Ein erster Hoffnungsschimmer am Kultur-Horizont, ein erstes Highlight für 2021; endlich eine Botschaft, die ein Aufatmen im tristen Corona-Alltag verspricht: All das ist derzeit das Köstritzer Spiegelzelt Festival. Als erste Großveranstaltung wagt Festival-Intendant Martin Kranz gemeinsam mit seinem Team den ersten Schritt und kündigt ein Mega-Event an 43 Abenden mit 37 Künstlern an.
Die 17. Spiegelzelt-Saison von Anfang Mai bis Mitte Juni, die eigentlich die 16. ist, weil das Festival 2020 nicht stattfinden konnte, stellt einen Neustart dar. Im Gespräch mit dem t.akt-Magazin verrät Martin Kranz, wie das Programm zustande kam, was dem Traditionsfestival über das Corona-Jahr 2020 geholfen hat und wie es sich anfühlt, Hoffnungsträger zu sein.
Dieses Jahr steht alles auf Neustart. Was passiert derzeit hinter den Kulissen des Köstritzer Spiegelzelt Festivals?
Das Programm steht und wir sind seit Anfang Dezember im Vorverkauf. Unter den derzeitigen Umständen mit Lockdown etc. sind wir jedoch in einer andauernden Warteschleife. Wir müssen abwarten, was passiert – das Infektionsgeschehen beobachten. Keiner kann sagen, wie sich alles entwickelt und wie es im Mai aussieht. Aber wir sind zuversichtlich. Wir sind in Wartehaltung und wenn es losgehen kann, dann starten wir durch.
Sonst war doch das Spiegelzelt in normalen Jahren immer schon zum Jahreswechsel fast ausverkauft, oder?
Richtig. Sonst waren wir zu dieser Zeit bei einer Buchungslage von über 70 Prozent. Wir sind jetzt bei über 40 Prozent. Was trotzdem erstaunlich ist.
Wurde mit etwas anderem gerechnet?
Man muss ja mit einbeziehen, dass die Menschen jetzt vorsichtig sind. Viele sagen: „Wir warten erstmal ab, was überhaupt passieren kann.“ Das ist ganz verständlich.
Aber das Publikum hat Lust?
Ja. Die wollen alle.
Das merkte man auch daran, dass viele das Köstritzer Spiegelzelt Festival unterstützt haben, nachdem es im vergangenen Jahr abgesagt werden musste.
Das stimmt. Wir sind dafür auch unendlich dankbar. Ohne die Unterstützung unseres Publikums hätten wir das nicht geschafft. 35 Prozent der Gäste haben ihr Ticketgeld nicht oder nur teilweise zurückgefordert. Wäre das nicht so gekommen, hätten wir das Jahr 2020 nicht überstanden. Das zeigt eine große Verbundenheit unserer Gäste mit dem Festival.
Wie waren die Reaktionen der Spiegelzelt-Fans?
Sie sagten, „wir wollen euch helfen und unterstützen euch, dass es mit dem Spiegelzelt weitergehen kann, weil wir wiederkommen wollen.“ Das freut mich natürlich. Gerade weil das Köstritzer Spiegelzelt anhand der Besucherzahlen eines der mit Abstand größten Festivals in Thüringen ist, das privat finanziert wird.
Wie viele Besucher kommen denn durchschnittlich?
22.000. Und zwar jedes Jahr.
Gab es auch Förderung?
Ja. Überbrückungshilfen. Darüber freuten wir uns, aber die Förderung konnte die vorab entstandenen Kosten nicht mal im Ansatz decken. So ein Festival hat extreme Vorlaufzeiten und Planungsphasen. Schon im November treten wir ins Ticketing ein. Dann wird deutschlandweit plakatiert. 70.000 Programmhefte werden verteilt und, und, und. Da fallen zum einen Kosten für Personal an, für Vorverkauf, Programmplanung und Marketing. 240.000 Euro werden so im Vorfeld ausgegeben. Da ist noch nichts passiert. Da hat die Tür des Festivals noch nicht geöffnet. Das ist unser Problem. Diese Kosten mussten wir irgendwie kompensieren, sonst wären wir darauf sitzengeblieben. Und da war wirklich die Unterstützung unseres Publikums durch nicht zurückgeforderte Karten die Rettung.
Also ist das Spiegelzelt mit einem blauen Auge davongekommen?
Richtig.
Wann startete eigentlich die Planung für das Festival 2021?
Am 16. März 2020. Direkt nach der Absage. So ein Festival hat einen Vorlauf von anderthalb Jahren. Also waren Teile des Programms für dieses Jahr bereits geschrieben und wir mussten mit einer Mischung von Künstlern aus 2020 und den bereits gebuchten Künstlern planen. Alle für 2020 gebuchten Künstler meldeten sich und wollten wieder mit dabei sein. Dieses Bedürfnis wieder auftreten zu wollen, ist gigantisch. Doch leider ging das nicht. Also schrieben wir sofort ein komplett neues Programm. Derzeit arbeiten wir operativ, planen, wann das Zelt kommt, wie das Licht und das Catering aufgebaut werden. Die Organisation dauert Wochen. Anfang April beginnen wir, vor Ort auf dem Platz in Weimar zu arbeiten. Im Normalfall sind für das Spiegelzelt etwa 500 Menschen tätig – Künstler, Gastro, Einlass, Aufbau, Planung, Service etc. Das ist ein riesiger Apparat, der in Gang gesetzt werden muss. Und der jetzt bereits wieder gestartet ist.
Mit dem Neustart ist das Spiegelzelt die erste große Veranstaltung, die für die Kultur in die Bresche springt. Wie fühlt man sich als Hoffnungsträger?
Wir freuen uns. Es geht dabei um Hoffnung, um Verantwortung. Man merkt, dass die Menschen die Sehnsucht haben, Kultur wieder erleben zu können. Viele kaufen Spiegelzeltkarten an Weihnachten als Vorfreude auf das kommende Jahr. Wenn das Festival startet, fängt alles an zu grünen und zu blühen. Wir öffnen die Fenster im Zelt. Die Vögel zwitschern. Neben dem, was das Spiegelzelt kulturell kann, vermittelt das die Botschaft: Das Leben beginnt wieder. Und diese Message hat sich durch die lange Wartezeit potenziert. Diese Sehnsucht nach dem Leben, die Hoffnung auf das späte Frühjahr, den Sommer ist groß.
Und dann kann man sich auch in den neuen Biergarten setzen?
Ja. Das kulinarische Angebot haben wir nach draußen verlagert. Kultur soll im Zelt stattfinden. Das war eine Idee, die es schon vor Corona gab und das spielt uns nun in die Karten. Die Leute können sich dann draußen gemütlich hinsetzen, essen und trinken.
43 Abende mit 37 Künstlern – das Programm wird bunt?
Ja, aber das war nicht so einfach. Alle wollen wieder auftreten. Die Künstler haben fast ein Jahr nicht mehr gespielt. Das ist Wahnsinn für einen Künstler, der davon lebt, auf der Bühne zu stehen. Die Anfrage war gewaltig. Also mussten wir entscheiden. Künstler, die uns schon immer begleitet haben, werden wiederkommen. Ein Teil der Künstler von 2020 kommt wieder, aber auch neue. Die Mischung macht’s. Das Spiegelzelt wird ein buntes Potpourri aus Kabarett, Musik und Theater. Das Bedürfnis nach Kultur ist riesengroß und wir wollen es 2021 wieder stillen.
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Hard Facts:
- Wann? 6. Mai bis 20. Juni 2021
- Wo? Beethovenplatz Weimar
- Tickets gibt’s hier
- noch mehr Infos auf der Homepage
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