„Reisen ist die Sehnsucht nach dem Leben“ (Kurt Tucholsky)
Es gibt (bewegte) Bilder,bei deren Anblick man sofort Fernweh bekommt. Beim Betrachten der atemberaubenden Landschaftsaufnahmen stellt sich sofort ein kleines Glücksgefühl ein. Und dann gibt es die Menschen hinter diesen Bildern. Die all´ die Reisen tatsächlich gemacht haben.
Die all´ diese Bilder auf ihre Art festgehalten und mitgebracht haben für Menschen, die vielleicht niemals so weit reisen können. Und wenn sich das Glücksgefühl schon beim Betrachten der Bilder einstellt, wie groß muss es dann wohl erst im Moment des Entstehens sein?
Genau dieser Frage gingen wir im Gespräch mit einem dieser Reisenden nach. Dennis Schmelz ist Filmemacher und Landschaftsfotograf aus Erfurt. Egal, ob man das Meer oder die Berge, den Winter oder den Sommer mag – Dennis‘ Bilder schaffen es, dass man sich selbst in bisher nicht favorisierte Spots spontan verliebt – und das heftig. Wir trafen ihn zum Interview, befragten ihn zu seinem Werdegang und seinem nicht alltäglichen Alltag.
Du bist hauptberuflicher Kameramann – hast du dazu eine Ausbildung gemacht?
Ja, ich bin gelernter Mediengestalter Bild und Ton. Das ist eine Ausbildung, bei der kannst du in viele Richtungen gehen. Kamera- oder Tonmann,Stoffentwicklung für Filme, Regie etc. Ich habe während dieser drei Jahre viel regionalen und aktuellen Videocontent erstellt – es musste meist schnell gehen und ich hatte kaum Zeit für den Schnitt. Wir haben unter anderem Beiträge oder Interviews live für die Tagesschau eingespielt und waren immer die Ersten am Geschehen. Das war eine spannende Zeit.
Aber nach der Ausbildung wurde mir klar, dass ich gern kreativer arbeiten möchte. Musik- oder Travelvideos haben mich schon immer interessiert. Also habe ich meine sieben Sachen bei meinem Vater in Erfurt untergestellt und erst mal vier Wochen einen Interrail-Trip durch Europa gemacht. Danach wollte ich eigentlich in eine Metropole wie Frankfurt oder Berlin. Aber irgendwie bin ich Erfurt treu geblieben – seit sechs Jahren bin ich jetzt hier und seitdem selbstständig. Das kreative Netzwerk hier ist super und Erfurt hat sich als gute Basis bewiesen.
Woher kommt das Faible für Musikvideos?
Ich bin selbst Musiker und spiele Schlagzeug in einer Punkband (Leftside). Wir haben in Erfurt auch unsere erste Platte bei Fatsound aufgenommen. Leider komme ich zurzeit nicht so oft zum Musizieren, weil ich viel unterwegs bin.
Auf deinem Instagram-Account folgen dir mehr als 30.000 Abonnenten. Wie bist du so bekanntgeworden?
Ich habe während der Ausbildung schon viel nebenbei an freien Projekten gearbeitet: Musikvideos, Aftermovies etc. Alles, was ich an Freizeit hatte, habe ich in die „ Arbeit“gesteckt. Allerdings hat es sich für mich noch nie wie Arbeit angefühlt, weil es das ist, was ich sowieso in meiner Freizeit machen würde. Es ist meine Leidenschaft, für die ich vieles aufgegeben habe. Dazu gab es ein paar Meilensteine, die zum Wachstum beigetragen haben. Zum einen „Transsiberian Dream“ (eine Fahrt auf der längsten Eisenbahnstrecke der Welt) und zum anderen „The Beauty of Greenland“ (eine Segelboot-Tour in den Eisfjorden). Diese Kurzfilme gingen viral, plötzlich hatten sie mehrere Millionen Menschen gesehen. So baute ich mir über Jahre anhand meiner Referenzen einen Kundenstamm mit renommierten Auftraggebern wie Emirates, Boeing, Ebay, Jack Wolfskin auf.
Bei größeren Projekten bin ich meist mit meinem Assistenten und guten Kumpel Christopher Schmid unterwegs. Gerade das letzte Jahr war so unfassbar,dass wir es oftmals gar nicht glauben konnten, was gerade passiert. Kurz vor der Abreise nach Mumbai zur nächsten gemeinsamen Produktion klingelte plötzlich das Telefon und Clueso fragte uns für ein Musikvideo an. Ein weiterer Traum ging in Erfüllung und wir mussten uns kurz kneifen. Das Video ging vor einigen Wochen online und es hagelte super Feedback – wir sind immer noch megahappy.
Wenn man eure Videos sieht, könnte man meinen: die Jungs haben einen geilen Job, immer im Urlaub. Ein Trugschluss?
Ja! Wir arbeiten von Sonnenauf- bis weit nach Sonnenuntergang, weil wir das Licht ausnutzen müssen. Danach geht es an die Backups, wir senden schon Previews zum Kunden,sortieren aus und planen den nächsten Tag. Schlaf kommt echt zu kurz auf den Trips, drei bis vier Stunden vielleicht. Du funktionierst einfach. Aber ich bin sehr dankbar für diese Möglichkeiten.
Was ist dir lieber: Reise oder Musik?
Ich würde nicht nur eins machen wollen. Ich brauche die Kombination,die Abwechslung. Ein Spezialgebiet habe ich nicht. Reisen, Musik und Sport sind meine Steckenpferde, aber ich mache auch gern mal was ganz anderes. Im März zum Beispiel drehen wir eine Serie – mit Schauspielern und Drehbuch. Das wird sicher auch spannend.
Hast du ein Traumprojekt, das du gern umsetzen würdest?
Ich würde gerne mal einen Kinofilm drehen, das bedarf aber einer langen und aufwendigen Vor- und Postproduktion.
Wie entscheidest du, ob du einen Job annimmst oder ablehnst?
Ich muss die Geschichte spannend finden. Klar gibt es Money-Jobs, aber wenn ich das Projekt toll finde, dann mache ich auch schon mal ein Low-Budget-Projekt.
Was war das Schlimmste, was dir jemals passiert ist?
Auf einem großen Videoprojekt für ein Kreuzfahrtschiff war die Drohne gerade in der Luft, als das Schiff in luftfahrtgesicherten Raum fuhr. Die Drohne riegelt dann automatisch ab und lässt sich nur noch über Radar steuern. Ich auf dem Schiff, die Drohne in der Luft, die Akkuleistung sank rapide. 15.000 Euro und sämtliches Filmmaterial drohten ins Eismeer zu stürzen. Bei zwei Prozent Akku-Rest verließ das Schiff die Zone wieder. Die Drohne war gerettet. Da habe ich geschwitzt.
Und was war dein Highlight?
Für eine Produktionsfirma aus Atlanta waren wir vor kurzem dreieinhalb Wochen in Mumbai, Mailand und Shanghai unterwegs. Das war schon sehr luxuriös und exklusiv.Bisher die größte Auslandsproduktion mit bis zu zwanzig Personen am Set und unser persönliches Highlight.
Auf welchen Kontinenten warst du noch nicht?
Australien und Südamerika. Und die Antarktis fehlt mir auch noch – davor habe ich aber ziemlichen Respekt. Außerdem muss man ja auch nicht jedes Fleckchen Erde bereisen, auch wenn es sehr verlockend ist!
Dennis`Bilder leben von seiner unprätentiösen, unvoreingenommenen und neugierigen Art, die Welt in all ihrer Schönheit zu sehen und wiederzugeben. Das nächste Ziel ist die Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn im Winter – bei bis zu minus 40 Grad. Wer davon nichts verpassen will, findet ihn hier im Netz:
www.dennisschmelz.de
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