Ständige Kulturvertretung macht Erfurt lebenswerter
Was macht eine Stadt lebenswert? Auf diese Frage gibt es einige Antworten. Zunächst einmal gute Infrastruktur, einen Bäcker um die Ecke und einen Döner-Mann, der bis 24 Uhr den Spieß rotieren lässt. Kino, Parks, Bars, Fahrradwege… man könnte die Liste ewig weiter führen. Es gibt aber einen Punkt, der besonders wichtig ist: Im Grunde genommen ist eine Stadt lebenswert, in der etwas passiert. In der Leute etwas auf die Beine stellen – sei es, indem sie ein Tagesfestival veranstalten, alternative Kunst-Bars etablieren oder einem alten, ungenutzten Theater neues Leben einhauchen.
Meistens stehen hinter solchen Projekte Menschen, die ehrenamtlich, mit viel Herzblut etwas erschaffen und das dann mit der Öffentlichkeit teilen. Diese Leute bilden die sogenannte freie Szene. Gerade in Erfurt, gibt es viel solche idealistischen Menschen. Aber leider haben es diese in unserer verbürokratisierten, profitorientierten Welt nicht einfach. Sie müssen kämpfen – um Raum, Geld und Anerkennung.
Interessenvertretung die Stimmen aller Einzelkämpfer bündelt
Um diesen Menschen beizustehen, sie zu vernetzen und mit ihnen zu kämpfen, wurde die Ständige Kulturvertretung (StKv) in Erfurt gegründet – eine Gruppe aus jungen Menschen, die als Interessenvertretung die Stimmen aller Einzelkämpfer bündelt, um ihnen Gewicht zu geben. Gewicht, das gebraucht wird, um etwas zu bewirken, um wahrgenommen zu werden – sei es bei der Stadtverwaltung, bei Politikern oder einfach in der Bevölkerung.
Seit 2016 gibt es die StKv nun schon. Und wie Mitbegründerin Karina Halbauer zu berichten weiß, eigentlich doch schon viel länger. „Angefangen hat alles 2013 mit der Kulturraum-Initative, dem Vorgänger der StKv“, erinnert sich die 32-Jährige. „Damals gab es Probleme mit den Wächterhäusern. Zahlreiche Kreative und Künstler mussten um ihre Ateliers bangen, weil die Stadt Erfurt die Kulturräume nicht mehr bereitstellen wollte.“
„Wir wollten alle Kreativen inkludieren“
Projekte drohten wegzubrechen, die direkt oder indirekt die Stadt lebenswerter machten. Damit die vorhandenen Räume erhalten bleiben, sollte die Kulturraum-Initative die Interessen der Akteure bündeln. „Wir merkten jedoch schnell, dass nicht nur Kulturraum vertreten werden will. Es gibt auch Menschen, die keine Räume haben und trotzdem Kultur schaffen“, erklärt Karina. „Wir wollten alle Kreativen inkludieren, so entstand aus der Kulturraum-Initative die StKv.“
Mit den verschiedensten Formaten will die StKv alle Kulturschaffenden in Erfurt an einen Tisch bringen. So entstanden Veranstaltungen wie „Kultur flaniert“, ein quasi Tag der offenen Kulturräume, an dem Kreative zeigen, was sie tun. „Wir wollen die Bevölkerung mit rein holen. Nach dem Motto: guckt doch mal, was es in eurer Stadt alles tolles gibt“, sagt Karina und fügt an: „Wir sind aber auch in der Politik besonders aktiv. Mit dem Projekt ‚Wir machen Stadt‘ wollen wir öffentlich das Erfurter Kulturkonzept diskutieren.“
Anerkennung und Raum für die freie Szene
Besonders hebt die 32-Jährige den Kulturstammtisch hervor, bei dem alle Akteure und die, die es werden wollen sowie interessierte Bürger eingeladen sind, zusammenzukommen und sich auszutauschen. Mit dem Projekt „Trialog“ hat es die StKv sogar geschafft ein Format zu etablieren, bei dem Stadtverwaltung, Vertreter der freien Szene und die Politik aufeinandertreffen, um über Probleme von Kulturschaffenden zu reden.
Es gibt noch viele weitere Projekte, die der StKv organisiert und plant. Hinter all diesen Aktionen steht immer ein Gedanke: Es sollen Austausch, Anerkennung und Raum für die freie Szene geschaffen werden, nicht zuletzt, weil es Kultur ist, was eine Stadt außergewöhnlich und eben lebenswert macht.