Der Mecklenburger DJ, Live-Act, Labelchef und Festivalveranstalter Mollono.Bass aka Ronny Mollenhauer ist eine der wichtigsten Figuren der elektronischen Szene in Mecklenburg-Vorpommern. Auf seinem neuen Album „Together“, das am 14. Oktober erscheint, präsentiert er minimale, organische Techhouse-Beatz für den Dancefloor und erschafft ein harmonisches und emotionales Klanguniversum. Am 10. September tritt er beim Tagesfestival „3000 Grad on Tour“ im egapark in Erfurt auf. Wir durften vorab in sein neues Werk reinhören, mit ihm über das Landleben als DJ und das Draußen-Gefühl sprechen, das seine Musik vermittelt.
Du bist seit den 90ern als DJ aktiv, hast die Musik in Berlin kennengelernt, aber bist dann ganz bewusst zurück nach Mecklenburg-Vorpommern, wo du herkommst. Warum?
Ich habe in Berlin in den 90ern meine Ausbildung gemacht und die Stadt schätzen gelernt. Aber mir fehlte immer die Umgebung, in der ich aufgewachsen bin – an der Mecklenburger Seenplatte auf einem Campingplatz, den meine Mutter betrieben hat. Alles sehr naturnah. Egal in welche Richtung man hier läuft, spätestens nach fünf Minuten stehst du an einem See. Das vermisste ich in Berlin. Zudem bin ich ständig zwischen Heimat und Ausbildungsstelle hin und her getingelt. Besuchte meine Jugendfreunde, mit denen ich zu diesem Zeitpunkt schon begann, Musik zu machen. Ich brachte die Einflüsse aus Berlin mit, und es entwickelte sich dort eine Szene, an der Ich mitwirken konnte. Nach der Ausbildung wollte ich dann irgendwann wieder zurück. In die Natur.
Sind deine musikalischen Ambitionen dort auf einen fruchtbaren Boden gefallen?
Ja. In meinem Freundeskreis fanden sich Ende der 90er Leute zusammen, die elektronische Musik feierten. Ein Freund gründete in der Nähe einen Plattenladen. Der Nächste eröffnete ein Bar, in der unsere Musik lief. Irgendwie entstand eine Szene, die sich mit elektronischer Musik beschäftigte. Davon war ich schon immer ein aktiver Teil. Die Menschen besuchten unsere Veranstaltungen, lernten das Genre kennen, und so wuchs das immer weiter.
Und so hast du dich bestimmt ebenso weiterentwickelt … Bis zu deinem dritten Album, das Mitte Oktober erscheint. Wie würdest du deine Musik jemanden beschreiben, der keine Berührungspunkte mit dir hat?
Meine Musik ist elektronische Tanzmusik mit verschiedensten Einflüssen. Ich liebe die verschiedenen Spielarten des Genres. Davon lasse ich das, was mir gefällt, in meinem Sound zusammenfließen. Ich bin diesbezüglich ganz offen. Teilweise fließen auch Momente aus der Weltmusik und anderen Genres mit ein. Ich mag es zudem, mit Musiker:innen zusammenzuarbeiten, die ihre Impulse einbringen.
Das merkt man bei solchen Songs wie „A Bird with a Message“. Es steht ein gitarrig-indischer Sound im Vordergrund. Oft nutzt du verträumt klingende Flächen. Instrumente kann ich da nicht wirklich benennen, auch wenn der Sound sehr organisch klingt. Woher holst du die Samples und Inspiration?
Bei diesem Track arbeite ich fast ausschließlich mit Synthesizer. Da nutze ich verschieden Sounds und verändere die se. Oft ist es aber auch so, dass mir ein gewisser Sound oder ein Instrument wie Cello oder Gitarre vorschwebt. Dann lade ich mir Musiker:innen ein, die ich im Laufe der Jahre kennenlernte, und lasse sie ihr Instrument einspielen.
„Wir müssen endlich wieder mehr zusammenrücken, statt immer weiter auseinanderzudriften“, heißt es in
der Ankündigung deines Albums „Together“. Den gleichnamigen Song dazu hast du ebenso „together“, also zusammen mit den Musikern Rodden Von Ast und Andy´s Echo aufgenommen. Auf was bezieht sich der Albumname und der Song?
Der Titel heißt nicht nur „Together“, weil wir da zusammengearbeitet haben. Der Song und das Album transportierten für mich auf der emotionalen Ebene ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Deswegen der Name.
Würdest du sagen, elektronische Musik bringt Menschen zusammen?
Natürlich. Toleranz ist ein wichtiger Faktor in der Musikszene, in der ich mich bewege. Auf unseren Veranstaltungen feiert man gemeinsam und unabhängig von Nationalität, sexueller Orientierung, Religion, Hautfarbe und so weiter. Die Menschen gehen aufeinander zu, lernen sich kennen und respektieren sich. Gemeinschaftsgefühl steht für mich schon immer für diese Musikszene.
Haben dich bei der Namensgebung auch die vergangenen zwei Jahre beeinflusst, in der der die Gesellschaft etwas auseinanderdriftete? Drückt es den Wunsch aus, gemeinsam mit der Musik diese Spaltung zu überwinden?
Ja. Gerade in den vergangenen Jahren war es schlimm. Unterschiedliche Meinungen brachten die Menschen
sehr weit voneinander weg. Oft hatte ich das Gefühl, man hört sich gar nicht gegenseitig zu. Meinungen wurden in eine Ecke gestellt. Auseinandergehen bringt uns in dieser Zeit nicht weiter. Es gibt global gesehen so viele Probleme. Klimaschutz, Corona, Krieg – das alles ist nur lösbar, wenn wir gemeinsam daran arbeiten. Grundsätzlich ist meine Musik nicht politisch. Aber zwischen den Zeilen kann ich so etwas ausdrücken. Es gibt solche Titel, weil es mich beschäftigt. Der Alltag und was einen beschäftigt, fließt in die Musik ein. Das passiert ganz natürlich. Zudem sagen wir seit jeher in dem Rahmen, in dem wir agieren, dass wir nicht politisch sind, aber wir versuchen, unpolitisch politisch zu agieren (lacht).
Und dabei die Menschen zusammenzubringen.
Und gewisse menschliche Werte zu unterstreichen.
Beim Hören deines Albums „Together“ habe ich bei „Dancer in the Dark“ den Sonnenaufgang beim 3000 Grad Festival im Kopf. Beim Track „Tomorrow“ bin ich mitten in der Nacht. Generell hört sich dein neues Album nach draußen und Festival an. Nach Tanzen am See im Sand. Was meinst du, warum dieser Eindruck?
Ich mag Open Airs. Wir organisieren selbst auch Festivals, und da fühle ich mich schon am wohlsten. Draußen spiele ich einfach gerne. Ich bin in den Wintermonaten natürlich viel in Clubs unterwegs, und das ist auch superschön. Aber wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich am liebsten die ganze Zeit auf Open Airs spielen.
Was verursacht dieses „Draußen-Gefühl“ in deiner Musik?
Meine Tracks produziere ich zu Hause im ländlichen Raum. Oft sitze ich in der Natur oder auf dem Wasser und skizziere dort meine Tracks. Da entsteht ein anderes Klangbild als bei Künstlern, die die ganze Zeit von Stadt umgeben sind. Ich bin viel in der Natur. Das spielt einfach eine Rolle und fließt in die Musik mit ein.
Es gibt auf „Together“ aber auch clubbigere treibende Nummern wie „Namidu“, „Rays“ und „The Seekers“.
Hast du bewusst solche etwas härteren Klänge mit aufgenommen?
Das entsteht alles recht organisch. Gezielt mache ich das nicht. Aber funktionale clubbige Sounds sind mir wichtig, weil ich als DJ weiß, was auf dem Dancefloor gut funktioniert.
Du bist am 10. September zum „3000 Grad“-Showcase auf der ega in Erfurt. Du hast zudem 2008 das MusikLable „3000 Grad“ gegründet. Mir drängt sich auf, du könntest auch etwas mit dem 3000 Grad Festival zu tun haben, dass vor kurzem in Feldberg an der Mecklenburgischen Seenplatte stattfand.
Ja. Das Festival organisiere ich mit Freunden. Wir sind zudem eine Künstleragentur und agieren als 3000 Grad auf vielen anderen Veranstaltungen. Inzwischen sind wir ein breit aufgestelltes Künstler:innen-Kollektiv. Das Festival zu organisieren ist da ein schöner, aber langer und arbeitsreicher Prozess, der in einem Wochenende kulminiert. Da ist man im Nachgang immer etwas wehmütig, dass es so schnell schon wieder vorbei ist. Deshalb spielen wir nach dem Festival solche Gigs unter der Überschrift 3000 Grad und versuchen dieses schöne Open-Air-Gefühl etwas zu reproduzieren.
Wie läuft das eigentlich, wenn ein DJ/Producer ein Album veröffentlicht? Bei Bands mit neuem Album wird natürlich fleißig neue eigene Musik gespielt. Wirst du in Erfurt viele Tracks aus deinem neuen Album zum Besten geben?
Generell ist mir aufgefallen, dass ich als DJ oft nicht meine eigene Musik auflege. Aber ich spiel natürlich in Erfurt Tracks von meinem Album. Gerade bei neuer Musik kann ich so aus erster Hand erfahren, wie die Menschen darauf reagieren.
Beim 3000 Grad-Festival sind des Öfteren Erfurter Kollektive wie der „WirGarten“ oder „Traumraum“ dabei, wie bist du da verbandet?
Ich war schon oft in Erfurt zu Gast, um dort zu spielen. Da merkte ich, dass die Crews und Veranstalter viel tolle Ideen haben und sehr kreativ sind. Und beim 3000-GradFestival wollen wir solche Menschen zusammenbringen, um etwas Einzigartiges zu kreieren. Da ist es ein logischer Schritt, zusammenzuarbeiten, und so wächst man dann natürlich auch zusammen. Wir wollen unsere Kultur leben, das verbindet uns.
Hard Facts:
- Instagram | Facebook | Homepage
- Wann: 10 September: 16 Uhr | 11 September: 10 Uhr
- Wo: Egapark Erfurt
Mehr coole News für euch:
-
„Clueso ist auch nur 1 Thomas“ – Erfurter Künstlerin sorgt für Alltagsglitzern
-
Elektronische Klänge und Blumen – Erstes Kreativgarten-Festival im egapark Erfurt
-
Lokale Musikhelden: In Strife aus Jena