Was mich als Medienpädagoge stört? Auf diese Frage kann Kay eine ganz klare Antwort geben. Medienpädagogische Bildungsarbeit wird häufig noch als externes Rahmenprogramm wahrgenommen, was durchaus den Schulalltag bereichern kann, wenn es mal passt oder akut wird. Dabei verfechten wir in diesem Land doch nicht nur ein lebensweltnahes Lernen, sondern auch ein lebenslanges. Warum nimmt das Bildungsangebot mit dem Eintritt in das Berufsleben rapide ab? Menschen die ihre Bildung lange vor der goldenen Ära des Internets genossen haben, müssen niedrigschwellige Angebote der Medienbildung wahrnehmen können. So hätte verhindert werden können, dass Plattformen wie Facebook und Twitter, sich zu digitalen Orten entwickeln, die an die düstersten Szenen in Mary Shellys Roman „Frankenstein“ erinnern, in welchen die Bevölkerung wutentbrannt mit Fackeln durchs Dorf zieht. Und ja, „Frankenstein“ wurde von einer Frau geschrieben.
Medienpädagoge Kay aus Erfurt gibt Einblicke
Die Vermittlung von Medienkompetenz ist ein wichtiger Bestandteil aktueller Lebensweltbewältigung. Ob die Medien dabei der Kommunikation, der Information oder der illustren Unterhaltung dienen, ist jeder und jedem in der eigenen Nutzung selbst überlassen. Wichtig ist, dass wir Menschen dazu befähigen diese Medien aktiv, selbstbestimmt und sozial-verantwortlich zu nutzen. Dabei sind Beleidigungen, das bewusste Verbreiten von Falschinformationen und jegliche Form der Menschenverachtung kein Ausdruck sozial-verantwortlichen Handelns. Es ist absolut absurd, dass wir unseren Kindern sagen, dass sie mit Beleidigungen und Schubsen nicht viel erreichen, um uns anschließend im Netz über Politikerinnen und Klimaaktivisten den Hass von der Seele zu schreiben.
Sollten unsere Denkmuster verändern
Nach Aussage der aktuellen JIM Studie waren im Jahr 2021 Jugendliche im Schnitt 241 Minuten am Tag online. Wieviel Anteil hat die schulische Bildung an diesen knapp 4 Stunden am Tag? Für junge Menschen gehört das Smartphone genauso zu ihrer Lebensrealität, wie für mich damals MTV und furchtbare Gelfrisuren. Wir sollten unsere Denkmuster verändern, und aufhören unsere eigene Bildungs- und Arbeitsbiographie immer und immer wieder zu reproduzieren. Die wenigsten KFZ Mechaniker werden wirtschaftlich bestehen, wenn sie sich nicht an die Entwicklungen in der Automobilindustrie anpassen. Währenddessen wird in den Lehrerzimmern noch fröhlich der Diercke Weltatlas von 1987 entstaubt. Und bitte sprecht nicht mehr von den „Neuen Medien“. Diese sind mittlerweile volljährig, dürfen Auto fahren, Alkohol trinken und das sogar gleichzeitig und ohne Konsequenzen zu erwarten, wenn ich an Amazon, Google oder Meta denke.
Lust haben und kritische Mediennutzung anbahnen
Um am Ende dieses ersten medienpädagogischen Aufschlages nicht komplett als Meckerfritze vom Platz zu dackeln, sei gesagt, dass es an dieser Stelle einmal monatlich einen kleinen medienpädagogischen Exkurs von mir geben wird. Dabei verwische ich, wie in einem Kommentar üblich, medienpädagogische Sachverhalte mit absolut subjektiven Eindrücken aus meinem Beruf. Ziel ist es neue Gedanken bei denjenigen anzuregen, die Lust darauf haben und eine reflektierte und kritische Mediennutzung anzubahnen, welche Spaß macht und die Lebensbewältigung sinnvoll unterschützt. Ich bin gespannt.
Autor und Medienpädagoge Kay Albrecht ist Profi auf seinem Gebiet. Als freiberuflicher Pädagoge schult der Erfurter die unterschiedlichsten Zielgruppen medienpädagogisch – und jetzt seid auch ihr dran. Regelmäßig klärt Kay in seiner Kolumne über Medienphänomene auf, um kritische Zugänge zu den alltäglichen Herausforderungen der medial geprägten Lebenswelt zu legen.