Kunst, Kultur und Handwerk sind nicht immun gegen Corona. In Thüringen trifft die Krise unzählige Freischaffende, Selbständige und Einzelkämpfer, die mit viel Herzblut und Schweiß ihr Business aufgebaut haben oder ihren Weg gegangen sind. Der Shutdown nimmt ihnen nun die Lebensgrundlage. Wir wollen diesen Menschen eine Stimme geben, sie sichtbar machen und zeigen, dass Kultur kein Luxus ist.
Kultur Shutdown: Madame Pflegers Seifenlädchen in Erfurt
In unserer Interviewreihe „Kultur Shutdown“ sprechen wir diesmal mit der Inhaberin von Madame Pfleger’s Seifenlädchen, Carolin Pfleger. Ganz unter dem Motto: Die Seele baden lassen, bietet das Seifenlädchen neben Bad- und Küchentextilien aus Naturstoffen und Accessoires für alles rund um‘s Baden, handgemachte, naturbelassene Seifen und Badezusätze in der Erfurter Innenstadt an.
Wie ist jetzt bei dir die aktuelle Lage?
Wir haben seit dem 19. März geschlossen und verkaufen unsere selbstgemachten Seifen nun über unseren Online-Shop, in dem wir 15 Produkte anbieten. >> Online-Shop <<
Wie stark wird dieser genutzt?
Zurzeit stärker als vorher.
Hast du Angst vor dem Virus? Wirtschaftlich und gesundheitlich gesehen?
Wirtschaftlich, ja, weil man nicht genau weiß, wie lange man den Laden noch zu lassen muss. Natürlich bestellen die Leute ihre Seifen online, aber das ersetzt nicht den Umsatz, den es vorher gab. Das ist die erste Euphorie, dass man die kleinen Händler der Stadt unterstützen möchte, aber das wird auch irgendwann abflachen. Gesundheitlich habe ich weniger Angst.
Gibt es eine einen Notfallplan, um weiterhin Geld einzunehmen? Hast du Aktionen geplant?
Wir bewegen uns viel auf Instagram. Es gibt dort Profile, die kleine Händler sammeln und vorstellen. Da bekommt man eine kleine Übersicht, welche Läden es in der Stadt überhaupt gibt. Zudem versuchen wir Gewinnspiele zu machen, auch mit anderen Läden zusammen.
Musst du weiterhin die volle Miete für dein deinen Laden zahlen oder gibt es einen Erlass?
Ich habe das Glück, dass ich eine sehr sehr nette Vermieterin habe. Bis jetzt ist es so, dass ich die Miete bezahle, weil ich es noch kann. Wenn der Laden länger zu bleiben sollte, dann würde sie aber auch anbieten, dass man die Miete erst einmal pausiert. Da habe ich wirklich Glück.
Welche Posten laufen trotz geschlossenem Laden weiter?
Miete, Versicherung, Telefonanschluss, Steuerberater, Finanzamt und offene Rechnungen müssen auch beglichen werden. Personalkosten – da hab ich jetzt Kurzarbeit angemeldet. Das Geld muss ich aber offenbar in Vorkasse zahlen, was eher schwierig ist. Strom, Wasser, Heizung muss ich auch noch zahlen. Natürlich gibt es jetzt mehr Portokosten für die Pakete. Und Materialkosten gibt es da ja auch noch zusätzlich.
https://www.instagram.com/p/B7GJRPqotgL/
Bekommst du von außen Hilfe?
Es gibt Organisationen, die Läden sammeln und direkt auf die Online-Shops verweisen. Ansonsten gibt es die Soforthilfe der Stadt, auf die ich momentan hoffe. Wir Selbstständige sind doch sehr kreativ und finden uns zusammen, um verschiedene Aktionen zu organisieren, die die Menschen anregen die Wirtschaft aufrecht zu erhalten.
Wie soll es nach der Krise für dich und dein Geschäft weitergehen?
Ich hoffe, so wie vorher, damit man die Leute auch besser beraten kann.
Hast du Tipps, um das Beste aus der Lage zu machen?
Kreativ bleiben und immer nach neuen Ideen suchen, wie man seine Kunden trotzdem beglücken kann. Das geht momentan am besten über die Sozialen Netzwerke. Ansonsten sich selber nicht zu sehr stressen lassen und diese Krise als Chance sehen. Das Leben wird gerade etwas entschleunigt und das ist, glaube ich, sehr gesund für uns Menschen.
Also denkst du, dass das alles etwas Positives bringen kann?
Auf jeden Fall. Man steht momentan nicht so unter Druck und kann sich auch mal Zeit für sich nehmen, um neue Ideen zu entwickeln oder Dinge zu erledigen, die man im laufenden Betrieb nicht schafft.
https://www.facebook.com/madamepflegers/videos/937756313043307/
Gibt es noch etwas, dass du sagen willst? Liegt dir noch etwas auf dem Herzen?
Ich finde es schön, dass man durch die Krise näher zusammenfindet, weil wir alle im selben Boot sitzen und uns das verbindet. Man trifft Menschen über Videochats und Social-Media-Plattformen, die man vorher eventuell nicht getroffen hätte. Das finde ich sehr interessant und gut.
Was wünschst du dir?
Das von der Politik versprochene soll gehalten werden! Ich würde mir wünschen, dass alle kleinen Händler, die mit viel Mühe ihr Leben und Geschäft bestreiten, unbürokratisch Hilfe bekommen, dass auch im Nachhinein die Wertschätzung untereinander, zwischen den Künstlern und Händlern bleibt. Nach der Krise sollte der Zusammenhalt weiter bestehen! Außerdem wünsche ich mir, dass die Stadt und die Erfurter Bürger uns auch im Nachgang noch so sieht wie jetzt und die lokalen Einzelhändler weiterhin supportet.
Ihr seid Kulturakteur oder kreativer Einzelhändler in Thüringen und wollt mit uns über euer Leben in der Krise sprechen? Schreibt uns mit dem Betreff „Kultur Shutdown“ an: f.dobenecker@mediengruppe-thueringen.de