigkeit ist vermutlich das Letzte, was viele Leute erwarten würden, von jemandem, der seit über 20 Jahren erfolgreich in einer sehr bekannten Band spielt.
Bei den Musikern, die ich kenne, welche auch schon sehr lange in diesem Geschäft tätig sind, gibt es keinen auf den dieses Wort nicht zutreffen würde. Da gibt es keinen der auf Wolke 7 schwebt und am Pool mit vielen Frauen und Schampus sitzt.
Ich denke einfach dass dieser Mythos von den Leuten stammt, die sich sowas von ihren Idolen erträumt haben und diese auch nicht mehr als normale Menschen, sondern als gottgleiche Wesen angesehen haben.
Wer würde sich denn sein großes Idol im Schlafanzug oder beim Flaschen wegbringen vorstellen? Man erträumt sich dann immer andere Dinge von diesen Personen, als es im normalen Leben üblich wäre.
Du hast selbst mal gesagt, dass sich der Rock´n´ Roll verändert hat – dass der Ausnahmezustand auf der Bühne zum Alltag geworden ist. Was würdest du als erfahrener Musiker heutzutage jungen Bands empfehlen, um sich von der Menge abzuheben?
Erstens: einfach spielen. So oft und so lange, wie es geht und jegliche Möglichkeit mitnehmen um aufzutreten.
Zweitens: Nicht zu versuchen, jemand anderes zu kopieren, sondern sein eigenes Ding zu finden und durchzuziehen. Ein Erkennungsmerkmal finden.
Die wichtigste Empfehlung, die aber meine anderen beiden Aussagen außer Kraft setzt ist, nicht auf den Ratschlag von anderen zu hören. Einfach machen was man will. Das war auch unser Weg zum Glück.
Da wir aus dem Osten kamen, war uns auch völlig unbekannt was uns erwartet, wir kannten den Erfolg nur DDR-weit. Wir mussten uns nie mit echten Bands oder Verkaufszahlen messen, eigentlich alle Kriterien die es für Musik gab, galten für uns nicht. Ein Erfolg konnte in der DDR sehr schön sein, war aber nicht wirklich „real“.
Wie war dann das Gefühl als ihr realisiert habt, dass ihr auch international erfolgreich seid?
Das ist für mich eigentlich immer noch unglaublich. Man hat Angst, dass der Traum irgendwann vorbei ist und die Mutter rein kommt und man in die Schule muss. Wieso ausgerechnet wir und wieso rennen die Leute ausgerechnet auf unsere Konzerte? Das ist unvorstellbar. Auch nach 20 Jahren noch.
In deinem Buch erzählst du von diesem Alltag. Es trägt den Titel „Heute hat die Welt Geburtstag“, was bedeutet der Titel genau?
Ein Geburtstag ist ein besonderer Tag, auf den man sich das ganze Jahr freut. Ich feiere im Prinzip jeden Tag Geburtstag wenn wir auf Tour sind. Nur eben an einem anderen Ort.
Wann und wo schreibst du an deinen Büchern?
Ich schreibe morgens, meistens zwischen halb und um sieben im Bett. Oder in der S-Bahn, mal mittags kurz. Einfach zwischendurch. Mich stört es nicht wenn Musik nebenbei läuft oder die Kinder spielen.
Ihr geht ja nächstes Jahr wieder auf Tour. Können wir da ein drittes Buch von dir erwarten?
Ich würde so gerne einen Roman schreiben, habe aber keine genaue Ideen. Deshalb handeln meine ersten beiden Bücher auch von mir selbst und was ich so erlebt habe. Ein Roman handelt wieder von einer anderen, eigentlich völlig fremde Person. Das muss man alles erstmal erfinden. Zudem gibt es auf der Welt noch 7 Milliarden andere Menschen, da muss man nicht noch andere Subjekte erfinden und sich um diese kümmern. Deshalb steht das alles für mich noch frei im Raum.
Ok also genießen wir erstmal deine bereits erschienenen Bücher die da sind und sehen dich bei deiner Lesung am 18. Januar in Gotha.
Ja naja, ick bin da.
18. Januar, 20 Uhrverschoben auf 19. Februar, 20 Uhr
Gothaer Kulturhaus
Tickets unter www.ticketshop-thueringen.de