Es darf wieder getanzt werden. Seit dem 1. März können Clubs öffnen und sogenannte Tanzlustbarkeiten wieder stattfinden. Die Infektionszahlen sind hoch, steigen aber nicht mehr. Bund und Länder haben sich daher darauf verständigt, die weitreichenden Corona-Maßnahmen in kontrollierten Schritten zurückzufahren. Doch was heißt das genau für Veranstalter und Partygänger?
Tanzlustbarkeiten?! einige Clubs machen wieder auf in Thüringen
Mit der seit Dienstag geltenden Thüringer SARS-CoV-2- Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung sollen laut Silke Fließ, der Sprecherin des Thüringer Gesundheitsministeriums, weitere Öffnungsschritte in Thüringen umgesetzt werden, die sich am Bund-Länder-Beschluss vom 16. Februar orientieren. „So können beispielsweise Diskotheken und Clubs wieder öffnen bzw. Tanzlustbarkeiten und ähnliche Angebote unter der Anwendung der 2G-PlusRegelung wieder stattfinden“, sagt Fließ. 2G-Plus bedeutet in Thüringen, dass der Zugang auf geimpfte und genesene Personen beschränkt wird, die zusätzlich ein negatives Testergebnis nachweisen können. Die Testpflicht entfällt für Geboosterte und „frisch“ Geimpfte (Zeitpunkt der Grundimmunisierung liegt höchstens drei Monate zurück), so die Sprecherin. Weiter heißt es vonseiten des Thüringer Gesundheitsministeriums, dass für Tanzlustbarkeiten (zum Beispiel Clubkonzerte) und vergleichbare Angebote, bei denen das Publikum nicht ausschließlich sitzt, auf die Maske verzichtet werden kann. Die Kapazität in geschlossenen Räumen wird jedoch auf 60 Prozent begrenzt. Und „selbstverständlich aber müssen Hygienekonzepte erstellt werden“, sagt Fließ.
Was ist eigentlich eine kulturelle Veranstaltung?
Soweit alles klar? Weit gefehlt. Bei den Thüringer Clubbetreibern stößt das ganze Corona-Prozedere auf Unverständnis. Vielerorts in Thüringen ist für die Veranstalter trotz neuer Verordnung die Lage zu unsicher. „Es hat etwas von Slapstick“, sagt Hubert Langrock vom Erfurter Club Kalif Storch im Gespräch mit dem t.akt-Magazin. Der Clubbetreiber ist im ständigen Austausch mit dem Lokalen Gesundheitsamt, das demnach offenbar selbst nicht genau weiß, wie mit der neuerlichen Verordnung umgegangen werden soll. „Machen wir jetzt Kulturveranstaltungen? Dann wäre Maskenpflicht. Haben wir Clubbetrieb, dann gilt wiederum keine Maskenpflicht. Was ist eigentlich eine kulturelle Veranstaltung?“ fragt der Erfurter und fügt an: „Wir brauchen für die Planung Vorlauf. Bis jetzt war es aber immer so, dass die Kommune noch etwas anderes entschieden hat. Planungssicherheit ist also trotz Thüringer Verordnung für uns nicht wirklich gegeben.“ Hubert Langrock möchte – trotz aller Ungewissheiten – bereits Veranstaltungen auf den Weg bringen. Geplant werde ab dem 20. März in der Hoffnung, dass dann wieder mehr möglich sei – auch ohne Kapazitätsbeschränkung. Gestartet wird am Sonntag um 0 Uhr mit einer Elektroparty, eine Labelnacht mit den DJs des Kulturzentrums und Clubs „Station Endlos“ aus Halle.
Auch beim Studentenclub Engelsburg in Erfurt verlässt man sich auf die Aussagen des Gesundheitsministeriums. „Ab Freitag haben wir geöffnet und stehen bereit. Wir öffnen zunächst mit einer Auslastung von 60 Prozent. Natürlich unter Beachtung der 2G-Plus-Regel und mit offiziellem Testergebnis“, sagt Andreas Busch von der E-Burg, wie der Club liebevoll genannt wird. „Die Leute haben Bock. Theoretisch ist das erste Wochenende bereits ausverkauft.“ An den Start geht die Engelsburg am Freitag den 4. März mit einer Reboot-Party, ab 22 Uhr. „Wir sind zurück! Nach 18 Monaten Zwangspause, vier Wochen Öffnung und erneuter 15 wöchiger Schließung freuen wir uns darauf, euch endlich wieder: tanzen, schwitzen, singen und knutschen zu sehen“, heißt es da.
Mit gültigen Impfdokument sowie Test am Eingang
Auf zwei Floors werden aktuelle Hits, Indie, Hip Hop, Pop und Disco gespielt. Bis zum 19. März plant Andreas Busch mit weiteren sieben Veranstaltungen – All you can dance am 5., 12. und 19. März, Astra Montag am 6. und 14. März, Mädchendisco am 11. März und 90s-Baby am 18. März. Bunt und vielfältig soll es in der E-Burg weiter gehen. Bis Mitte April feuert Andreas eine Motto-Party nach der anderen raus. Auf die ersten Konzerte kann man sich dann im April wieder freuen. Dabei gibt der Booker aufgrund der derzeit hohen Nachfrage aber immer zu bedenken, dass man mit gültigen Impfdokument sowie Test am Eingang stehen soll … am besten zudem mit einem Ticket, dass ihr euch auf der Homepage des Clubs (www.engelsburg.club) sichern könnt.
Können natürlich nicht mit Volllast starten
Aus dem Jenaer Kassablanca kommen eher weniger erfreuliche Nachrichten. Chef Thomas Sperling sieht unter den eingeschränkten Bedingungen bis 20. März wenig Hoffnung für Party. „Zum Beispiel können wir das Konzert von Dub FX am 10. März nur bei eine Kapazität von 90 Prozent veranstalten. Das heißt im Umkehrschluss auf die Verordnung, dass wir das nicht veranstalten können. Bei hochpreisigen Konzerten, bei denen das Ticket 15 Euro und mehr kostet, könnte man vielleicht öffnen, weil man das Personal dann bezahlen kann. Ob das dann sinnhaft ist, sei dahingestellt.“ Clubabende seien unter der Maßgabe von Kapazitätsbeschränkungen im Kassablanca nicht möglich. Auch mit den Veranstaltungen bis 20. März sieht es schwierig aus. Die Konzerte von Catt, den Mighty Oaks und Pöbel MC werden höchstwahrscheinlich verschoben. Aber generell wird danach wieder versucht, in den Veranstaltungsbetrieb überzugehen. „Wir können natürlich nicht mit Volllast starten, weil wir zunächst Personal rekrutieren müssen. Bei uns ist das nicht so, dass die Mitarbeiter in Kurzarbeit sind, wir legen den Schalter um und alle müssen dann wieder loslemmingen. Deshalb werden wir das Programm langsam hochfahren und hoffen, dass wir nach dem Sommer im Normalzustand ankommen.“
Optimistischer sieht es in Gera aus. Laut Tobias Meißner vom Seven Club in Gera geht es dort am Samstag (5. März) mit der „Mirage House Revival“-Party wieder los, bei der es Classic-House auf die Ohren gibt. „Am 19. März starten wir dann im Trashclub. Dort lassen wir uns noch etwas Zeit, weil wie erstmal schauen wollen, wie sich das mit der Verordnung weiterentwickelt.“ Tobias Meißner habe vorab extra mit den städtischen Testzentren gesprochen, um alles für den Clubbetrieb abzusichern. Es würden demnach sogar die Öffnungszeiten der Teststationen angepasst. Laut Social Media können sich die Geraer weiter auf eine 80er-, 90er-Party am 12. März im Seven Club und mehrere Elektropartys im Trashclub freuen. Von einer Veranstaltung noch weiter entfernt als in Gera sieht man sich im Central in Erfurt.
Jeder fragt. Keiner weiß etwas
Clubchef Andreas Bretschneider zeigt sich in Bezug auf das Verordnungshickhack eher verärgert: „Diese gesamte Kommunikation der Gesundheitsämter ist eine Zumutung. Ich verstehe, dass man Rücksicht auf Corona nehmen muss, aber da sollen sie klare Ansagen machen. Jeder fragt. Keiner weiß etwas“, sagt Andreas Brettschneider und fügt an: „Veranstaltungen müssen sich rechnen. Die Kosten sind mit oder ohne Kapazitätsgrenze die gleichen. Man braucht Security und Barpersonal, auch der Stromverbrauch ist der gleiche. Das einzige was proportional steigt und sinkt, ist der Wasserverbrauch. Alle anderen Kosten stehen. Macht das dann Sinn zu öffnen, ist da die Frage?“
Wann kann das Leben wieder weiter gehen?
Der Central-Chef erwartet eine klar kommunizierte Verordnung: „Die muss jetzt kommen für die Planung in drei Wochen, damit man weiß, woran man ist, wie man planen und wann das Leben endlich wieder weiter gehen kann. Wir überlegen, ob wir vielleicht etwas am 19. März starten, sind da aber noch unsicher“, so Bretschneider, der sich bei Plänen zu etwaige Clubnächten zurückhält, jedoch hofft, dass die Konzerte ab 31. März mit den Bands Bukhara und am 2. April mit Querbeat wieder stattfinden können.
Ob es allerdings so kommt, wie von den Clubbetreibern gewünscht, kann derzeit auch im Thüringer Gesundheitsministerium nicht gesagt werden. „Zu den Schutzmaßnahmen ab dem 20. März ist aktuell noch keine Aussage möglich. Dazu ist eine Anpassung des Infektionsschutzgesetzes notwendig. Und dafür ist der Bundesgesetzgeber, also der Bundestag, zuständig. Welche Basisregelungen denkbar sind, findet sich im Beschluss vom 16. Februar.“ In diesem heißt es: „Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder stimmen darin überein, dass es auch über den 19. März 2022 hinaus niedrigschwellige Basisschutzmaßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens und zum Schutz vulnerabler Gruppen bedarf.“ Aus Sicht der Länder zählen hierzu insbesondere Maskenpflichten in den geschlossenen Räumen von Publikumseinrichtungen sowie in Bussen und Bahnen. Zudem werden das Abstandsgebot, allgemeine Hygienevorgaben und Testpflicht sowie Impfnachweispflicht in gewissen Bereichen bleiben. “Detailliertere Informationen zu den Planungen liegen aber noch nicht vor“, so Silke Fließ vom Thüringer Gesundheitsministerium.
Hart Facts:
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