Es ist die Kirche in Gelmeroda, die Lyonel Feininger faszinierte. 1919 von Walter Gropius ans Bauhaus berufen, unternimmt der deutsch-amerikanische Künstler und passionierte Radler von Weimar aus Touren, um in der ländlichen Umgebung Motive zu finden. Die schlichte Steinkirche malte er besonders oft. Tun wir es Feininger gleich und machen einen Bauhausspaziergang nicht zu Fuß, nicht zu Pferde, sondern zu Drahtesel. Oder zu E-Bike, wem das lieber ist.
Aus Feininger Routen wurde Feiningers Radweg in Weimar
Der Bauhaus-Tourismus hat schon vor Jahren erkannt, dass sich aus Feiningers Routen was machen lässt und so gibt es einen offiziellen Feininger- Radweg: Schilder mit gelbem Streifen zeigen, wo es langgeht. Der „Radplaner Tühringen“ bringt das Ganze ferner auf das Smartphone.
Route führt zu versteckten Orten
Los geht es in Weimar am Bahnhof. Die Route führt zunächst zum Jubiläums-„Must-see“ schlechthin: zum Hauptgebäude der Bauhaus- Universität in der Geschwister-Scholl-Straße. Danach biegt man in die Bauhausstraße ab. Hinter der Nummer 7 wohnte Feininger in einem heute recht verfallenen Fachwerk-Seitengebäude. In der nahegelegenen Gutenbergstraße 16 hatte er sein Atelier. Dort entstanden einige der typischen Gemälde, die Natur und Architektur so farbenprächtig und geometrisch abstrahieren. Der Radweg führt nun durch die Südvorstadt, das Kirschbachtal und Niedergrunstedt nach Gelmeroda zu jener Kirche. Etwas karg ist sie. Erst Feininger machte sie öffentlich schön. Wer noch ein wenig Bauhaus Geschichte schnuppern will, der fahre nun nicht auf der Alten Reichsstraße (ja, so heißt sie wirklich) in Richtung Legefeld, sondern biege links in die Rudolstädter Straße ein, wieder bis zur Nummer 7. Dort hat sich der Bauhaus- Meister Ernst Neufert ein privates Wohnhaus errichtet, das den Prinzipien seines bis heute einflussreichen Klassikers „Bauentwurfslehre“ folgt: schlicht, effizient in der Flächennutzung, mit eleganter Holzfassade. Auch die zeitgenössische Neufert-Box am Eingang des Grundstücks ist einen Blick wert.
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Idyllische Landschaften zum Dokumentieren
Zurück auf dem Feininger-Radweg fährt man dann unter der A4 durch nach Possendorf und Vollersdorf, weiter nach Buchfart und Oettern. Buchfart ist sehr malerisch, die Ilm hat sich in den Hang gefressen und das Bauerndorf ist so idyllisch, dass man es mehr oder weniger künstlerisch dokumentieren möchte. Eine Skizze? Ein Handyfoto?
Der Feininger Radweg:
https://www.youtube.com/watch?v=2O4g7Plvyw8
Nach 30 km endlich in die Stadt einkehren
Die offzielle Feininger-Route führt dann wieder in ein Dorf an der Autobahn: Mellingen. Dort malte Feininger ebenfalls die Kirche, dort steht der Feiningerturm. Ein, nun ja, mehr oder weniger gelungenes Kunstwerk aus bunten Stahlstreben, das der Schweizer Architekt Marcel Kalberer 1999 errichtet hat, als das Bauhaus nicht nur 80. Jubiläum feierte, sondern Weimar
auch Kulturhauptstadt Europas war. Das Denkmal soll die Malweise Feiningers verdeutlichen. Aus heutiger Sicht verdeutlicht es vor allem, wie man in den 1990er-Jahren Kunst im öffentlichen Raum gestaltete. Von Mellingen aus kann man dann schön straff nach Weimar durchradeln: In den Ilmauen, vorbei an Taubach, über ein paar Feldwege hinein in den riesigen Ilmpark. Nun hat man, nach etwas mehr als 30 Kilometern, die Wahl: Entweder man schraubt sich nochmal einen kleinen Berg hinauf und besichtigt das berühmte Haus „Am Horn“ und die durchaus kuriose Bauhaus-Imitations- Neubausiedlung dahinter. Oder man radelt in die Stadt und kehrt ein. In den bezaubernden Garten des Café Caroline hinter der Herderkirche zum Beispiel oder ins „Café Du Jardin“ in der Jakobstraße.
Spätsommerliche Stimmung an besonderen Ort
Sitzt der Popo dann nicht mehr auf einem Sattel, sondern auf einem Stuhl, kann man das Telefon zücken und nach „Lyonel Feininger, Hopfgarten“ googlen. Hopfgarten ist noch so ein malerisches Dorf im Weimarer Land. Es ist in der offiziellen Radroute nicht integriert, doch dort hat Feininger 1920 genau die spätsommerliche Stimmung jener kleinen Orte eingefangen: farbenfroh und doch angenehm bescheiden.
Hard Facts:
- Hier findet ihr den ,,Radplaner Thüringen“.
- Wo? Feiningers Radweg, Weimar