Thomas Lüttich stellt die Drahtklammermaschine ein. „Ich muss zunächst schauen, wie dick der Papierstapel ist, den wir klammern wollen“, sagt der Buchbinder aus Weimar und gibt Lena eine Arbeitsschutzbelehrung. „Die Ringe müssen natürlich abgenommen werden“, erklärt Thomas. Gesagt, getan.
Späteres Buch nimmt erste Formen an
Lena muss nun den Stapel ausrichten. Ein kurzer Druck aufs Fußpedal und der Klammerdraht bohrt sich durchs Papier. Verschließt es von unten. Fünfmal macht es klack. Und das, was später einmal ein Buch werden soll, nimmt erste Formen an. „So jetzt benutzen wir den Hammer, um die Kanten der Klammern ordentlich ins Papier zu schlagen“, sagt Thomas und drückt Lena das Werkzeug in die Hand.
Zeitreise durch ein Traditionsgeschäft
Gemeinsam mit der 18-jährigen Berufsschülerin blicken wir heute hinter die Kulissen einer Buchbinderei. Thomas Lüttich, der sein Traditionsgeschäft bereits in der sechsten Generation in Weimar betreibt, nimmt uns mit auf eine Zeitreise. 1835 eröffnete sein Urgroßvater August Lüttich das Geschäft. Seitdem gab es in jeder Generation einen Sohn, der das Handwerk weiterführte.
Die Menschen wollten, dass der Einband zur Hausbibliothek passt
Früher sei es laut Thomas nicht etwa so gewesen, dass die Menschen sich ihre Bücher mit fertigem Einband in einem Laden kauften. Die Leute holten sich ihre Literatur als Druckbogen. In losen Blättern. Damit gingen sie zum Buchbinder und ließen sich alles nach Wunsch binden. „Egal, ob mit Leder, Stoff oder Kunstpapier – die Menschen wollten, dass der Einband zur Hausbibliothek passte.“ Alles sollte gleich aussehen, so Thomas, der in der Zwischenzeit mit Lena in den Nachbarraum geeilt ist, um den nächsten wichtigen Schritt auf den Weg zum fertigen Buch zu gehen – das Vorrichten.
Vom Planschneider zum t.akt-blauen Einband
Hoch konzentriert wird der geklammerte Buchblock mit einem Stoffband an der Falz angebracht, damit die Klammern verdeckt sind. „Wenn’s einmal klebt, dann klebt‘s. Deshalb müssen wir genau oben anlegen.“ Laut Thomas darf es unten überstehen, denn im nächsten Schritt muss unsere Lena an den Planschneider und den Buchblock ordentlich zuschneiden. Dann folgt der Einband. Pergament, Stoff, Kunstleder – unzählige Möglichkeiten stehen zur Verfügung. Wir entscheiden uns für Umschlagpapier in t.akt-Blau.
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Viele Etappen bis zur Übernahme der Buchbinderei
Lena schneidet zwei Deckel aus Pappe und eine Rückeneinlage an der überdimensionalen Pappschere zu, während Thomas sich an früher erinnert: „Schon als Kind flitzte ich immer durch das Geschäft. Ich hatte meine eigene Bastelecke. Gelernt habe ich aber nicht unter der Fuchtel meines Vaters“, scherzt der Buchbinder, der für die Lehre nach Leipzig ging. Geselle, Industriemeister und dann sogar Werkstattleiter in der Kunsthochschule Halle waren weitere Etappen, bis er 1990 die Buchbinderei nach dem Tod seines Vaters übernahm.
Verklebt, eingeschlagen und angerieben
Auf tausend verschiedene Dinge muss Lena achten. Die Laufrichtung des Papiers berücksichtigen. Alles gleichmäßig mit Leim einstreichen – nicht zu viel, nicht zu wenig. Dann legen sie mit viel Gefühl die Pappen auf den Einband. Alles wird verklebt. Eingeschlagen. Angerieben. Zärtlich streicht Thomas mit seinen Händen über angepressten Buchrücken.
Zum Schluss noch die Prägung
Die Veredelung unseres Buches ist fast abgeschlossen. Fehlt nur noch die Prägung. Ein ganzer Schrank voller Lettern wartet auf uns. Lena wählt mit Thomas die Schriftart aus. „So wie das Logo des t.akt-Magazins“, wünscht sich die 18-Jährige. Die hundert Jahre alte Prägepresse kommt zum Einsatz. Buchstaben ausrichten, befestigen, pressen und fertig ist unser t.akt-Buch. Goldene Bücher, Archivmappen, Speisekarten, D i p l o m-arbeiten – alle, die ihre Werke besonders binden lassen wollen, sind bei Thomas Lüttich genau richtig. Sogar Reparaturen macht man in Weimar: „Als es in der Anna Amalia Bibliothek brannte, halfen wir auch mit“, erinnert sich der Buchbinder, der geschriebener Geschichte einen Rahmen gibt und mit seinen Händen das Wissen der Welt bindet.
Hard Facts:
- Web: www.handwerk.de
- Wo? Traditionsgeschäft in Weimar