Hoch her ging es an diesem Wochenende (März 2016) in Erfurt. „Fjaak“, ein international gefragtes Künstlerdreigespann, das mit technoider Livemusik die Clubs der Welt zum Bersten bringt, hat im Erfurter Club „Kalif Storch“ für eine durchtanzte Nacht gesorgt. Felix Wagner, Kevin Kozicki und Aaron Röbig, wie die Künstler mit bürgerlichen Namen heißen, haben vor ihrem Auftritt mit der TA über handgemachte elektronische Musik und den Unterschied zwischen chinesischer, amerikanische und europäischer Feierkultur gesprochen.
Paris, Los Angeles, Singapur und nun Erfurt – wart ihr drei schon einmal in Thüringen und was verbindet ihr mit unserem beschaulichen Freistaat?
Kevin: Immer wenn man mit der Bahn durch Thüringen fährt, sieht man richtig geile Landschaften. Ich finde Thüringen sieht einfach geil aus!
Felix: (lacht) Die Bratwurst ist geil oder?
Aaron: Ja, die Thüringer Rostbratwurst, die kenn‘ ich.
Kevin: Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, aber wir waren vorher glaube ich noch nicht in Thüringen…
Für mehr freshe News und geilen Scheiß:
Okay. Dann lasst uns über eure Musik sprechen. Wie würdet ihr sie beschreiben? In welches Genre würdet ihr das, was ihr macht einordnen?
Kevin: Wir machen ganz viel verschiedene Musik. Was wir heute Abend aufführen, ist eine Mischung aus House und Techno.
Felix: Ja. Mit Breakbeat-Einflüssen und vielleicht sogar ein wenig Hip-Hop.
Kevin: Aber wenn man es grob zusammenfasst, ist es schon eher technoid – also es ist schon Techno.
Aaron: Wir versuchen uns in unserem Sound nicht einzugrenzen, einfach das zu machen, was wir geil finden, was uns im Club als gut erscheint.
Das Logo der Jungs:
Kann man sagen, ihr macht Analog-Techno?
Felix: Die Leute verwechseln immer analog mit Hardware. Wenn man vom rein Analogen redet, dann kann man auch keine Sampler benutzen – die arbeiten digital. Aber wir spielen halt ohne Computer. Wir spielen Hardware-Livesets.
Kevin: Wir haben alte Sampler und Drum-Machines. Das, was wir live machen, hätte man schon machen können, bevor es Computer und Musiksoftware wie „Ableton“ gab. Aber um auf deine Frage zurückzukommen – wir arbeiten oft im Studio komplett analog, aber nehmen es am Ende eigentlich immer digital auf.
Ihr habt gesagt, ihr macht mit Samplern und Drummachines Livetechno. Was heißt es eigentlich, live Techno zu machen und wie funktioniert die Technik, die ihr auch heute Abend benutzt?
Felix: Jeder von uns hat einen Sampler, mit dem er seine Sachen ins Modularsystem (ein aus Modulen bestehender Synthesizer) hinein jagt. Und wir jammen das einfach zusammen. Sampler sind Geräte, mit denen man Sounds aufnehmen, speichern und arrangieren kann. Die einzelnen Sounds können dann noch live verändert werden.
Aaron: Du arbeitest mit Samplern mehr auditiv, nicht visuell, wie mit Computern. Am PC wird viel mit dem Auge arrangiert und wir machen das live nur übers Gehör.
Kevin: Um sich das bildlich vorzustellen – das ist wie eine Band mit drei Schlagzeugen und die Sounds vom Schlagzeug können noch verändert werden. Alle drei spielen einen Rhythmus und können dabei die Klänge vom Schlagzeug verändern.
Macht ihr nur Livemusik oder legt ihr auch mit Vinyl auf?
Felix: Doch, wir spielen auch Vinylsets.
Aaron: Das sind zwei verschiedene Sachen. Wir machen beides, Livesets aber auch DJ-Sets.
Folge Fjaak auf:
Ihr kommt bei euren Auftritten ja viel herum. Seid in großen weltbekannten Clubs wie das Berghain in Berlin und in kleineren wie den „Kalif Storch“. Wo sind da die größten Unterschiede vom Setting her?
Kevin: In großen Clubs ist es unpersönlicher.
Felix: Das ist schwer zu sagen, denn wir kommen ja aus Berlin. Da sind natürlich viele Freunde von uns unterwegs. Deshalb hat das irgendwie einen anderen Aspekt, wenn man da spielt. Heute Abend ist ein Abend, an dem man in einem eher persönlichen Club ist. Wo man mit Leuten irgendwie privater Sachen erleben kann. Berghain ist halt, trotz der Freunde, die man da trifft, ein riesiges Ding – mehr wie ein Tempel. In solchen Clubs wie dem Kalif Storch ist es intimer.
Kevin: Das ist heute eine Party, zu der Jeder zu einer bestimmten Uhrzeit auch da ist und du weißt, dann und dann ist es vorbei. Aber alle haben das gleiche Gefühl. Die Leute gehen abends zu einer Party, treffen sich, trinken zusammen und feiern gemeinsam. Im Berghain macht jeder sein Ding. Da hast du Leute neben dir, die sind vor zwei Tagen oder vor zwei Minuten in den Club gekommen. Es entsteht nicht so ein kollektives Gefühl.
Felix: Alles hat seine Vor- und Nachteile.
Kevin: Genau. Vielleicht hast du im Gegensatz in großen Clubs ‘nen kränkeren Sound, weil du ‘ne riesige Anlage hast.
Felix: Die Stimmung ist da „überkrass“.
Kevin: Beides sind „übergeile“ Partys.
Aaron: Ich finde, der markanteste Unterschied zwischen Clubs in Großstädten und in kleineren Städten ist, dass in großen Clubs das Publikum zu größten Teil aus Touristen besteht. Das ist quasi auch ’ne Touristenattraktion. Die Leute pilgern dafür extra in die Stadt. Und Clubs, so wie hier, das ist eher so ein Szene-Ding, vielmehr Szene-Ding als im Berghain.
Felix: (lacht) Hier können vielmehr Leute Deutsch.
Hier kannst du bei den Jungs mal reinhören:
https://www.youtube.com/watch?v=1w9q7aN0y3U
Ihr habt bereits in China, Amerika und vielen Ländern Europas gespielt. Wie unterscheidet sich denn die Feierkultur international?
Felix: Das hat ganz viel mit der Kultur zu tun. In China zum Beispiel sitzt man viel, spielt viel Trinkspiele und so. In normalen Clubs gibt es da viel mehr Sitzmöglichkeiten und ‘ne kleine Tanzfläche. Deutsche Clubs haben riesige Tanzflächen und weniger Sitze. In China haben Clubs 200 Sitze und 15 Quadratmeter Tanzfläche.
Aaron: In China ist die Clubkultur noch nicht so ausgereift. Da gibt es so etwas wie richtige Technoclubs fast gar nicht. Da ist alles gemischt. Generell kommt es darauf an, wie lange es in den jeweiligen Ländern bereits eine Techno-Kultur gibt und ob solche Clubs aktiv betrieben werden können.
Und wie ist es in Amerika?
Aaron: In den USA ist es ähnlich. Da gibt es nicht so eine ausgereifte Clubszene wie in Europa.
Kevin: Die erste Party, bei der wir in Amerika spielten, war in einer großen Halle. Auf der einen Seite war „Technomukke“ und auf der anderen Seite war Goa. Und dann wurden die Leute in der Mitte der Halle von beiden Seiten beschallt.
Aaron: (lacht) Ja ein Lastwagen sollte das irgendwie obligatorisch trennen.
Wie ist es mit der Feiermentalität in Amerika?
Aaron: Es ist nicht so wie in Europa.
Kevin: Naja, das hängt davon ab, wo du bist. Es gibt auch Orte, da verstehen die Leute die Musik genauso wie bei uns. Aber die Clubkultur ist nicht so groß. In Europa und speziell Deutschland ist die riesig. Auch in Frankreich, England und Italien ist sie recht groß. Aber in Deutschland ist die Clubkultur und Elektroszene einmalig auf der Welt, das kann man gar nicht vergleichen. Was wir hier für eine Clubdichte haben und wie viele DJs es hier gibt, ist einzigartig.
Übrigens sind Fjaak auch auf Soundcloud zu finden:
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Also war die deutsche Technokultur ein guter Nährboden für euch. Wie hat das mit „Fjaak“ eigentlich angefangen?
Kevin: Am Anfang waren wir vier Leute. Felix, Johannes, Aaron und ich. Wir kennen uns teilweise seit der Kindheit und haben dann beschlossen zusammen Musik zu machen.
Felix: Wir haben alle klassische Instrumente gespielt. Ich hab auch zwischendurch mal Saxofon ausprobiert – so aus Spaß – oder Xylophon. Kevin und Aaron haben Klavier und Gitarre gespielt.
Wie kamt ihr dann von klassischen Instrumenten zum Techno?
Felix: Wir haben alle immer zusammengesessen und übel viel Computerspiele gezockt. Irgendwann haben wir dann gedacht, lasst uns mal die Zeit besser nutzen, denn irgendwie kommt beim Computerspielen nicht so viel raus. Ein Kumpel von uns hatte zu dem Zeitpunkt „Ableton“, ein Musik-Programm. Bei ihm haben wir dann ein bisschen Hip-Hop gemacht, Sounds aneinandergereiht und uns mit Effekten beschäftigt. Das war wie eine riesige Erlebniswelt und das hat das Zocken mehr oder weniger abgelöst.
Wann hattet ihr den ersten Auftritt?
Kevin: Beim allerersten Auftritt haben wir einem Typen geschrieben, dass wir schon einmal bei ihm gespielt haben und da meinte er, „Ja, wirklich?“ und wir, „ja klar, wirklich, weißte nicht mehr?“ und dann hat er uns nochmal gebucht, obwohl wir da noch nie gespielt hatten. (lacht) Das war schon geil. Dann kam die erste Platte und es nahm alles seinen Lauf.
Warum eigentlich der Name „Fjaak“?
Felix: (lacht) Das ist Norwegisch für Dreier.
Kevin: Nee das heißt einfach: Felix, Johannes, Aaron, Kevin. Wie im Old-Skool-Hip-Hop. (lacht)
Wie sehen denn eure Pläne für 2016 aus? Wie geht es mit euch weiter?
Kevin: Ende des Jahres wollen wir ein Album veröffentlichen, auf welchem Label wissen wir noch nicht. Außerdem spielen wir auch auf mehreren Festivals – in Deutschland zum Beispiel beim „Melt!“ und beim „Dockville“ in Hamburg.
Aaron: Beim „Plötzlich am Meer“ in Polen. In Berlin beim „Feel“.
Kevin: Wir spielen auch auf ’nem Festival in Irland, das heißt „Body and Soul“. Es ist echt viel, das kann ich jetzt gar nicht alles aufzählen.
Aaron: Wir machen auch noch eine Amerika-Tour im Juni. Da sind wir an der Ost- und Westküste und auch Kanada unterwegs.
Felix: Echt? Wir sind in Kanada Digger?
Kevin: Ja, Man.
Aaron: (lacht) Wir haben viel zu tun.
Kevin: Heute spielen wir erst mal hier, das wird übergeil!