Liebhaber zeitgenössischer Kunst dürfen sich trotz Lockdown diese Woche auf eine ganz besondere Ausstellung freuen: Die „YEA #12“, die ab dem 14. Dezember im Kunsthaus in Erfurt startet. Die „Young Erfurt Artist“-Ausstellungsreihe wurde 2010 gestartet und hat seitdem jährlich stattgefunden. In der Ausstellung werden Künstlerinnen und Künstler der Stadt Erfurt gefördert, indem sie eine Bühne bekommen. In der Regel sind um die zehn Künstler und Künstlerinnen beteiligt, die jedes Jahr wechseln. Bis zum 30. Dezember kann man sich die Werke der jungen Erfurter anschauen. Wir haben vorab mit Minetta gesprochen, die zuerst als Künstlerin an der YEA teilgenommen hat und nun Kuratorin der Ausstellung ist.
Du bist vorher Künstlerin bei der YEA gewesen und jetzt bist du Kuratorin der Ausstellung. Ist es seltsam, auf der anderen Seite zu stehen?
Ganz im Gegenteil. Für mich ist das wahnsinnig schön. Ich kann mich in die Künstler:innen hineinversetzen. Ist noch gar nicht lange her, dass ich teilgenommen habe und jetzt sozusagen den Staffelstab weiterzugeben fühlt sich gut an.
Ist die YEA ein Herzensprojekt für dich?
Ja, absolut. Ich arbeite jetzt seit circa drei Jahren für das Kunsthaus Erfurt und es ist toll, dass die Leiterin, Monique Förster, die YEA in meine Hände gelegt hat. Das bedeutet mir sehr viel. Jede Künstlerin und jeder Künstler braucht Förderer. Monique Förster hat mich gefördert und ich bin noch lange nicht am Ziel. Jetzt andere in ihrem Werdegang unterstützen zu können, ist für mich wichtig.
Abgesehen davon, die Kunst einer breiteren Masse zugänglich zu machen, wie sieht die Unterstützung des Kunsthauses Erfurt für die Künstler denn aus? Wie viel Arbeit ist das?
Es ist tatsächlich mehr Arbeit als man denkt. Nur mit „ein paar Bilder an die Wand hängen“ ist es nicht getan. Da steckt ein enormer organisatorischer Aufwand dahinter. Wir versuchen natürlich die Arbeiten der Künstler:innen bestmöglich zu präsentieren. Da kommt es vor, dass wir beispielsweise bei Fotografie – wo es das Medium hergibt – sagen: „Hey wir würden dein Werk gern in einem größeren Format zeigen.“ Dann geben wir die Drucke in Auftrag und besorgen passende Rahmen für die bestmögliche Präsentation. Von einer Künstlerin, Calla Tilda, wird es zum Beispiel einen großen Wandplott (Anm. d. Red.: großformatiger Wanddruck) geben. Wir wissen, dass das Geld bei den jungen Künstlern nicht so locker sitzt, da stellen wir viel Material.
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Sind die Künstler:innen hauptberuflich Künstler oder auch Leute, die das nebenberuflich machen und hoffen, dass irgendwann in Vollzeit machen zu können?
Bei diesem Format ist es bunt gemischt. Wir hatten schon Leute, die hauptberuflich etwas ganz anderes gemacht haben. Oftmals sind Studierende dabei, die gerade mit dem Kunst-Studium begonnen haben und sich noch als Künstler:in finden. Viele haben jedoch Ambitionen später davon leben zu können.
Also kann das „Young“ in YEA auch wortwörtlich genommen werden? Gibt es eine Altersgrenze?
Wir sagen in der Regel bis 35, aber nehmen das nicht so streng. Nicht jeder beginnt direkt mit Kunst. Viele entscheiden sich erst später dazu, diesen Weg einzuschlagen, aber es geht uns schon darum, vor allem junge Talente zu präsentieren.
Und welche Kunst ist bei der YEA willkommen? Worauf wird bei der Auswahl der Künstler und Künstlerinnen geachtet?
Das ist schwer zu beschreiben. Die Qualität der Arbeit muss einfach überzeugen, das ist wahrscheinlich das Auswahlkriterium schlechthin. Wer das Kunsthaus kennt, weiß, dass wir zeitgenössische junge Kunst zeigen. Was gerade en vogue in der Kunstwelt ist. Das haben wir im Fokus. Bei YEA geht es vorrangig darum, Potenzial zu erkennen, zu zeigen und somit zu fördern. Da ist die Bandbreite ganz unterschiedlich an künstlerischen Medien – wir haben klassische Malerei dabei, aber auch Fotografie, Zeichnung, Collage, ein Kurzfilm ist dabei, Skulptur, …
Versucht ihr auch direkt auf die Bandbreite zu achten, dass möglichst viel Variation dabei ist?
Es ist natürlich schön, wenn eine große Bandbreite an künstlerischen Medien vertreten ist. Das ist auch wichtig für das Konzept der Ausstellung. Man muss bei einer großen Gruppenausstellung immer schauen, dass die Arbeiten gut miteinander interagieren; dass eine Arbeit nicht überpräsent ist und andere verdrängt. Die meisten Ausstellungen sind eher themenbezogen, was sich visuell etwas leichter kuratieren lässt. Bei der YEA ist das nicht der Fall und hier liegt auch die Schwierigkeit. Durch die vier Ebenen der Galerie lassen sich die Arbeiten allerdings gut verteilen und miteinander arrangieren.
Kannst du etwas zu den Künstler:innen sagen, die dieses Jahr dabei sind?
Es gibt dieses Jahr einen schönen Mix aus klassischen und zeitgenössischen künstlerischen Techniken. Zum einen werden Collagen von Mario Osterland zu sehen sein, die er klassisch per Hand geschaffen hat, und zum anderen die Künstlerin Julia Sophia Neundorf, die digitale Collagen anfertigte. Es ist interessant, die Werke der beiden nebeneinander wahrzunehmen. Im Bereich Fotografie ist es ähnlich, da werden digitale als auch analoge Aufnahmen zu sehen sein. Valentin Junghanß ist ein junger Maler, der hier in Erfurt studiert. Er kreiert Malereien zum Thema AD(H)S. Er selbst bekam die Diagnose, als er jünger war. Für ihn war es in der Schulzeit schwer, sich konstant konzentrieren zu können. In der Malerei kann er sich jedoch vertiefen und das merkt man seinen Arbeiten auch an. Eine weitere Premiere: die Künstlerin Linienliebe ist bei der YEA #12 zu sehen. Sie hat erstmals großformatig in Form eines Triptychons gearbeitet. Dabei treffen filigrane Linien auf Blattgold und Pink. Als überzeugte Feministin beschäftigt sie sich vielschichtig mit dem Thema des Frau-Seins, sowohl im Positiven als auch im Negativen. Die Schönheit der Frau, aber auch das Sich-Verbiegen bis hin zum Femizid werden im gezeigten Werk thematisiert. Eine sehr spannende Arbeit also.
Die Künstler:innen scheinen demzufolge viel von ihrer Persönlichkeit freizugeben. Sie öffnen sich mit ihren Werken.
Absolut. Gerade bei den Arbeiten von Valentin und Linienliebe ist das sehr deutlich, dass da viel der eigenen Persönlichkeit und Überzeugung drin ist. Aber das ist kein Muss in der Kunst. Jeder entscheidet selbst, wie viel er oder sie von sich in die Werke hineingeben möchte.
Wenn man sich in ein Kunstwerk verliebt, gibt es dann auch einen Weg, um es zu erwerben?
Ja. In Galerien können die Kunstwerke in der Regel gekauft werden. Es wird ein Handout zur Ausstellung geben, auf dem Informationen zu den Künstler:innen und ihren Werken zu finden sind. Der Verkauf der Kunstwerke ist auf jeden Fall erwünscht – das kommt den Künstler:innen schließlich zugute.
Ab wann kann man das Ganze sehen?
Ab dem 14.Dezember kann man sich die Ausstellung anschauen. Eine Vernissage wird es dieses Jahr leider nicht geben aufgrund der derzeitigen Corona-Situation.
Hart Facts:
- Wann? Ab 14. Dezember
- Wo? Kunsthaus Erfurt, Michaelisstraße 34
- Hier geht’s zur Website.
- Folgende Künstler werden vertreten sein: Jakob Bork, Valentin Junghanß, Linienliebe, Melissa Linke, Julia Sophia Neundorf, Mario Osterland, Felicitas Packeiser, Klarissa Pommerening, Calla Tilda, Zerdeşt Xan
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