Verena Issel ist eine in Deutschland lebende und arbeitende norwegische Objekt- und Installationskünstlerin. Ab dem 1. November wird sie ihre Kunst das erste Mal in Erfurt zeigen. Dabei wird sie die Besucher ihrer Ausstellung mit auf eine Reise nehmen. Sie werden Teil der Installation. Genauso wie das gesamte Kunsthaus. Wir haben vorab mit Verena gesprochen.
Es ist schwer, deine Installationen in ein Wort-Korsett zu zwängen. Wie würdest du selbst denn deine Kunst beschreiben?
Ich würde sagen, ich mache Rauminstallationen, die aus verschiedenen Objekten und Bildern zusammengesetzt sind. Es geht darum, zu schauen, inwiefern Bilder oder Skulpturen vereinzelt wahrgenommen werden, oder wie man sie in einem größeren Zusammenhang sieht. Oft ist es so, dass meine Bilder oder Skulpturen Brücken sind, wie in einer Familie vielleicht, zum Beispiel zwischen streitenden Geschwistern, Freunden, Feinden, die miteinander interagieren. Deshalb finde ich es interessant, diese einzelnen Bildergruppen zu einem großen Bild zusammenzubringen, sodass man auch sagen kann, dass es nicht nur das fertige Bild gibt, sondern auch das noch werdende Bild, das im Gespräch zwischen den einzelnen Teilen entsteht.
Also spielst du mit dem Rezipienten beziehungsweise dem, der das Bild dann sieht?
Absolut. Es geht mir darum, wie sich der Zuschauer in dem Raum verortet. Die Rauminstallation ist ein sehr freies Medium. Man kann darin herumgehen oder man kann sich als Teil davon fühlen, man kann sich als losgelöster Betrachter davon fühlen, man kann eine weitere Perspektive einnehmen oder eine Mikroperspektive. Durch die Bewegung des Besuchers wird es auch immer eine andere Arbeit. Das ist wichtig, um zu sehen, inwiefern sich der Mensch bewegt. Die Rauminstallation bezieht den Ort, wo sie ist, auch mit ein, so zum Beispiel jetzt das Kunsthaus Erfurt, das ja schon ein ziemlich spezielles Gebäude mit verschiedenen Anmutungen ist. Auf all diese Dinge möchte ich mit meiner Kunst eingehen, damit diese sich auch verortet, wo sie gerade ist und einen Dialog mit dem Betrachter und dem Ort eingeht.
Die Ausstellung heißt ,,Soundsoviele Thesen“. Wie muss man die Überschrift verstehen?
Die Überschrift gibt einen kleinen Hint auf Martin Luther. Dieser schrieb ja seine 95 Thesen auf. Un das hat er bereits mental in Erfurt begonnen, wo er studierte. Es gibt die Behauptung, dass das Kunsthaus Erfurt mal unten im Keller eine Kneipe hatte, wo er vermutlich als Student häufiger war. Das finde ich ganz witzig. Auch ein Bild ist ja eigentlich eine Art These und ich werde in Erfurt viele Bilder ausstellen – so bildlastig, wie ich es noch nicht gemacht habe. Da sind ,,Soundsoviele Thesen“ eigentlich ein schöner Aufhänger.
Ich sehe, dass du dich vorher auch schon mit Thüringen und Erfurt befasst hast. Ist das etwas, dass du schon gewusst hattest oder recherchierst du vor einer Ausstellung über den Ort?
Ich gehe da richtig in die Recherche. Ich schaue, wo ich da gerade bin und was dort so los ist. Ein Aspekt, den ich auch noch aufgreifen möchte, ist ziemlich lustig: Es gibt ja die weltweit bekannte Raufasertapete namens Erfurt – das war das erste, was mir zu Erfurt einfiel. Es wurde mir erzählt, dass es angeblich zu DDR-Zeiten nicht immer die Raufasertapete gab, obwohl die Leute diese ziemlich schick fanden. Deshalb hatte man diese Tapete später auch gefaked, indem man Sägespäne mit Farbe vermengt hatte. Das finde ich ganz schön und versuche dies auch selber für ein Wandbild zu nutzen.
Die Bilder in deinen Ausstellungen sind ja nicht so richtig greifbar. Man fragt sich dann schon, aus welchen Elementen dies alles besteht. Mit welchen Materialien arbeitest du am liebsten und warum?
Also ich arbeite mit allen Dingen – am liebsten mit denen, die Malerei möglich machen, ohne zu malen. Ich würde sagen, ich bin eine Malerin, aber ich arbeite nicht mit Öl- oder Acrylfarbe, sondern ich male mit allen möglichen Dingen. Ich male mit allem – von Schaumstoff bis Styropor über Pappe. Oft ist auch meine Leinwand einfach der Raum. Es kann auch durchaus sein, dass ich Fundstücke für die räumlichen Malereien benutze.
Deine Kunstwerke entstehen meistens ganz aktiv. Wie beginnst du denn da? Hast du bereits deine Sachen und ein Konzept dabei oder lässt du dich vor Ort inspirieren?
Ich habe meine Sachen oft schon dabei, also die Thesen, sprich: die ganzen Bilder, habe ich schon mit. Dann reagiere ich aber auch ganz stark auf den Raum. Beispielsweise der Kellerraum im Kunsthaus, der bestimmte Kacheln hat. Da überlege ich jetzt, ob ich die Kacheln im Zuge einer Wandmalerei wieder aufgreife und lebendig werden lasse. Ich finde es besonders schön, mit den Dingen, die gerade da sind, eine Art Brücke zu schlagen.
Wie kamst du eigentlich auf Erfurt?
Ich wurde von Monique, der Leiterin des Kunsthauses, angesprochen und da hatte ich mich wahnsinnig gefreut. Das ist ein tolles Ausstellungshaus und da habe ich natürlich freudig zugesagt.
Hard Facts:
- Wann? 1. November bis 13. Dezember
- Wo? Kunsthaus, Erfurt
- Öffnungszeiten? Dienstag bis Freitag, 10 bis 18 Uhr
- Mehr Infos gibt’s beim Kunsthaus oder direkt bei Verena. Zur Veranstaltung.
Das interessiert dich bestimmt auch:
-
Café-Tipps für Erfurt: 16 Insider-Empfehlung vom t.akt-Magazin
-
Kreativtankstelle in Erfurt: Ein junges Café mit großen Ambitionen
-
Frühstück in Erfurt: 12 Insider-Tipps vom t.akt-Magazin